ZEW, Pressemitteilung vom 12.02.2021
Die Innovationsausgaben der Unternehmen in Deutschland sind im Jahr 2019 erneut gestiegen und erreichten mit 176,9 Mrd. Euro einen neuen Spitzenwert. Immer mehr Unternehmen setzten beim Thema Innovation auch auf einen langen Atem: Der Anteil der Unternehmen, die kontinuierlich Forschung und Entwicklung betreiben, ist in 2019 gegenüber dem Vorjahr mit acht Prozent deutlich gestiegen. Dies zeigt, dass die Unternehmen nachhaltig in neue Technologien, Produkte und Prozesse investieren. Die Planzahlen für das Jahr 2020, die Mitte des Jahres abgegeben wurden, sind angesichts der Pandemie noch vergleichsweise robust: Trotz Corona gehen die Unternehmen in Deutschland nur von einem leichten Rückgang der Innovationsausgaben um 2,2 Prozent im Vergleich zu 2019 aus. Angesichts eines prognostizierten Rückgangs der Wirtschaftsleistung in Deutschland von mehr als fünf Prozent ist dies ein moderater Einschnitt.
Dies sind zentrale Ergebnisse der Innovationserhebung 2020, die das ZEW Mannheim gemeinsam mit dem Institut für angewandte Sozialwissenschaften (infas) und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführt hat. Die Innovationserhebung erfasst die Innovationsaktivitäten für das Berichtsjahr 2019 und gibt einen Ausblick auf die Jahre 2020 und 2021.
„Gerade in der Corona-Pandemie ist die Bedeutung von Innovationen noch einmal deutlicher geworden: Wissenschaft und Technologie helfen uns aus der Krise. Deshalb freut es mich, dass die deutschen Unternehmen 2019 so viel Geld für Innovationen ausgegeben haben, wie nie zuvor. Die Studie zeigt uns aber auch, dass der internationale Wettbewerb härter wird und wir unseren Blick gerade auf die kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land richten müssen: Denn während die Großunternehmen ihre Innovationsbudgets im Jahr 2020 fast stabil halten, rechnen die KMU mit einem Rückgang des Innovationsbudgets von knapp neun Prozent.
Mit der steuerlichen Forschungszulage, haben wir als Bund zur richtigen Zeit das richtige Instrument auf den Weg gebracht. Für die Phase des Aufschwungs wird die Forschungszulage eine entscheidende Stütze sein und vor allem Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von KMU stärken. Die Agentur für Sprunginnovationen hat ihre Arbeit bereits aufgenommen und wird in Zukunft neue Impulse setzen“, sagt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek.
„Deutschland gehört, gemessen an den Innovationsausgaben, zu den innovationsfreudigsten Ländern der Welt. Es ist wichtig, dass auch in der Krise die Unternehmen auf Innovationen setzen. Nur so wird es uns gelingen, den Strukturwandel durch Digitalisierung und hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft erfolgreich zu gestalten“, sagt ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, Ph.D., auf der gemeinsamen Online-Pressekonferenz mit der Bundesministerin.
Für das Berichtsjahr 2019 zeigt sich ein leichtes Wachstum der Innovationsausgaben der deutschen Wirtschaft auf 176,9 Milliarden Euro. Gegenüber 2018 ist dies ein Plus von 2,1 Prozent. Der Anstieg fiel geringer aus als zunächst geplant. „Dies deutet auf eine bereits eingetrübte konjunkturelle Situation im Jahr vor der Corona-Krise hin. Deutlich zugenommen haben die laufenden Innovationsausgaben mit plus 6,4 Prozent, zu denen insbesondere die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) zählen“, erklärt Dr. Christian Rammer, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ sowie Projektleiter der ZEW-Innovationserhebung. Kräftig eingebrochen sind dagegen die Investitionen im Zusammenhang mit Innovationsvorhaben (minus 8,8 Prozent). Dies ist typisch für konjunkturelle Abschwungphasen. Der Anstieg der Innovationsausgaben im Jahr 2019 wurde ganz wesentlich von den Großunternehmen getragen (plus 2,4 Prozent), während die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ihre Innovationsbudgets kaum erhöht haben (plus 0,4 Prozent).
Für 2020 setzt sich diese Entwicklung fort. Während die Großunternehmen trotz Corona-Pandemie ihre Innovationsausgaben nur geringfügig zurücknehmen wollten (minus 0,9 Prozent), planten KMU kräftige Einschnitte (minus 8,7 Prozent). Insgesamt sollen die Innovationsausgaben der deutschen Wirtschaft im Jahr 2020 rund 173,1 Milliarden Euro erreichen (minus 2,2 Prozent gegenüber 2019). Je nach Branche zeigt sich allerdings ein differenziertes Bild: „Eine positive Entwicklung ist nur in den Branchen Chemie/Pharma und Informations- und Kommunikationsdienstleistungen zu beobachten. Besonders starke Rückgänge verzeichneten hingegen die Unternehmensdienstleistungen, die Metallindustrie, die Konsumgüterindustrie und der Großhandel“, sagt Christian Rammer.
Für 2021 sind die Planzahlen von sehr hoher Unsicherheit geprägt. Mit Stand Mitte 2020 zeichnete sich ein leichter Zuwachs um 0,9 Prozent auf knapp 175 Milliarden Euro ab. Wiederum sind es die Großunternehmen, die optimistischer in die Zukunft blicken (plus zwei Prozent), während die KMU ihre Innovationsbudgets auch 2021 zurücknehmen wollen (minus fünf Prozent).
Die Anzahl der Unternehmen, die Produkt- oder Prozessinnovationen eingeführt haben, blieb 2019 mit rund 182.000 konstant. Dies entspricht 54,6 Prozent aller Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung. Merklich zugenommen hat 2019 die Anzahl der Unternehmen, die kontinuierlich FuE betreiben. 2019 waren dies rund 36.500 Unternehmen, das sind 8,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit befassten sich 10,9 Prozent aller Unternehmen kontinuierlich mit FuE. Besonders hoch ist dieser Anteil in der Chemie- und Pharmaindustrie (66 Prozent), in der Elektroindustrie (44 Prozent) und im Maschinenbau (41 Prozent).
Die Innovationserfolge der deutschen Wirtschaft blieben im Jahr 2019 unter den Vorjahreswerten. Der Umsatz, der mit Produktinnovationen erzielt wurde, ging um 6,4 Prozent auf 744 Milliarden Euro zurück. Dies entspricht 13,7 Prozent des gesamten Umsatzes der Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung. Der Umsatz mit Marktneuheiten, also mit Produktinnovationen, die zuvor noch nicht in gleicher oder ähnlicher Form im Markt angeboten wurden, sank um 12,2 Prozent auf 156 Milliarden Euro (2,9 Prozent des gesamten Umsatzes). Den höchsten Umsatzanteil von Produktinnovationen wies der Fahrzeugbau auf (45 Prozent), der auch beim Umsatzanteil von Marktneuheiten mit 10,9 Prozent vorne liegt. Prozessinnovationen trugen 2019 zu Kostensenkungen im Ausmaß von 3,0 Prozent der gesamten Kosten der Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung bei. Dies ist etwas weniger als im Vorjahr (3,5 Prozent).
Quelle: ZEW