Virtuelle Bezahlsysteme - 25. Februar 2021

Ungewohnte neue Welt

Wie können Kryptowährungen als Zahlungsmittel eingesetzt werden? Und was ist dabei steuerrechtlich zu beachten? Diese und andere Fragen stellen sich viele Unternehmen und ebenso Privatpersonen, die Bitcoin und Co. als Bezahlmethode verwenden möchten.

Spätestens seit dem Hype des Bitcoins im Jahr 2017 sind Kryptowährungen in der Gesellschaft angekommen. Sie finden zunehmend auch bei Unternehmen Beachtung. War Bitcoin als Zahlungsmittel durch das Darknet früher noch mit einem schlechten Image behaftet, erfolgte in den letzten Jahren ein Umbruch. Immer mehr Unternehmen lassen sich ihre Dienstleistungen und Produkte in Kryptowährungen bezahlen und gerade in der aktuellen Corona-Krise erfreuen sich alternative, bargeldlose Bezahlmethoden immer größerer Beliebtheit. Das gilt vor allem auch für die jüngere Generation, die sich aktiv mit Bitcoin und Co. auseinandersetzt.

Arten von Bezahlsystemen

Es gibt zahlreiche sowie unterschiedliche Arten von Bezahlsystemen. Bei Systemen, die über Smartphone-Apps funktionieren, wird einfach der zu zahlende Betrag in der App des Unternehmens eingegeben. Danach kommt es zu einer automatischen Generierung eines QR-Codes, den der Kunde einscannt. So gelangt der zu zahlende Betrag automatisch in die Wallet des Unternehmens. Diese Art des Bezahlens eignet sich vor allem für kleinere Einzelunternehmer. Mittlerweile werden aber auch sogenannte Point-of-Sale(POS)-Bezahlsysteme am Markt angeboten. Dabei handelt es sich um ein Terminal zum bargeldlosen Bezahlen an der Kasse. Üblicherweise wird an solchen POS-Terminals mit ECoder Kreditkarte bezahlt. Inzwischen geht das aber auch mit Kryptowährungen. Dazu benötigt man lediglich den Terminal eines Bezahlsystemanbieters, der mit dem Kassensystem des Ladens verbunden wird. So kann die Zahlung mit Kryptowährungen beispielsweise auch in größeren Kaufhäusern angeboten werden.

Online-Handel

Das Bezahlen mit Kryptowährungen kann in jedem Webshop leicht implementiert werden. Das Unternehmen kann dabei entscheiden, ob es sich direkt in Kryptowährungen bezahlen lassen möchte oder ob es über einen spezialisierten Anbieter eine automatische Umrechnung in Euro vornehmen lässt. Letzteres ist aktuell für die meisten Unternehmen sicherlich noch die bevorzugte Art der Zahlungsabwicklung. Zu den größeren Anbietern zählen hier etwa Bitpay.com und Coinbase Commerce. Wichtig ist lediglich, dass man als Unternehmen auf einen Anbieter setzt, der über die notwendige bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis verfügt. Auch der Internetgigant Google ermöglicht über sein Zahlsystem Google Pay die Zahlung mit Kryptowährungen.

Von der Umsatzsteuer befreit

Die gute Nachricht zuerst: Der Europäische Gerichtshof hat bereits am 22. Oktober 2015 (EuGH, C-264/14) entschieden, dass der Handel mit Kryptowährungen sowie der Tausch von Kryptowährungen gegen sogenannte Fiatwährungen nicht umsatzsteuerpflichtig ist. Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) diese Auffassung für Deutschland übernommen. Danach sind Transaktionen von Kryptowährungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. B Umsatzsteuergesetz (UStG) als „Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln“ umsatzsteuerfrei.

