Label Digitale DATEV Kanzlei - 12. Oktober 2021

Alle außer Dinos

Der Steuerberater Jean-Claude Wies aus dem Saarland erklärt im Gespräch, was er sich von dem Label Digitale DATEV Kanzlei erwartet und verrät, wie man Handwerksbetriebe bei der digitalen Zusammenarbeit unterstützen kann.

Die Kanzlei von Jean-Claude Wies floriert. Das tut sie seit ihrer Gründung im Jahr 1985 und daran hat sich auch nichts geändert, seit der Steuerberater aus Heusweiler die Kanzlei 2011 von seinem Vorgänger übernommen hat. Es gibt keinen Bedarf an großartigen Änderungen. Im Saarland, nahe der französischen Grenze, kennt man keine Sorgen. Die Kunden kommen und gehen. Von Digitalisierung will hier lange Zeit niemand was wissen. Bis Wies eines Tags beschließt aus dem analogen Tiefschlaf zu erwachen und in die Zukunft zu starten. Das war 2018. Drei Jahre später hält er schon zum zweiten Mal das Label Digitale DATEV Kanzlei in Händen. Im Gespräch verrät er, warum DATEV Unternehmen online auch für kleine Handwerksbetriebe ein Quantensprung sein kann und wie man sich attraktiv für neue Fachkräfte macht.   

Der Saarländer begann, sich 2018 eingehender mit der Digitalisierung zu beschäftigen und hat erkannt, dass sich das traditionelle Arbeiten in der Steuerberaterkanzlei und das Berufsbild insgesamt in Zukunft fundamental ändern werden. „Ich hätte locker auch noch bis zur Rente wie bisher weiterarbeiten können“, erklärt er, „aber da ich sehr unternehmerisch orientiert bin, habe ich mich dafür entschieden, die Kanzlei zukunftssicher aufzustellen.“

Die Kanzlei beschäftigt aktuell fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betreut Kunden in allen Branchen. Dabei handelt es sich vorwiegend um Unternehmensmandate, rechtsformübergreifend von der Kleinst-GmbH über bilanzierende Einzelunternehmer bis zu mittelgroßen Kapitalgesellschaften. Als Einzelkämpfer sieht er sich jedoch immer größer werdenden Herausforderungen bei der Steuerung übergreifender Aufgaben ausgesetzt: „Eine Kanzlei braucht heute ein professionelles Marketing, eine Kanzlei braucht ein professionelles Personalmanagement und Controlling.“ Da liegt es nahe, sich mit Kanzleien zusammenzuschließen, die die Situation genauso einschätzen und analysieren. Diese Kooperation ist allerdings Zukunftsmusik. Keine Zukunftsmusik hingegen ist die Umstellung auf digitale Prozesse in der Zusammenarbeit mit seinen Mandantinnen und Mandanten. Ohne diese Umstellung hätte er 2020 auch kaum das Label Digitale DATEV Kanzlei verliehen bekommen. Mit dem Label werden seit 2019 digital arbeitende Kanzleien ausgezeichnet. Das Label erhält, wer bestimmte Parameter in den unterschiedlichen Geschäftsfeldern einer Kanzlei erfüllen kann. Gemessen wird dies mithilfe eines von der Genossenschaft bereitgestellten Tools. Die Vergabe organisiert der DATEV-Außendienst, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die erste Anlaufstelle für die Mitglieder sind. Das Label hat sich zu einem beliebten Distinktionsmerkmal für digital arbeitende Kanzleien entwickelt, die mit der Auszeichnung ihre digitale Kompetenz nach außen tragen und sich so von anderen absetzen wollen.

Digitalisierung der Buchführung

Aus Jean-Claude Wies Sicht lag die Stärke seiner Kanzlei schon immer in einer sehr effizienten Abwicklung des kompletten Buchführungsprozesses vom Beleg zum Jahresabschluss. „Die Buchhaltung hatte immer schon eine sehr hohe Qualität. Insofern lag es nahe, diese zuerst anzugehen und von analog auf digital umzustellen.“  Gemeint sei hier in erster Linie das elektronische Bankbuchen, die Zusammenarbeit mit den Mandantinnen und Mandanten über Unternehmen online bis zur Übernahme von Daten aus Fremdsystemen über Schnittstellen. Immer mit dem Ziel, einen möglichst hohen Automatisierungsgrad zu erreichen. Um das Label erhalten zu können, bedurfte es im letzten Jahr zweier Digitalisierungsquoten „Gesamt“ und „Bank“ von jeweils 70 Prozent und einem Anteil von Mandantinnen und Mandanten mit digitalen Belegen von 40 Prozent. Diese Zahlen für das Rechnungswesen gelten unverändert auch für diejenigen, die 2022 das Label anstreben. Seine Mandanten jedenfalls konnte Jean-Claude Wies schnell von der digitalen Arbeitsweise überzeugen. Gerne erzählt er von einem Handwerksbetrieb, bei dem die Ehefrau des Besitzers die Buchführung erledigt hat. Sie habe seit jeher den Pendelordner vorbereitet, die Eingangsrechnungen gelocht, die Ausgangsrechnungen abgeheftet, den Belegordner vorsortiert und dann zum Steuerberater gefahren. „Für sie ist das jetzt hochspannend, die Belege per Drag-and-drop in Unternehmen online zu ziehen“, erklärt der Steuerberater. „Das ist ein Quantensprung, bei dem sie eine Menge Spaß hat und sich viel Zeit spart.“ Solche Mandate wünscht sich Jean-Claude Wies. Er muss immer die Bereitschaft erkennen, bei der Digitalisierung mitzumachen. Dann kann jeder zu ihm kommen. „Nur Dinos nehmen wir nicht mehr“, räumt er ein. Also Kunden, die sich beispielsweise weigerten, auf elektronisches Bankbuchen umzustellen.

