Marina Eibl - 26. Januar 2023

Visionäre Unternehmerin

Marina Eibl im Interview: Master of Science, Steuerberaterin, Gründerin und Geschäftsführerin der Life Steuerberatungsgesellschaft in Berlin.

Mit Marina Eibl zu sprechen, ist erfrischend. Die Steuerberaterin hat den Schritt in die Selbstständigkeit vor dreieinhalb Jahren keine Sekunde bereut. 29 Jahre jung war sie da. „Eigentlich gab es für mich dazu nie eine ernsthafte Alternative. Meine eigene Chefin zu sein, meine Vision einer modernen Steuerberatung zu verwirklichen, das treibt mich an.“

Rasantes Wachstum – dank Digitalisierung …

Ihre Kanzlei ist inzwischen so schnell gewachsen, dass sie jetzt erst einmal den Fuß vom Gas nehmen muss. 15 Kolleginnen und Kollegen, das markiert für sie die Grenze, oberhalb derer sie eine Personalmanagementebene einziehen müsste, und das bedarf einer gewissen Vorbereitungszeit. Wie gelang es ihr in Zeiten grassierenden Fachkräftemangels, Mitarbeiter zu gewinnen? Die Antwort und zugleich der Schlüssel eigentlich zu allem, was ihre Kanzlei, die Life Steuerberatung, ausmacht, ist die konsequente Digitalisierung: „Es gab einige alte Kontakte“, so Marina Eibl, „aber tatsächlich werden eher wir online gefunden, als dass wir suchen. Ein USP ist die maximale Flexibilität, die wir bieten, meine Mitarbeiter arbeiten überwiegend im Homeoffice und leben zwischen Bremerhaven und Kempten – das war auch schon vor Corona so. Wir kommen zweimal im Jahr zum Betriebsausflug und zur Weihnachtsfeier zusammen. Feste Arbeitszeiten kennen wir nicht, es gibt keinen Präsentismus und keinen Dress-Code, dafür eine hohe Motivation für selbstständiges Arbeiten. In Berlin haben wir gerade mal vier Arbeitsplätze, vorwiegend für Azubis.“

… und Vertrauen in die Mitarbeiter

Funktionieren kann dies natürlich nur auf der Grundlage von Vertrauen auf der einen und Selbstdisziplin auf der anderen Seite. Alle Mitarbeiter müssen sich so organisieren, dass sie für die von ihnen betreuten Mandanten ansprechbar sind, telefonische Erreichbarkeit ist ein Muss. Klar ist: Die Arbeit muss selbstverständlich erledigt, Fristen und Termine müssen eingehalten werden. Jede Woche gibt es eine Videokonferenz, bei der sich alle zunächst 20 Minuten in Abwesenheit der Chefin austauschen können. Marina Eibl schaltet sich jeweils erst später zu, der freimütige Dialog im Plenum unter den Angestellten ist nicht nur möglich, sondern gewünscht.

Die Mandantschaft zieht mit

Was für die Mitarbeiter gilt, gilt in einem wesentlichen Punkt auch für die Mandantschaft. Auch sie ist über ganz Deutschland verteilt und auch sie ist vollständig digitalisiert, ja, muss es sein. Mandate von Unternehmen oder Privatpersonen, die da nicht mittun wollen oder können, werden abgelehnt, auch der üblicherweise gepflegte Kontakt zu den Mandanten von Angesicht zu Angesicht ist selten. Viele von ihnen kennt Marina Eibl nur über Videokonferenzen. Aber auch dies funktioniert bestens, denn wie sie selbst ist auch ihre Mandantschaft auf digitale Effizienz eingeschworen: Eine junge Unternehmergeneration, der Funktionalität wichtiger ist als Repräsentation, will es genau so. Die Kanzleiräume wären im Übrigen auch ungeeignet, um Mandanten angemessen zu empfangen. Was unter anderen Umständen also ein Handicap wäre, wird hier zum USP. Dass darum die Mandantenbetreuung keineswegs unpersönlich ist, dafür sorgt der rege gepflegte Austausch über Telefon und andere Kanäle, und nicht zuletzt strahlt auch das gute Arbeitsklima der Kanzlei auf die Mandanten ab. „Die Kontaktsperre durch Corona“, sagt Marina Eibl, „war hier ein Innovationstreiber. Da wir möglichst alle Fragen mit den Mandanten sofort telefonisch oder per Video klären, wird nichts aufgeschoben bis zu einem nächsten Treffen – und geht dann womöglich unter.“ Und wie arbeitet Marina Eibl selbst? Die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Automatisierung und Prozessoptimierung steht für die einstige IT-Projektmanagerin (die Steuerberatung kam erst später) ganz oben. Sobald etwas zweimal geschrieben, getan, durchdacht werden muss, gibt es ab dem dritten Mal eine Vorlage oder eine Best Practice. Kaum möglich ist bei ihrem Arbeitsstil allerdings eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit. Urlaub und Ausgleich sind der überaus reisefreudigen Marina Eibl sehr wichtig, aber ihr Notebook ist immer dabei, Internet-Konnektivität ist unverzichtbar, um die wichtigsten Anfragen zu bearbeiten. Für Reisen kommen daher vorzugsweise Orte mit permanentem Netzzugang infrage, gleich ob zu Land oder zu Wasser. Dennoch ist für Marina Eibl ganz klar: „Ich liebe es, die Welt zu erkunden! Der gesamte Betrieb in der Kanzlei muss sich dem Leben, meinen und den Bedürfnissen aller Mitarbeiter anpassen, nicht umgekehrt.“ Und die Zukunft? „Da spielt mein Bauchgefühl eine große Rolle. Vor dreieinhalb Jahren hatte ich noch keine Ahnung, wo wir heute stehen würden, wo wir in weiteren dreieinhalb Jahren stehen werden: Wer weiß?“

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Carsten Seebass

Redaktion DATEV magazin

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