Übergabe einer Steuerberatungskanzlei - 25. März 2021

Blaupause für die Nachfolge

Viele Berufsträgerinnen und Berufsträger suchen nach dem Königsweg, wenn es darum geht, einen Nachfolger für die eigene Kanzlei zu finden. Steuerberater Stephan Gebert hat vor etwas mehr als zwei Jahren in Nürnberg eine Kanzlei übernommen, auf die er über die DATEV-Kanzlei-Börse aufmerksam wurde.

Herr Gebert, Sie haben eine Steuerberatungskanzlei als Nachfolger übernommen. Wie verlief bei Ihnen die Übergabe?

Die Kanzleiübernahme erfolgte nach einem zuvor vereinbarten Prozess. Zunächst lernte ich die Mitarbeiter kennen, die schon für meinen Vorgänger arbeiteten. Dann mussten wir uns über die Modalitäten unterhalten, was die Übernahme kostet und wie die Einführung von mir in die Kanzlei erfolgen sollte. Ich konnte dann von Anfang an mitarbeiten, und im Oktober 2018 war ich schon fest in den Kanzleibetrieb eingebunden. Mein Vorgänger war bis zum Tag der offiziellen Übergabe da und auch danach, wenn ich ihn brauchte. Er ist täglich ins Büro gekommen, um offene Fragen zu klären. Der Kollege war zu diesem Zeitpunkt bereits 70 Jahre alt. Aber er wollte loslassen und konnte das auch, im Gegensatz zu anderen Kollegen. Natürlich war er besorgt, nach dem 1. Februar 2019 nicht aus dem Kanzleibetrieb herauszukommen. Doch das gezielte Besprechen von Fragen und Problemen in einer Übergangszeit nach Übergabe der Verantwortung an mich klappte sehr gut.

Wie sind Sie auf diese Kanzlei aufmerksam geworden?

Über die DATEV-Kanzlei-Börse bin ich auf das Büro meines Vorgängers gestoßen. Er hatte dort inseriert, um einen Nachfolger für seine Kanzlei zu finden.

War das die einzige Anzeige, auf die Sie geantwortet hatten?

Nein, es waren sechs Anzeigen, auf die ich mit einer Bewerbung reagiert habe. Daraufhin meldete sich nach sehr kurzer Zeit die DATEV-Kanzlei-Börse bei mir mit insgesamt vier Antworten von Berufskollegen. Das verlief alles sehr einfach, viel besser, als wenn ich mich selbst irgendwo als Nachfolger beworben hätte.

Was hat Sie bewogen, genau diese Kanzlei zu übernehmen?

Von der Lage und Größe her ist die Kanzlei für mich maßgeschneidert, nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Die Struktur der Kanzlei, auch vom Umfang sowie der Anzahl der Mandate, war genauso, wie ich es mir wünschte.

Haben Sie die Kanzlei und das Anwesen gekauft?

Nein, die Kanzleiräume sind angemietet. Meinem Vorgänger gehört das Haus, in dessen Nähe er auch wohnt. Ich bin mit dieser Konstellation absolut zufrieden. Ich selbst möchte nicht in der Nähe der Kanzlei wohnen, weil die Arbeit dann nie endet.

Sie pendeln täglich in die Kanzlei. War eine Kanzleiverlagerung nie ein Thema?

Zu keiner Zeit. Der Standort einer eingeführten Kanzlei ist sehr wichtig. Ein sofortiger Umzug nach Fürth hätte nicht funktioniert, allein schon wegen der Mitarbeiter. Und auch viele Mandanten hätten eine Standortverlagerung nicht akzeptiert und wären vermutlich abgesprungen.

Welche Berufserfahrung hatten Sie, als Sie sich für die Kanzleinachfolge bewarben?

