GEG-Novelle - 19. Oktober 2023

Die Mammutaufgabe stemmen

Das reformierte Gebäudeenergiegesetz ist ein bedeutender Schritt zu mehr Klimaneutralität, bringt aber große Herausforderungen für Eigentümer und Mieter mit sich. Daher lohnt sich ein Überblick zu den kommenden Anforderungen des Gesetzes sowie der steuerlichen Behandlung der Förderpläne.

Deutschland hat sich das Ziel gesetzt bis 2045 klimaneutral zu sein. Da Gebäude etwa für 35 Prozent des Endenergieverbrauchs verantwortlich sind und somit einen großen Hebel zur Erreichung der Klimaziele darstellen, wurden vor allem für den Immobiliensektor diverse Maßnahmen politisch diskutiert. In der Folge trat dann am 1. November 2020 das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft. Mit diesem Gesetz möchte die Bundesregierung einen verbindlichen Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen beschleunigen und die Abhängigkeit von fossilen Energieimporteuren nachhaltig reduzieren. Das GEG trifft zahlreiche Immobilieneigentümer sehr hart, da teilweise hohe Investitionskosten in klimafreundliche Sanierungsmaßnahmen anzufallen drohen. Im Extremfall müssen Immobilien in Zeiten sinkender Immobilienpreise notverkauft werden, da die enormen Kosten für die Eigentümer teilweise nicht zu tragen sind. Das Bekanntwerden der GEG-Novelle, auch Heizungsgesetz genannt, im April 2023 war Ausgangspunkt einer langen gesellschaftlichen und politischen Diskussion, die ihren Höhepunkt mit dem Stopp des Gesetzgebungsverfahrens durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor der Sommerpause fand. Im zweiten Anlauf wurde das Heizungsgesetz am 8. September 2023 vom Bundestag verabschiedet und gibt nun den Immobilieneigentümern sowie dem ohnehin bereits wirtschaftlich angeschlagenen Immobilienmarkt Antworten auf die Fragen, welche Anforderungen die Eigentümer treffen und welche Entlastungspakete es gibt beziehungsweise diese steuerlich zu behandeln sind.

Hintergrund

Mit dem GEG setzt die Bundesregierung die Gebäuderichtline der Europäischen Union (EU) um und überführt diese in nationales Recht. Durch das GEG wurden die geltenden europäischen Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vollständig umgesetzt. Das EU-Parlament hat sich das Ziel gesetzt, dass die EU bis 2050 klimaneutral sein soll – Deutschland möchte dieses Ziel fünf Jahre früher erreichen. Zur Zielerreichung sollen demnach ineffiziente Gebäude bis 2030 saniert werden. Final entschieden sind die Richtlinien der EU noch nicht, da einige Mitgliedsstaaten Widerstand leisten. Demnach bleibt der Ausgang der Entscheidung offen, wobei ein Stopp der Richtlinie unwahrscheinlich ist. Das GEG löst die Energieeinsparverordnung ab und führt sie mit dem bisherigen Energieeinspargesetz und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammen. Dadurch schafft die Legislative eine bundesweit einheitliche Gesetzesgrundlage für die Planung und Umsetzung von Neubauten und Sanierungsmaßnahmen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) untermauert die Gesetzgebung mit drei wesentlichen Zielen: Erstens soll durch das Gesetz ein konkreter Beitrag zur Einsparung fossiler Energie und zum Klimaschutz geleistet werden. Zweitens wird durch die Wärmewende die Resilienz der Wärmeversorgung in Deutschland gestärkt. Und drittens soll schließlich durch das Gesetz ein klarer Investitions- und Modernisierungsanreiz geschaffen werden.

Was wurde beschlossen?