Gewinnermittlung

Aus ertragsteuerlicher Sicht ist die Sache nicht ganz einfach. Wer nicht bilanzierungspflichtig ist, kann den Gewinn zwar im Wege einer Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermitteln. Es gelten aber Besonderheiten. Der Verkauf von Waren gegen Kryptowährungen stellt steuerlich nämlich einen Tausch dar. Sofern noch kein Betriebsausgabenabzug bei Anschaffung der Ware vorgenommen wurde, wird dieser nachgeholt. Der Gegenwert in Geld der eingenommenen Kryptowährung stellt eine Betriebseinnahme in Höhe des gemeinen Werts des veräußerten Wirtschaftsguts dar. Gleichzeitig stellt die Anschaffung der Kryptowährung jedoch eine Betriebsausgabe in derselben Höhe dar. Die Veräußerung von Waren gegen Kryptowährungen führt daher in der Einnahmenüberschussrechnung letztendlich nicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Im Falle einer Bilanzierungspflicht sind weitere Punkte zu beachten. Es stellt sich zunächst die Frage, in welcher Form die Kryptowährungen in der Bilanz zu berücksichtigen sind. Die Zuordnung zum Anlage- und Umlaufvermögen hängt dabei vor allem vom Verwendungszweck im Unternehmen ab. So können Kryptowährungen bei einem langfristigen Verbleib, etwa als Wertanlage, Teil des Anlagevermögens und als immaterielle Wirtschaftsgüter eingestuft werden. Bei schneller Weiterverwendung – Beispiele sind das Day-Trading oder ein geplanter Umtausch gegen Euro – sind Kryptowährungen eher ein Warenbestand und damit Teil des Umlaufvermögens. Kryptowährungen können auch zu Aufwand und Ertrag führen, wenn sie zum Bezahlen von Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden. Daher können Kryptowährungen nicht pauschal wie Fremdwährungen behandelt werden. Es bedarf stets einer Entscheidung im Einzelfall. Ebenso wenig kann man Transaktionen mittels einer Kryptowährung mit gewöhnlichen Transaktionen über ein Bankkonto vergleichen. Kryptowährungen weisen einfach zu viele technische Besonderheiten auf, die sich aus steuerrechtlicher Sicht nicht eins zu eins auf bekannte Währungstransaktionen übertragen lassen.

Buchungssätze und Tracking einzelner Coins

Ein Unternehmen muss grundsätzlich alle Geschäftsvorfälle in seiner Buchhaltung erfassen. Dazu gehört neben dem Einsatz als Zahlungsmittel auch der Handel mit Kryptowährungen oder die Ausgabe eigener Tokens zur Kapitalaufnahme. Häufig sind in der Buchhaltung also Transaktionen zu bewerten, bei denen keine staatlichen Währungen (Fiat) eingesetzt werden, sondern lediglich eine Kryptowährung gegen eine andere getauscht wird. So ist der Kauf von Bitcoin in Euro mit dem Buchungsvorgang Bitcoin 10.000 Euro an Bank 10.000 Euro noch einfach darstellbar. Bei einem Tausch von Kryptowährungen stößt eine gewöhnliche Buchhaltungs-Software jedoch an ihre Grenzen. Der Tausch Bitcoin/Ethereum kann nicht einfach mit Bitcoin 1 an Ethereum 20 gebucht werden, sondern löst tatsächlich mehrere Buchungen mit Angabe der Menge sowie des Umrechnungskurses aus. Die korrekte Ermittlung des Bestands an Kryptowährungen beim Jahresabschluss setzt also voraus, dass bei jeder Buchung neben der korrekten Angabe des Werts in Euro auch die entsprechende Menge an der Kryptowährung korrekt dokumentiert wird. Dafür können zum Beispiel die Belegfelder verwendet werden. Wenn mit einer Kryptowährung bezahlt wurde, müssen auch eventuelle Gebühren mit entsprechender Angabe der aufgewendeten Menge an der Kryptowährung gesondert verbucht werden. Wird also eine Kryptowährung gegen eine andere getauscht, ist mit dem Kauf gleichzeitig auch ein Verkauf zu verbuchen. Aus einer einzigen Transaktion auf der Blockchain können so bis zu vier Buchungssätze werden, die teilweise auch noch Mehrfachumrechnungen notwendig machen (von Krypto- zu Fremdwährung zu Euro).

