Beschäftigung im Ausland - 25. Januar 2024

Rechtssicher gestalten

Vor dem internationalen mobilen Arbeiten sind zahlreiche Fragen zu klären. Speziell aus steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht stehen die Unternehmen hier vor nicht zu unterschätzenden Herausforderungen.

Seit der Corona-Pandemie ist ein rasanter Anstieg der Unternehmen zu verzeichnen, die ein sogenanntes Work from anywhere, insbesondere im Ausland, anbieten oder künftig planen. Alternative gängige Bezeichnungen für ein solches flexibles Arbeiten aus dem Ausland sind zum Beispiel mobiles Arbeiten (Mobile Working) oder auch Telearbeit, Homeoffice, Remote Work oder Workation (work + vacation). Unternehmerische Überlegungen und Vorteile stehen bei der Entscheidung über New-Work-Ansätze oft im Vordergrund. Wichtig bei der Umsetzung solcher Angebote ist neben der Nutzung von Unternehmenschancen, die Risiken für den eigenen Betrieb, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu vermeiden. Nachfolgend soll daher ein Überblick über die Unternehmens- beziehungsweise Einkommensteuer des Mitarbeiters und das Sozialversicherungsrecht gegeben werden. Dabei sollen Anforderungen, Fallstricke und Lösungsansätze skizziert werden, die beim Work from anywhere in die Vorüberlegungen zur Umsetzung in der Praxis zu beachten sind.

Vorüberlegungen

Welcher Staat erhebt die Einkommensteuer von einem französischen Mitarbeiter, der zwei Tage in der Woche aus seinem französischen Homeoffice aus arbeitet und die übrigen Tage bei seinem deutschen Arbeitgeber verbringt? In welchem Land müssen Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden, wenn ein österreichischer Vertriebsmitarbeiter für einen deutschen Arbeitgeber durch Europa reist? Was bedeutet das für die künftige Rente oder für das Land, in dem der Mitarbeiter seine persönlichen Steuern zahlt? Wird der Arbeitgeber selbst auf Unternehmensebene im Ausland steuerpflichtig und falls ja, was bedeutet das konkret? Das sind Fragen, deren Antworten ineinandergreifen und sich teilweise bedingen können. Eine umfassende Beurteilung beziehungsweise ganzheitliche Lösung ist deshalb geboten.

Ausländische Betriebsstätte

In Abhängigkeit von Inhalt und Dauer der Tätigkeit des Mitarbeiters im Ausland können sogenannte Betriebsstätten des Unternehmens im Ausland begründet werden. Die Frage einer Betriebsstätte steht bei den ausländischen Steuerbehörden im Fokus, denn sie ist der zentrale Anknüpfungspunkt für ein Besteuerungsrecht im Ausland und damit verbundene Compliance-Anforderungen. Wesentliche Kriterien für eine Betriebsstätte sind der inhaltliche und zeitliche Umfang der Tätigkeiten. Handelt es sich um vorbereitende und Hilfstätigkeiten, liegt grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Tätigkeit im Ausland keine Betriebsstätte vor. Bei weitergehenden Aktivitäten sind in der Regel die Dauer der Tätigkeiten und das Vorliegen einer sogenannten Verfügungsmacht entscheidend. Bei vereinzeltem Arbeiten im Ausland, etwa in Form von Workation, liegt oftmals keine Betriebsstätte vor. Mit zunehmender Arbeitsintensität im Ausland steigt das Betriebsstättenrisiko. Insbesondere bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern, die (fast) dauerhaft im Ausland arbeiten, werden von ausländischen Steuerbehörden vermehrt Betriebsstätten angenommen. Hierbei kann es unerheblich sein, ob das Unternehmen selbst eigene Räumlichkeiten innehat. Auch wichtig bei der Prüfung unternehmenssteuerlicher Konsequenzen sind die Details des jeweiligen Einzelfalls und die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten des Mitarbeiters im Hinblick auf seine Tätigkeit. So können einzelne Faktoren, wie beispielsweise Vertretungsvollmachten des Mitarbeiters, einen entscheidenden Einfluss auf die unternehmenssteuerliche Beurteilung haben. Im Falle eines Betriebsstättenrisikos sollte geprüft werden, ob und wie weit dieses minimiert werden kann, zum Beispiel durch zeitliche oder inhaltliche Einschränkung der Tätigkeiten oder durch Nutzung von bestehenden Konzernstrukturen. Ist eine Betriebsstätte unumgänglich, so ist die Erfüllung der steuerlichen Compliance-Verpflichtungen sicherzustellen, also die Registrierung der Betriebsstätte, steuerliche Erklärungspflichten im Ausland mit eigener Gewinnermittlung der Betriebsstätte und Lohnsteuerabzugsverpflichtungen. Gegebenenfalls sind auch umsatzsteuerliche Konsequenzen zu prüfen.