Mit der neuen GEG-Novelle hat der Bundestag beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2024 neu eingebaute Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Viele Immobilieneigentümer können aber aufatmen, denn das Gesetz ist vorerst nur auf Neubaugebiete anzuwenden. Somit besteht keine sofortige Austauschpflicht und auch nach 2024 dürfen Gasheizungen noch eingebaut werden, wenn diese auf Wasserstoff umgerüstet werden können. Im Falle eines Gasheizungskaufs ist jedoch eine verpflichtende Beratung vorgesehen. Auch defekte Gas- oder Ölheizungen dürfen repariert werden und, sollte der Schaden irreparabel (Heizungshavarie) sein, bestehen Übergangsfristen von drei Jahren beziehungsweise bei Gasetagenheizungen von bis zu 13 Jahren. Der letztmögliche Zeitpunkt zum Wechsel ist laut Heizungsgesetz der 31. Dezember 2044, da mit dem Beginn des Jahres 2045 nur noch klimaneutral geheizt werden darf.

Was gilt für Bestandsgebäude?

Die Grundlage für die Anwendung des GEG in Bestandbauten ist eine flächendeckende Wärmeplanung, die bis spätestens 2028 durch die Länder eingeführt werden soll. Das Wärmeplanungsgesetz verpflichtet die Länder in Städten mit über 100.000 Einwohnern bis Mitte 2026 und in den übrigen Kommunen bis 2028 eine Wärmeplanung aufzustellen. Diese soll Eigentümer bei der Entscheidungsfindung unterstützen und aufzeigen, welche klimaneutralen Heizmöglichkeiten für die Immobilie möglich sind. Ab 2028 gilt dann, dass jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird, analog zu der Regelung für die Neubaugebiete. Solange eine Wärmeplanung nicht vorliegt, besteht keine Austauschpflicht für die Eigentümer.

Wer ist betroffen?

Laut dem BMWK wird über 80 Prozent der Wärmenachfrage noch mit fossilen Energieträgern gedeckt. Knapp die Hälfte der 41 Millionen Haushalte in Deutschland heizen mit Erdgas und weitere 25 Prozent mit Heizöl. Demnach betrifft das GEG die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung und hat großen Einfluss auf die Privathaushalte. Die Kosten für den Heizungstausch können vom Vermieter anteilig über Mieterhöhungen umgelegt werden. Um die Mieter zu schützen, soll diese Möglichkeit jedoch auf zehn Prozent begrenzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vermieter eine staatliche Förderung in Anspruch nehmen und die Summe von den umlegbaren Kosten vom Kostenanteil der Mieter abgezogen wird. Sollten sich die Vermieter gegen die staatliche Fördermittel entscheiden, dürfen bis zu acht Prozent der Kosten umgelegt werden. Für Mieter und Vermieter steht jedoch fest, dass die Miete beim Heizungstausch maximal um 50 Cent pro Quadratmeter steigen darf. Fallen weitere Kosten im Rahmen von Modernisierungsarbeiten an, darf die Miete höchstens um drei Euro pro Quadratmeter steigen.

Förderpläne des Staates

Der Investitionsbedarf zur Umstellung auf erneuerbare Energien ist enorm und trifft hunderttausende von Immobilieneigentümer. Diese sollen finanziell nicht überfordert werden, da beispielsweise allein die Investitionskosten in eine moderne Wärmepumpe auf 30.000 bis 50.000 Euro betragen können. Zur Abfederung einer Notverkaufswelle sowie zur Entlastung der Eigentümer bietet die Bundesregierung verschiedene Förderungen zum Umstieg auf erneuerbare Energien an. Die folgenden drei Förderungen sind kumulierbar und insgesamt auf 70 Prozent gedeckelt:

  1. Einheitliche Grundförderung in Höhe von 30 Prozent für alle Wohn- und Nichtwohngebäude, die wie bisher allen privaten Hauseigentümern, Vermietern, Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen sowie Kommunen offensteht.
  2. Einkommensabhängiger Bonus in Höhe von 30 Prozent für selbstnutzende Eigentümer mit einem zu versteuerndem Gesamteinkommen unter 40.000 Euro pro Jahr.
  3. Klimageschwindigkeitsbonus in Höhe von vorerst 20 Prozent für den frühzeitigen Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung. Dieser Bonus beträgt bis einschließlich 2028 20 Prozent und verringert sich anschließend alle zwei Jahre um drei Prozentpunkte. Berechtigt für den Bonus sind alle selbstnutzenden Eigentümer, deren Gasheizung zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens 20 Jahre alt ist oder die eine Öl-, Kohle-, Gasetagen- oder Nachtspeicherheizung besitzen und diese vorzeitig austauschen.
  4. Innovationsbonus in Höhe von fünf Prozent für die Nutzung von Wärmepumpen, die mit natürlichen Kältemitteln oder Erd-, Wasser, oder Abwasserwärme betrieben werden.

