DIHK, Mitteilung vom 27.10.2023
Die vom Bundesfinanzminister Christian Lindner verkündeten Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung entsprechen dem, was nach den aktuellen Konjunkturdaten zu erwarten ist: Bei schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt sprudeln Steuereinnahmen nicht mehr. Im Vergleich zur großen Steuerschätzung vom Mai 2023 ergeben sich beim Bund für dieses Jahr 3,6 Milliarden Euro geringere und für 2024 knapp vier Milliarden Euro höhere Einnahmen als bisher gedacht. Bis 2027 wird der Bund im Vergleich zur Prognose vom Mai insgesamt 6,9 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen.
Auch Länder und Kommunen können bis 2027 mit etwas höheren Steuereinnahmen rechnen als noch im Mai erwartet. Wichtig ist jedoch: Der Trend, dass der Staat jedes Jahr eigentlich mehr Geld zur Verfügung hat, ist ungebrochen. So werden jetzt für 2023 insgesamt 916,1 Milliarden Euro an Steuereinnahmen erwartet – gut 20 Milliarden Euro mehr als 2022.
Bundesregierung sollte Prioritäten konsequenter auf Wachstum setzen
Umso wichtiger ist es aus der Sicht der Wirtschaft, dass die Bundesregierung mit ihren Finanzmitteln auf Prioritäten setzt. Das bedeutet die Konzentration auf das Wesentliche, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Für die Steuerzahler ist wichtig, dass die Bundesregierung die steuerlichen Auswirkungen der hohen Inflationsraten – die kalte Progression – berücksichtigt und durch entsprechende Tarifanpassungen ausgleicht.
Die Rolle der Schuldenbremse
In die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ist eine Konjunkturkomponente eingebaut, die aufgrund der aktuellen Wirtschaftsschwäche im kommenden Jahr eine um 5,5 Milliarden Euro höhere Neuverschuldung erlaubt. In der Haushaltsplanung vorgesehen ist bislang eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 16,6 Milliarden Euro. Alles in allem dürfte sich aus der Steuerschätzung und den bisherigen Ausgabenansätzen im Bundeshaushalt 2024 ein hoher einstelliger oder niedriger zweistelliger Milliarden-Fehlbetrag ergeben.
Ohne eine wirkungsvolle Begrenzung der Schuldenfinanzierung wären die Verlockungen für die Bundesregierung größer, die Ausgaben ohne klare Prioritäten zu planen. Aber schon im kommenden Haushalt werden die Zinszahlungen mit fast 40 Milliarden Euro einer der größten Ausgabenposten sein. Und: Ab 2028 stehen die Tilgungsleistungen der Corona-Kredite an. Es besteht also die Gefahr, dass zukünftige Haushalte mit noch höheren Tilgungs- und Zinszahlungen belastet würden. Für Unternehmen ist eine Haushaltspolitik auf Pump ein sehr sensibles Thema, denn damit drohen in Zukunft Steuererhöhungen, die fast immer die Wirtschaft in besonderem Ausmaß treffen.
Was sollte die Bundesregierung konkret tun?
Die Steuerschätzung hat gezeigt, dass das staatliche Steueraufkommen trotz der konjunkturellen Flaute und trotz der zurückhaltenden Erwartungen für die kommenden Jahre recht stabil ist. Es wächst auch weiter: 2025 werden die Steuereinnahmen in Deutschland erstmals den Betrag von 1.000 Milliarden Euro übersteigen. Derzeit streiten Bund und Länder darüber, ob die Wirtschaft mit dem Wachstumschancengesetz um sieben Milliarden Euro entlastet werden kann. Für die Prämie für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen, die die zentrale Maßnahme des Gesetzes sein sollte, sind pro Jahr noch nicht einmal 400 Millionen Euro vorgesehen.
Die Zahlen-Relation zeigt, dass die Bundesregierung ihre Prioritäten noch viel stärker auf Wachstumsimpulse ausrichten muss. Private Investitionen machen rund 90 Prozent aller Investitionen aus. Bürokratische Lasten und die im internationalen Vergleich viel zu hohe Steuerbelastung der Unternehmen sollten sofort spürbar reduziert werden, damit die Wirtschaft schneller aus dem Konjunkturtief herauskommt. Die Bundesregierung muss mit den vorhandenen Mitteln verantwortungsvoll umgehen und die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung schaffen. Damit würden Investitionen am Standort Deutschland heute und in Zukunft wieder attraktiv und so auch Arbeitsplätze sichern können. Das ist auch das beste Investment für auskömmliche Finanzmittel des Staates.
Quelle: DIHK