Fiorella Hertelendy und Martin Grötecke haben das Ziel, die ökologische Belastung durch ihre Kanzlei auf das unvermeidbare Minimum zu reduzieren.
Fiorella Hertelendy betreibt mit Martin Grötecke in Mühltal, südöstlich von Darmstadt an den Ausläufern des Odenwalds gelegen, eine mittelständische Steuerberatungskanzlei mit 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihr Eintritt in die bereits bestehende Kanzlei ihres Geschäftspartners stand schon deshalb unter einem guten Stern, weil beide von derselben Idee beflügelt sind: die ökologische Belastung durch ihre Betriebstätigkeit auf das unvermeidbare Minimum zu reduzieren. Nun ist eine Kanzlei kein produzierender Gewerbebetrieb, in dem naturgemäß eine größere Menge Energie verbraucht und mehr CO2 ausgestoßen wird, mehr Abfall und Schadstoffe produziert werden, aber für Grötecke & Hertelendy ist dies kein Grund, sich nun guten Gewissens zurückzulehnen.
Alles kam auf den Prüfstand
Immer schon wachsam in Umweltbelangen, begannen die beiden vor rund fünf Jahren, sämtliche Prozesse in der Kanzlei auf den Prüfstand zu stellen, nicht in erster Linie, um sie ökonomisch, sondern ökologisch effizienter zu gestalten. „Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen uns sehr am Herzen und prägen unser gesamtes unternehmerisches Handeln. Am besten wäre es, der Nachwelt gar keinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen zu müssen“, so Fiorella Hertelendy, „aber da das nicht möglich ist, sollte er zumindest so klein wie möglich ausfallen.“ Und dafür wird in der Kanzlei einiges getan: Neue Mandanten werden nur bei uneingeschränkter Bereitschaft zur voll digitalen Mandatsführung angenommen, bei Bestandsmandaten wird für die Umstellung auf digitale Prozesse geworben. „Wenn man den Mandanten mitteilt, wie viel Papier sie in der Buchhaltung, bei Gehaltsabrechnung und Steuern durch unsere digitalen Prozesse sparen – vom Erfassen der Belege bis zur digitalen Bereitstellung an die Finanzverwaltung –, freuen sich alle. Denn vielen ist gar nicht bewusst, welches Einsparpotenzial hier liegt: Ökologisches Handeln hat immer mit bewussten Entscheidungen zu tun und bei einem notwendigen Übel wie der Abgabe der Steuererklärung wird der eigene Spielraum oft gar nicht als solcher wahrgenommen“, sagt Fiorella Hertelendy. Doch es geschieht natürlich noch mehr: „Alle, die in der Kanzlei arbeiten, erhalten ein Jobfahrrad, um emissionsfrei zur Arbeit kommen zu können. Hybrides Arbeiten ist selbstverständlich und erfolgt auch aus dem Homeoffice. Wir nutzen zu 100 Prozent Ökostrom, beteiligen uns an Müllsammelaktionen, am Stadtradeln und nehmen am WWF Earth Day teil, schalten das Licht für eine Stunde ab und geben den Mitarbeitern Tipps zum Energiesparen an die Hand. Über unsere eigene Webmeeting-Seite treten wir fast CO2-frei mit unseren Mandanten in Kontakt. Unterlagen werden über unseren sicheren Dateitransfer bereitgestellt. Niemand muss mehr ins Auto steigen, um Unterlagen einzureichen oder mit uns zu sprechen.“
Der Berufsstand sollte nachziehen
Anfangs wurde das ökologische Engagement der Kanzlei von anderen Berufskollegen ein wenig belächelt, aber das hat sich schon deshalb geändert, weil dieses längst zu einem USP bei der Mitarbeiterrekrutierung avanciert ist. Für viele Nachwuchskräfte ist es heute bei der Frage, wo sie sich bewerben, durchaus ein Kriterium, ob beim künftigen Arbeitgeber ein ökologisches Bewusstsein vorhanden und wirkungsmächtig ist oder nicht. Aber auch, wenn sie diesen USP dadurch einbüßen würde, wäre Fiorella Hertelendy froh, im gesamten Berufsstand hier ein größeres Engagement anzutreffen. Das größte Potenzial sieht sie dabei in der Digitalisierung, die noch viel entschlossener angepackt werden könnte: „Durch manche Kanzlei müsste man wirklich mal mit dem Staubwedel gehen.“
Für ihre eigene Kanzlei hat sie mittelfristig folgende Ziele: alle Mandate in einigen Jahren digital umgestellt zu haben, nicht mehr zweigleisig fahren zu müssen, unter maximaler Ressourcenschonung ein Optimum für ihre Mandanten zu leisten und ihren Mitarbeitern einen jederzeit interessanten Arbeitsplatz zu bieten, denn, so Hertelendy: „Steuerrecht kann durchaus Freude machen!“