Über die staatlichen Förderungen hinaus sind außerdem noch Förderkredite möglich. So wird die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM) – mit einem Zuschuss oder einem zinsgünstigen Kredit durch die KfW unterstützt.

Steuerliche Förderungen und Entlastungen

Darüber hinaus ist eine steuerliche Förderung der energetischen Sanierungsmaßnahmen vorgesehen: Alternativ zu den voranstehenden Zuschüssen können selbstnutzende Eigentümer gemäß § 35c Einkommensteuergesetz (EStG) 20 Prozent der Investitionskosten direkt von der Einkommenssteuer abziehen. Eine Ausweitung der steuerlichen Förderungen wird aktuell im Bundestag diskutiert. Die öffentlichen Förderungen (Grundförderung, Klimabonus, Geschwindigkeitsbonus) gelten als Investitionszuschüsse gemäß Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) R 6.5 Abs. 1 Satz 1 und sind allesamt steuerpflichtig. Für die steuerliche Behandlung gibt es demnach zwei Möglichkeiten. Der Zuschuss kann entweder als Betriebseinnahme angesetzt oder erfolgsneutral behandelt werden, indem dieser die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Wirtschaftsguts mindert. Bei der zweiten Möglichkeit reduziert sich die Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA), sodass jährlich eine niedrigere Abschreibung für das Wirtschaftsgut geltend gemacht werden kann. Als Alternative können Steuerpflichtige die steuerliche Förderung gemäß § 35c EStG in Anspruch nehmen und insgesamt 20 Prozent der Investitionskosten über drei Jahre verteilt direkt von der Einkommenssteuer abziehen, maximal jedoch 40.000 Euro. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude. Bei der Entscheidung zwischen den Fördermöglichkeiten für Sanierungsmaßnahmen ist unbedingt eine Einzelfallbetrachtung anzustellen, da sich der Nutzen der verschiedenen Förderungen sowohl auf die jeweilige Sanierung als auch die Höhe der Aufwendungen bezieht. Hierbei ist zu beachten, dass bei Sanierungsmaßnahmen, die bereits durch öffentliche Förderungen unterstützt werden, die steuerliche Geltendmachung gemäß § 35 a Abs. 3 und § 35 c EStG ausgeschlossen ist. Es können also lediglich entweder die öffentlichen Zuschüsse oder die steuerliche Förderung in Anspruch genommen werden.

Fazit und Ausblick

Das verabschiedete Heizungsgesetz ist ein bedeutsamer Schritt in Richtung Klimaneutralität und bringt gleichzeitig große Herausforderungen für Eigentümer und Mieter mit sich. Die hierbei gesetzten Leitplanken geben eine erste Orientierung. Die Länder müssen nun mit der Wärmeplanung bis spätestens 2028 eine Grundlage für die Entscheidungsfindung zur Wahl der konkreten Heizmöglichkeiten schaffen. Damit die Investitionen in eine klimaneutrale Heizung auch nachhaltig den Immobilienwert steigern, erfordert die Umstellung eine akribisch durchgeführte Planung. Die Eigentümer sollten sich intensiv mit den Förderprogrammen auseinandersetzen, um Kosten zu sparen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Diskussionen weiterentwickeln und welche künftigen Änderungen am GEG noch vorgenommen werden.

Zu den Autoren

AL
Andreas Lichel

Steuerberater und Partner bei der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Mazars in Berlin. Einen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die laufende und gestaltende Steuerberatung von nationalen und internationalen Mandanten in den Bereichen Real Estate, Hotellerie und HealthCare.

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CK
Christopher Koschinski

Seit 2022 als Business Development Specialist. Er ist vom Standort Frankfurt aus für die Entwicklung des Bereichs Real Estate bei Mazars in Deutschland zuständig.

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