Urheber- und Nutzungs­rechte - 19. August 2019

Checken, was geht

Bei der Verwendung ur­heber­recht­lich geschützter Werke ist genau darauf zu achten, was das ein­ge­räumte Nut­zungs­recht erlaubt. Andern­falls drohen Scha­dens­ersatz- be­zie­hungs­weise Unter­las­sungs­an­sprüche.

Gelegentlich helfen Vergleiche, um komplexe Sachverhalte besser zu verstehen. Im Recht besteht dabei jedoch die Gefahr, unterschiedliche Regelungen für verschiedene Rechtsgebiete zu vermischen und daraus die falschen Schlüsse zu ziehen. Die Ergebnisse solcher Vergleiche sind dann wenig hilfreich. Das trifft beispielsweise zu, wenn man das Recht des Urhebers an seinem Werk mit dem Eigentumsrecht an Gegenständen vergleicht.

Das Sachenrecht

Das Recht an Sachen ist offensichtlich übersichtlich: Ein Gegenstand kann einem gehören, oder er gehört einem anderen. Meist kann der Eigentümer mit dem Gegenstand verfahren, wie er will, ihn weiterveräußern, verändern, Dritten zur Nutzung überlassen, also verleihen oder vermieten. Von Ausnahmen abgesehen – ein Feld trägt Früchte, ein Haustier wirft ein Jungtier –, lässt sich das Eigentum an Gegenständen nicht ohne Weiteres vervielfältigen. Allenfalls setzt es sich an Teilen eines vormals Ganzen fort, etwa wenn ein Edelstein geteilt oder Kohle aus einem Tagebau gefördert wird. Oder aber bereits existentes Eigentum besteht nur anteilig fort oder geht gar unter, etwa wenn Einzelteile untrennbar miteinander vermischt werden (Kies wird mit Zement und Sand zu Beton), oder ein unwesentlicher Bestandteil wird untrennbar mit einem als wesentlich angesehenen verbunden: Der Beton wird zum Guss der Bodenplatte für ein Haus verwendet, woran der Grundstückseigentümer alleiniges Eigentum erlangt.

Das Urheberrecht

Völlig anders verhalten sich dagegen immaterielle Rechte wie das Urheberrecht. Auch ein Urheber kann ein Werk aus bereits bestehenden anderen Sachen erschaffen: ein Bildhauer etwa aus einem Stein, ein Maler aus Leinwand und Farben. An den Ausgangsmaterialien bestand – ebenso wie beim Zusammensetzen eines Autos aus Einzelteilen – schon zuvor Eigentum. Dennoch sieht die Rechtsordnung eine eigene Kategorie von Rechten vor, wenn dieses Eigentum als urheberrechtliches Werk neu kombiniert wird. Schließlich lassen sich urheberrechtliche Werke aber auch ganz ohne Verwendung bisher bestehender Sachen aus dem Nichts ganz neu (er-)schaffen. Autoren erschaffen Werke aus Worten, an denen kein Eigentum besteht, Komponisten kombinieren bereits vorhandene Töne miteinander.
Sofern es sich bei dem Geschaffenen um persönliche Schöpfungen handelt, die nicht lediglich auf einer handwerklichen Herstellung beruhen, sondern zusätzlich eine gewisse individuelle Schöpfungshöhe erreichen, werden diese Schöpfungen als urheberrechtliches Werk anerkannt und die Schöpfer selbst als Urheber. Der Schutz solcher Werke hat mit dem sachenrechtlichen Eigentum an Gegenständen nichts mehr zu tun und folgt in Deutschland den Regelungen des Urheberrechtsgesetzes. Auf eine besondere Größe oder einen Mindestumfang kommt es dabei für ein Werk nicht an, auch an beispielsweise kurzen Texten kann Urheberrechtsschutz bestehen: So kann selbst ein nur wenige Worte umfassender einzelner Satz urheberrechtlich geschützt sein, was etwa das Landgericht München noch im Jahr 2011 zu dem Satz „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut“ des bayerischen Volkskünstlers Karl Valentin zugunsten seiner Erben bestätigt hat.

Entscheidungshoheit des Urhebers

Wichtigste Folge des Urheberrechts ist es, dass der Urheber in weiten Teilen selbst festlegen kann, was mit seinem Werk geschieht.

