KfW, Pressemitteilung vom 15.11.2023
- KfW-Klimabarometer zeigt preisbereinigten Anstieg um 18 % auf 72 Mrd. Euro
- Zwei Drittel der Unternehmen haben Klimaschutz zumindest teilweise in Strategie verankert
Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten infolge der Energiekrise hat der Unternehmenssektor in Deutschland sein Investitionsvolumen in den Klimaschutz hierzulande auf 72,2 Mrd. Euro im Jahr 2022 erhöht (2021: 55,1 Mrd. Euro), wie das KfW-Klimabarometer 2023 von KfW Research zeigt. Hinter dem Plus von nominal 31 % bzw. 17 Mrd. Euro steht auch real, also bereinigt um Preiserhöhungen durch die Inflation, ein beachtlicher Anstieg von 18 %. Investiert haben die Unternehmen am häufigsten in klimafreundliche Mobilität, gefolgt von Projekten zur Erzeugung oder Speicherung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien, sowie in Energieeffizienzmaßnahmen im Gebäudebestand.
„Klimaschutz als Investitionsbereich ist für die deutschen Unternehmen messbar relevanter geworden“,
sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.
„2022 floss bereits jeder siebte Euro der gesamten Neuinvestitionen des Unternehmenssektors in Klimaschutzvorhaben. 2021 war es nur jeder Achte. Somit haben die Investitionsvolumina für Klimaschutzvorhaben im Zeitverlauf deutlich angezogen und haben auch im Vergleich zu anderen Investitionsbereichen an Bedeutung gewonnen.“ Trotz der erfreulichen Entwicklung bei den Klimaschutzinvestitionen im vergangenen Jahr bleibe aber noch viel zu tun. „Um Klimaneutralität in Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen, sind unserer Schätzung zufolge Investitionen von durchschnittlich rund 120 Mrd. Euro pro Jahr von privaten Unternehmen erforderlich. Die Investitionslücke hat sich 2022 zwar deutlich verkleinert. Das ist in dem herausfordernden Umfeld sehr ermutigend und gleichzeitig bedarf es noch größerer Anstrengungen, die Lücke nachhaltig zu schließen.“
Neben den stark gestiegenen Energiepreisen für fossile Energieträger, die Investitionen in die Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien attraktiver gemacht haben, dürften auch Vorzieheffekte aufgrund der sich abzeichnenden Fremdkapitalverteuerung und steigender Investitionsgüterpreise vor allem in der ersten Jahreshälfte 2022 den Klimaschutzinvestitionen einen Schub verliehen haben. Zum Wachstumsplus der Klimaschutzinvestitionen haben vorrangig größere Unternehmen beigetragen. Sowohl mittlere Unternehmen mit 10 bis 49 Beschäftigten (+65 % nominal von 7 Mrd. auf 12 Mrd. Euro; real: +49 %) als auch große Mittelständler mit mehr als 50 Beschäftigten (+61 % nominal von 7 Mrd. auf 11 Mrd. Euro; real: +46 %) haben ihre Ausgaben hierfür im Vergleich zum Vorjahr massiv ausgeweitet. Bei den Großunternehmen, die das KfW-Klimabarometer ebenfalls umfasst, stiegen die Klimaschutzinvestitionen um nominal 29 % (von 28 Mrd. auf 36 Mrd. Euro; real +17 %). Dagegen sind die Investitionen von Kleinst- und kleinen Unternehmen mit 10 Mrd. bzw. 3 Mrd. Euro nominal zwar nahezu konstant geblieben, inflationsbereinigt bedeutet dies jedoch einen Rückgang von -11 % bzw. -5 %.
Rund 490.000 Unternehmen haben im Jahr 2022 Klimaschutzinvestitionen im Inland getätigt. Das ist jedes siebte (13 %) der knapp 3,8 Mio. Unternehmen in Deutschland. Der Anteil der in Klimaschutz investierenden Unternehmen ist damit im Vorjahresvergleich gesunken (-10 Prozentpunkte). Ausschlaggebend für diesen Rückgang sind stark sinkende Investorenzahlen bei den Kleinst- bzw. den kleinen Unternehmen (-13 bzw. -9 Prozentpunkte), die aufgrund ihrer sehr großen Anzahl die aggregierte Unternehmensentwicklung dominieren. In allen größeren Unternehmensgrößenklassen hat der Anteil der Firmen mit Klimaschutzinvestitionen zugelegt oder ist konstant geblieben. Hierbei dürfte eine wichtige Rolle gespielt haben, dass kleinere Unternehmen seltener mit investiven Maßnahmen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbarer Energien auf die gestiegenen Energiepreise reagiert haben (18 % bei Mittelständlern mit unter 10 Beschäftigten vs. 81 % bei Großunternehmen). Zudem war bei kleineren Unternehmen im Jahr 2022 ein Rückgang der Profitabilität zu beobachten, was sie entsprechend häufiger dazu veranlasst haben dürfte, noch verfügbare Mittel in andere Investitionsvorhaben (z. B. mit dringender Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes) zu lenken.