Verbrauchsfolgeverfahren

Wird die Dokumentation der Kryptowährungen bei jeder Buchung korrekt eingehalten, können beim Jahresabschluss die Bestände jeder einzelnen Währung ermittelt werden. Dabei ist im Einzelfall zudem zu prüfen, welches Verbrauchsfolgeverfahren anzuwenden ist, namentlich FIFO (first in, first out), LIFO (last in, first out) oder die Durchschnittsmethode. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Abschreibungen oder Zuschreibungen vorzunehmen.

Steuerliche Folgen für Private

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Frage, welche steuerlichen Auswirkungen das Bezahlen von Waren oder Dienstleistungen mit Kryptowährungen (sogenanntes Spending) für Privatpersonen mit sich bringt, denn die Einordnung des Spendings und dessen steuerliche Folgen sind nach wie vor umstritten. Manche meinen, die Hingabe von Kryptowährungen zum Erwerb von Waren und Dienstleistungen stelle schon keine steuerpflichtige Veräußerung dar, weil der Einsatz einer Währung – auch von Kryptowährungen – als Zahlungsmittel nicht den Tatbestand des Veräußerungsgeschäfts erfülle. Andere hingegen stufen den Einsatz von Kryptowährungen als Zahlungsmittel für Waren- oder Dienstleistungen als Veräußerungstatbestand und damit als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG ein, sofern die Kryptowährung vorher angeschafft wurde. Bei der Beurteilung des Sachverhalts dürfte es sich daher lohnen, die Nutzung von Kryptowährungen als Zahlungsmittel als steuerfrei zu erklären – dies vor allem dann, wenn sie zuvor auf anderen Wegen als einem Kauf über eine Börse zugeflossen sind, also nicht im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG angeschafft wurden.

Einsatz von Spezial-Software

Gerade bei einer großen Zahl von Transaktionen ist der Einsatz einer speziell auf Kryptowährungen zugeschnittenen Software, die Bewegungen mit den Währungen automatisiert in die notwendigen Buchungssätze umwandelt, dringend zu empfehlen. Eine geeignete Software für Unternehmen ist beispielsweise Coin Accountant. Sie richtet sich an Unternehmen und deren Steuerberater, die Kryptotransaktionen bilanzieren, und hilft dabei, komplizierte Vorgänge und eine Vielzahl von Transaktionen im Bereich der Kryptowährungen automatisiert in die Finanzbuchhaltung zu überführen. Die Zeitersparnis ist dabei dank des automatisierten Abbildens von vielen Tausenden Transaktionen sowie des Erfassens aller Arten von Token enorm. Auf händische Art und Weise wären die Buchhaltungsarbeiten ob der enormen Datenmengen entweder gar nicht zu gewährleisten oder schlicht und ergreifend viel zu aufwendig und damit zu teuer. Privatpersonen, die in Kryptowährungen investiert haben und mit diesen handeln, interessieren sich vor allem für eine Steuer-Software, die ihnen oder ihrem Steuerberater beim Erstellen der Einkommensteuererklärung hilft. Insoweit bietet sich etwa die Software Accointing an. Neben der Erstellung von Steuererklärungen unterstützt die Software auch bei der Verwaltung von Kryptoportfolios.

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Kompaktwissen für Berater zu technischen und steuerlichen Hintergründen „Kryptowährung, Bitcoin und Co.

Zu den Autoren

EW
Eva Wohlgemuth

Wirtschaftsjuristin in der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Hauptsitz in Frankfurt am Main

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BK
Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt

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ES
Erik Stephan

Steuerassistent in der WINHELLER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Hauptsitz in Frankfurt am Main

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