Mit dem Label Digitale DATEV Kanzlei Fachkräfte anwerben

Nachdem die Kanzlei aus Heusweiler inzwischen komplett auf Digitalisierung setzt, wäre eine solche Zusammenarbeit mit analogen Mandaten auch nur schwer möglich. Jean-Claude Wies räumt gerne ein, dass er seinen Kunden und seinem Personal viel abverlangt. Schließlich hat er mit der Umstellung erst 2019 richtig angefangen und dann in einer Hauruckaktion den Schalter umgelegt: „Wir müssen mit Vollgas in die Zukunft.“ Nachdem alle Beteiligten an einem Strang gezogen haben, hat es gut funktioniert. Ein Jahr später erntet die Kanzlei mit dem Label Digitale DATEV Kanzlei, was sie zwei Jahre zuvor gesät hat. Probleme gab es auch: „Damit die Kennziffern auch wirklich stimmen, mussten wir erst einmal die Altdaten bereinigen“, so Jean-Claude Wies. Außerdem gebe es bei der Umstellung einer so großen Anzahl von Mandanten auf das elektronische Bankbuchen auch Verzögerungen.

Das Kanzleimotto lautet: mehr Zeit für individuelle Beratung in digitalisierten Abläufen. „Wir leben also eine nachhaltige Kanzleistrategie, bei der das Label eine große Rolle in der Kommunikation spielt“, sagt der Steuerberater. „Wir setzen mit der Kanzlei auch auf Social Media.“

Das Label spielt auch zusehends eine große Rolle, um neue Fachkräfte an Bord zu holen. „Unsere Hoffnung ist, dass wir über dieses Label auch digital affine und der Zukunft zugewandte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen.“ Darauf baut Jean-Claude Wies.

Label Digitale Kanzlei 2022

Anfang Oktober hat die Genossenschaft die neuen Kennzahlen bekanntgegeben, die eine Kanzlei erfüllen muss, um die Auszeichnung zu erhalten. Da die Parameter auch schon im letzten Jahr sehr sportlich waren, hat sich erst einmal nicht viel verändert. In Rechnungswesen und Personalwirtschaft sind sie gleichgeblieben. Neu ist eine Kennzahl aus dem Bereich Steuern. Der Anteil von Mandantinnen und Mandanten mit digitalen Est-Belegen muss jetzt bei fünf Prozent liegen.

Jean-Claude Wies wird die Anforderungen für 2022 erfüllen: „Wir sind perfekt aufgestellt, wir müssen nur den Schalter umlegen. Wir kennen unsere Kunden sehr gut und wissen genau, wo wir eine Umstellung problemlos realisieren können. Wenn wir diese auf DATEV Meine Steuern und digitale Einkommensteuerbelege umstellen, wird die Quote kein Problem sein.“

Sein Team und er entwickeln sich kontinuierlich weiter. Meine Steuern steht ganz oben auf der Agenda. Neben dem für die Bewertung neu hinzugekommenen Bereich Steuern, bleiben auch weitere Kennziffern relevant, unter anderem Lohn. Vor allem die Vorerfassung von Lohndaten in der Handwerksbranche sind eine Herausforderung. Eine Kanzlei muss hier oft den ganzen Service anbieten. Da Jean-Claude Wies viele Handwerksbetriebe zu seinen Mandanten zählt, weiß er einen Rat für seine Kolleginnen und Kollegen, die die Digitalisierungsquote voranbringen möchten: „Hier müssen die Berater in Vorleistung gehen. Sie müssen die Erfassung vereinfachen.“ Beispielsweise bei den vielen Schlüsseln, die für Ausfälle vorgesehen sind. Hier müsse man die Erfassungsmasken für die Kunden passend reduzieren, damit sich die Akzeptanz erhöht. Das würde er sich auch bei der Usability der DATEV-Programme wünschen: eine einfachere Bedienbarkeit. Schließlich hänge die Wettbewerbsfähigkeit eines Großteils der deutschen Wirtschaft auch von ihren Beratern ab. Da sei es essenziell, dass diese bei der Digitalisierung optimal aufgestellt seien. Um das zu dokumentieren „ist das Label eine super Sache. Ich freue mich schon auf die Plakette für 2022.“

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Dietmar Zeilinger

Redaktion DATEV magazin

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