Wichtigste Folge des Urheberrechts ist es, dass der Urheber in weiten Teilen selbst festlegen kann, was mit seinem Werk geschieht. Maßgeblich aus wirtschaftlicher Sicht ist insbesondere die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, ob und wie das geschaffene Werk als Gegenstand verwertet wird, etwa durch Vervielfältigung (die Fertigung von Kopien) und Verbreitung (in Verkehr bringen des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks). Schließlich bestimmt nur der Urheber, ob und wie sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiedergegeben, etwa im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird. Der Urheber kann daher festlegen, ob und wie ein Werk überhaupt ein erstes und wie es jedes weitere Mal veröffentlicht wird. Das Recht an den Vervielfältigungsstücken folgt dann zum Teil, aber nicht vollständig dem Recht an übrigen Sachen: Ist etwa ein Text erst einmal rechtmäßig (mit Zustimmung des Urhebers) in Verkehr gebracht, beispielsweise in einem Buch veröffentlicht, dann ist das Recht des Urhebers an diesem Text in diesem Vervielfältigungsstück erschöpft. Dieses Buch kann zur bestimmungsgemäßen Verwendung genutzt werden (eigenes Lesen, aber auch Weiterverkauf des Buchs), ohne dass der Autor dagegen Einwendungen erheben kann. Dennoch kann der Eigentümer des Buchs – anders als der Eigentümer sonstiger Gegenstände – hiermit nichts machen, was das Urheberrecht beeinträchtigt. Einleuchtend ist das noch beim Vervielfältigungsrecht an dem Text, welches weiterhin dem Urheber zusteht. Kopien des Buchs oder von Teilen sind daher ohne Zustimmung des Urhebers unzulässig, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wie etwa dem privaten Gebrauch. Doch selbst die Verwendung des einzelnen Buchs durch dessen Eigentümer unterliegt noch den Schranken des Urheberrechts, sodass eine Vermietung oder die öffentliche Lesung daraus eigene Verwertungshandlungen sind, die vom Urheber gesondert gestattet und vom Nutzer meist zusätzlich vergütet werden müssen.

Verwertungshandlungen

Damit ermöglicht es das Urheberrecht, dass Schöpfer ihre Werke vielfältig einzeln verwerten können. So ist die Veröffentlichung eines Beitrags in einer gedruckten Tageszeitung eine andere Verwertungshandlung als die elektronische Zugänglichmachung über das Internetportal der Zeitung oder schließlich die Aufnahme in ein elektronisches Archiv. Vergleichbares gilt für Fotografien: Ein ausgedrucktes Passbild vom Fotografen um die Ecke berechtigt jedenfalls ohne Weiteres nicht dazu, Kopien des Bilds zu fertigen oder es elektronisch zu veröffentlichen, beispielsweise auf einer Homepage.

Nutzungsrechte

Das ist wirtschaftlich interessant, weil jede einzelne Verwertungshandlung selbst vom Urheber entgeltlich gestattet beziehungsweise ihre Nutzung ohne Zustimmung untersagt werden kann. So lässt sich ausgefeilt regeln, auf welche Weise (gedruckt, im Internet) in welchen Medien mit welcher Auflage Texte oder Bilder verwendet werden können. Insbesondere bei einer exklusiven Überlassung der Nutzungsrechte, also alle anderen davon ausschließenden, ist eine Befristung sinnvoll, nach deren Ablauf das Nutzungsrecht wieder an den Urheber zurückfällt und anderen neu eingeräumt werden kann. Eine Nutzung ist dann jeweils nur innerhalb der vereinbarten Grenzen zulässig. Werden diese überschritten, so drohen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche des Urhebers oder eines von ihm Berechtigten. Man spricht daher von einer Atomisierung der Nutzungsrechte, einer Zerlegung der Nutzungsmöglichkeiten in immer kleinere Bereiche, die separat voneinander gehandelt werden können.
Nutzungsrechte müssen deshalb für die jeweils beabsichtigte Verwendung erworben werden und können – ohne einen weiter gehenden Nacherwerb – auch nur dafür eingesetzt werden. So kann beispielsweise ein gedruckter Katalog nicht gleichzeitig auf der Unternehmens-Homepage veröffentlicht werden, wenn die Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung aller enthaltenen Werke nicht eingeholt wurden. Vergleichbares gilt jedoch auch für den Urheber selbst: Hat dieser exklusive Nutzungsrechte an seinem Werk eingeräumt, dann ist auch er selbst daran gehindert, das Werk in dieser Weise zu nutzen. Augenscheinlich wird das bei Autoren, die Rechte an ihren Texten meist exklusiv einräumen, sodass ihnen selbst für die jeweilige Nutzungsart und die Dauer der Einräumung eine eigene Nutzung nicht mehr möglich ist.

Zeitliche Begrenzung der Rechte

Schließlich sind Urheberrechte zeitlich begrenzt. Für Karl Valentin endete das Urheberrecht an seinen Texten daher am 31. Dezember 2018. Seine Zitate kann man sich jetzt also unbesorgt trauen zu verwenden.

Fotos: fatido; Justin Lambert; Friedrich / Getty Images

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DATEV-Fachbuch: Social Media Recht, Art.-Nr. 36387

Zum Autor

Alexander von Chrzanowski

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht sowie Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Rödl & Partner am Standort in Jena

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