Einkommensteuer des Mitarbeiters

Hält sich der Mitarbeiter im Rahmen von Workation lediglich in einem begrenzten Zeitraum in dem anderen Land auf – davon ausgehend, dass Deutschland mit dem anderen Land ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen hat – und überschreitet er eine gewisse Anzahl von Anwesenheitstagen nicht, bleibt sein Gehalt in Deutschland grundsätzlich lohn- und einkommensteuerpflichtig. Bei permanenter mobiler Arbeit im Ausland wird typischerweise das anteilige Gehalt für Arbeitstage außerhalb Deutschlands (Sitzstaat des Arbeitgebers) im Ausland, wo sich der Lebensmittelpunkt des Mitarbeiters befindet, steuerpflichtig. Der Mitarbeiter muss üblicherweise dieses Gehalt im Rahmen einer persönlichen Steuererklärung im Ausland selbst deklarieren. In Deutschland hat der Arbeitgeber Lohnsteuer auf das anteilige Gehalt für deutsche Arbeitstage einzubehalten und abzuführen. Insbesondere in diesen Fällen wird empfohlen, dass der Mitarbeiter einen sogenannten Reisekalender führt und diesen regelmäßig bei seinem Arbeitgeber an einer definierten Stelle einreicht. Es ist empfehlenswert, das prozessuale Vorgehen im Rahmen einer Richtlinie festzulegen.

Sozialversicherungsrecht

Arbeitgeber haben bei jedweder Auslandstätigkeit von Mitarbeitern der korrekten Behandlung des Sozialversicherungsrechts eine große Aufmerksamkeit zu widmen. Dies ist von erheblicher Bedeutung, wird aber oft stiefmütterlich behandelt, da es regelmäßig nicht als relevante Compliance-Anforderung von einer Stabsabteilung systematisch und strategisch vorgegeben wird, sondern häufig nur als operative Anforderung in der Gehaltsabrechnung umgesetzt beziehungsweise von einer Abteilung behandelt wird, die nicht über notwendige Ressourcen verfügt. Die Relevanz ergibt sich daraus, dass zum einen der Arbeitgeber seinen Melde- und Beitragsabführungspflichten korrekt nachkommen muss, da sonst empfindliche Nachzahlungen und Bußgelder drohen. Auch ist eine Geschäftsleitung schnell wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen im strafrechtlich relevanten Bereich. Zum anderen ist aber auch zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitnehmer natürlich auf den gewohnten sozialversicherungsrechtlichen Schutz auch bei einer Auslandstätigkeit verlässt und von diesem ausgeht.

Haftung des Arbeitgebers

Dies kann für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einem sehr bösen Erwachen führen, wenn klar wird, dass sich etwa im Falle eines schweren Arbeitsunfalls im Ausland herausstellt, dass die deutsche Unfallversicherung dort nicht gilt. Oder wenn sich der Arbeitnehmer auf die Krankenversicherung, den Aufbau einer Rentenversicherung sowie einer Erwerbsminderungsrente verlässt und beides eventuell im Ausland nicht weiter gilt, da es im Inland nicht korrekt behandelt wurde. Ebenso kritisch ist der Fall, wenn der Mitarbeiter arbeitslos wird und im Nachhinein herausgefunden wird, dass durch die Auslandstätigkeit die gesetzlichen Voraussetzungen für das Arbeitslosengeld nicht erfüllt wurden. Hier stellt sich unmittelbar die Frage nach der Haftung des Arbeitgebers, die im Einzelfall sehr teuer werden kann.

Work-from-anywhere-Policies

Der Arbeitgeber darf sich unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht keinesfalls heraushalten und diesen Fragenkomplex allein dem Mitarbeiter überlassen. Die sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen sind je nach Spielart des Work from anywhere und des Tätigkeitslands sehr unterschiedlich. So sind etwa die Erfordernisse bei einer kurzen Workation in einem Staat der Europäischen Union (EU) sehr viel geringer und leichter zu erfüllen als etwa bei einem permanenten Homeoffice im Ausland. Letzteres führt regelmäßig zu einer Sozialversicherungspflicht in dem ausländischen Staat mit entsprechenden Verpflichtungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Da der Arbeitgeber im Ausland üblicherweise keine Gehaltsabrechnung für diesen Mitarbeiter hat, bedarf es eines entsprechenden Dienstleisters, der dies für ihn übernimmt, was zusätzlich mit entsprechenden Kosten verbunden ist. Für Work-from-anywhere-Policies ist es daher unbedingt notwendig, die erlaubten Länder auch nach dem Aufwand für die sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu kategorisieren, um den administrativen Aufwand für die Umsetzung der Policy in einem vertretbaren Ausmaß halten zu können.

Prozessuale Aspekte

Jedes Unternehmen mit Auslandstätigkeiten von Mitarbeitern muss schließlich auch prozessuale Überlegungen anstellen. Wie erfährt die zuständige Stelle von Auslandstätigkeiten? Wer ist verantwortlich für die zu ergreifenden Maßnahmen? Verfügen die zuständigen Mitarbeiter über ausreichende Kenntnisse, um diese Maßnahmen zu erkennen und korrekt umzusetzen?

Fazit

Festzuhalten bleibt, dass beim mobilen Arbeiten im Ausland eine Reihe von Fragen vorab zu klären sind. Denn vermeidbare Fehler im Steuer- und Sozialversicherungsrecht können das betreffende Unternehmen teuer zu stehen kommen.

MEHR DAZU

Mandanten-Info-Broschüre „Homeoffice im Ausland“

Zu den Autoren

BB
Dr. Blazenka Ban

Steuerberaterin sowie Fachberaterin für Internationales Steuerrecht und Partnerin der Service Line ITP (International Tax & Permanent Establishments) bei der WTS Group in Nürnberg

Weitere Artikel der Autorin
MK
Martina Kaul

Steuerberaterin und Director der Service Line HR Taxes / Global Expatriate Services bei der WTS Group in Frankfurt am Main

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