Ich habe an der Fachhochschule studiert mit einem Abschluss als Diplom-Betriebswirt. Meine Schwerpunkte lagen im Steuerrecht sowie im Rechnungswesen und Controlling. Parallel zu meiner Ausbildung absolvierte ich in einer Steuerberatungskanzlei ein Praktikum. 2006 schloss ich an der Hochschule mein Studium ab. Zu dieser Zeit arbeitete ich schon in der Kanzlei als Prüfungsassistent. 2010 machte ich dann die Steuerberaterprüfung und ab 2012 war ich in der Kanzlei als freiberuflicher Steuerberater tätig. Etwa zu dieser Zeit kam in mir der Wunsch auf, auch einmal eine eigene Kanzlei zu führen. Vor knapp fünf, sechs Jahren startete ich sozusagen auf der grünen Wiese. Ich begann meine Selbstständigkeit in Form einer Nebenberufstätigkeit, die ich mit Einverständnis des damaligen Kanzleichefs ausüben durfte. Irgendwann aber beschloss ich, nun doch Geld in die Hand zu nehmen und über die DATEV-Kanzlei-Börse einen Kollegen zu finden, der bereit war, seine Kanzlei zu verkaufen.

Haben Sie Mandate aus der vorherigen Kanzlei übernommen beziehungsweise eigene Mandate mitgebracht?

Von dem Steuerberater, bei dem ich zuvor gearbeitet hatte, habe ich keine Mandanten mitgebracht. Ich selbst hatte aber bereits einen kleinen Mandantenstamm, den ich mit umziehen konnte, und zudem habe ich praktisch alle Mandate meines Vorgängers übernommen. Das spricht auch für den Kollegen, der bei seinen Mandanten ein sehr gutes Standing hatte. Darüber hinaus haben wir den Übergabeprozess so gut gestaltet, dass letztendlich alle Mandanten der Kanzlei treu geblieben sind.

Können Sie die Mandantenstruktur der Kanzlei beschreiben?

Die Struktur meiner Mandanten ist gemischt. In der Mehrzahl sind es Unternehmer des Mittelstands aus Handel und Handwerk, aber auch Freiberufler und Künstler gehören dazu. Von den Rechtsformen her ist praktisch alles vertreten, Einzelunternehmer, GmbH, GmbH & Co. KG auf Aktien. Ich betreue auch internationale Mandanten, ursprünglich aus Amerika bis Australien, Schweden, Frankreich oder England. Bei diesen Mandanten geht es auch um erbschaftsteuerliche Fragen. Und auch im Online-Bereich kommen nun immer mehr Unternehmen auf mich zu.

Und wie sieht die aktuelle Personalstruktur aus?

Ich bin in der Kanzlei der einzige Berufsträger. Für mich arbeiten eine Vollzeit- sowie eine Teilzeitkraft auf 30-Stunden-Basis. Aktuell suche ich noch jemanden, mindestens eine weitere Teilzeitkraft. Bei speziellen Fragen greife ich auf mein Netzwerk zurück, bestehend aus anderen Steuerberatern und Rechtsanwälten.

Wie sind Sie zur DATEV gekommen?

Bereits in der ersten Kanzlei, in der ich tätig war, wurde mit DATEV-Programmen gearbeitet. Ich bin dann schnell Genosse geworden, schon als ich noch für den Kollegen gearbeitet habe. Auf meinem eigenen Rechner hatte ich für meine eigenen Mandanten seinerzeit einige Programme ausprobiert. Das war mein Weg, wie ich zu DATEV gekommen bin.

Was machen Sie in der Kanzlei anders als Ihr Vorgänger?

Ich habe eine professionell erstellte Homepage. Tatsächlich kommen neue Mandanten mehr und mehr über meine Homepage auf mich zu. Und wir arbeiten verstärkt mit digitalen Belegen.

Wo wollen Sie in zehn Jahren stehen?

Natürlich will ich mit meiner Kanzlei weiterwachsen, vielleicht kommt irgendwann ein Berufskollege hinzu. Aktuell suche ich aber eine weitere Mitarbeiterin oder einen weiteren Mitarbeiter. Daneben gilt es, die bestehenden Mitarbeiter weiterzuqualifizieren. Und natürlich steht auch die eigene Spezialisierung mit auf der Agenda, auch wenn ich glaube, dass der Generalist nie ganz von der Bildfläche verschwinden wird. Schließlich ist auch die Digitalisierung der Kanzlei ein Thema. DATEV ist hier der Innovationstreiber schlechthin, und für mich ist dies mit Blick auf die Zukunft auch der richtige Weg.

Mehr dazu

Kanzleibewertung und Kanzleinachfolge unter www.datev.de/consulting

Zum Autor

Robert Brütting

Rechtsanwalt in Nürnberg und Fachjournalist Recht sowie Redakteur beim DATEV magazin

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