Die Dekarbonisierung hat in vielen Unternehmen auch an strategischer Bedeutung gewonnen. Fast zwei Drittel aller Unternehmen in Deutschland haben Klimaschutz aktuell zumindest teilweise in ihrer Unternehmensstrategie verankert – das sind 10 Prozentpunkte mehr als in der Vorjahreserhebung. Mittelständische Unternehmen konnten dabei sowohl mit Blick auf die strategische Verankerung von Klimaschutz als auch hinsichtlich der Kenntnis des eigenen CO2-Fußabdrucks etwas Boden gut machen gegenüber den Großunternehmen, die bereits im letzten Jahr ein deutlich höheres Aktivitätsniveau in diesen Bereichen vorweisen konnten. Dass allerdings weiter Luft nach oben bei der Operationalisierung der Klimaschutzstrategie in vielen Unternehmen besteht, spiegelt sich in dem Ergebnis, dass 70 % der Unternehmen bislang keine konkreten Pläne zur Treibhausgasminderung entwickelt haben; dies betrifft vor allem kleine und mittlere Unternehmen.
Weitere wichtige Ergebnisse des KfW-Klimabarometers im Überblick:
- Diejenigen Unternehmen, die mindestens eine Investition mit Klimaschutzbezug durchgeführt haben, haben die dafür aufgebrachten Investitionsvolumina deutlich ausgeweitet: Im Durchschnitt lag das Investitionsvolumen mit Klimaschutzbezug je mittelständischem Unternehmen bei 106.000 Euro (2021: 44.000 Euro; nominal +140 % ggü. Vorjahr). Den stärksten Anstieg zeigten dabei die Kleinstunternehmen: Sie konnten ihre durchschnittliche Investitionshöhe nominal um 122 % auf 50.000 Euro ausweiten (2021: 23.000 Euro).
- Ein Blick in die Wirtschaftsbereiche zeigt, dass im Verarbeitenden Gewerbe der Anteil der Unternehmen mit getätigten Klimaschutzinvestitionen (18 %) deutlich höher ist als in den anderen Branchen (12 % Dienstleistungen, 11 % Handel, 9 % Bau).
- Die Finanzierung von Klimaschutzinvestitionen erfolgt zum Großteil durch Eigenmittel (zwischen 42 % des Volumens bei Kleinstunternehmen und 91 % bei Großunternehmen). Hierunter fallen die Innenfinanzierung aus eigenen Gewinnen, die konzerninterne Finanzierung sowie in geringem Ausmaß Einlagen von Gesellschaftern. Im Vergleich zu Großunternehmen binden mittelständische Unternehmen häufiger Bankkredite und Fördermittel zur Finanzierung ihrer Projekte ein.
- Die drängendsten Hemmnisse für Investitionen in Klimaschutz liegen für Unternehmen weiterhin in wirtschaftlichen und finanziellen Aspekten begründet. Jedes zweite Unternehmen (50 %) sieht die Unsicherheit über die Wirtschaftlichkeit der Investition als sehr relevante oder eher relevante Hürde. Fehlende finanzielle Ressourcen nennen 45 %. Lieferschwierigkeiten bei Klimaschutztechnologien, Fachkräftemangel sowie Informationsdefizite über eigene Treibhausgas-Einsparmöglichkeiten – hier insbesondere bei den mittelständischen Unternehmen – stellen weitere wichtige Investitionshemmnisse dar.
- In der aktuellen Ausgabe des KfW-Klimabarometers wurde erstmalig explizit die Haltung der Unternehmen zum Ziel der Klimaneutralität Deutschlands erhoben. Die Zahlen machen Mut: Eine deutliche Mehrheit von rund 60 % der Unternehmen in Deutschland steht zumindest teilweise hinter diesem Ziel. Ein eigenes Klimaneutralitätsziel haben bislang nur wenige Unternehmen – aber auch deren Anteil ist im Jahresvergleich deutlich gewachsen von 10 % auf 15 %.
Quelle: KfW