Kanzleientwicklung - 23. Februar 2023

Standards sind wichtig

Die Kanzlei Zanin & Partner aus Weimar hat sich verkleinert – und wächst dennoch „extrem“, wie Partnerin Katy Licht und Mitarbeiterin Anett Goehre sagen. Wie machen die das?

DATEV magazin: Frau Licht, bitte stellen Sie uns die Kanzlei Zanin & Partner kurz vor.
KATY LICHT: Wir sind drei Berater, eine Fachwirtin und um die 18 Mitarbeiter. Zuletzt sind wir etwas kleiner geworden, wir waren mal 27 Mitarbeiter. Nicht alle Mitarbeiter sind mit der Entwicklungsgeschwindigkeit der Kanzlei zurechtgekommen, einige wollten auch den digitalen Weg nicht mitgehen. Und damals waren wir schlicht auch zu groß. Jetzt fühlen wir uns gut aufgestellt. Und trotzdem wächst die Kanzlei extrem, weil wir viel effizienter geworden sind.

Wenn Sie sich verkleinert haben, scheint der Fachkräftemangel bei Ihnen
gar nicht so akut zu sein wie bei vielen Berufskollegen.

ANETT GOEHRE: Ja, er ist sicherlich nicht so akut, aber doch Thema. Unser Arbeitsmarkt war schon vor Corona leer gefegt. Während der Pandemie haben sich viele weitere gute Steuerfachkräfte aus dem Markt verabschiedet und sind in Unternehmen gegangen, weil der Druck und die Arbeitsbelastung zu groß waren. Deswegen ist es auch so wichtig, selbst aus- und weiterzubilden. Unsere Scan-Fee zum Beispiel macht mittlerweile Bilanzen. Das hat sie sich selbst nie zu träumen gewagt, sie wollte uns nur beim Scannen unterstützen. Dafür hatten wir sie eingestellt, und nun hat sie sich so weiterentwickelt.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie mit der Kanzlei?
KATY LICHT: Die Standards sind ein ständiges Thema. Dass wir Standards festlegen und sich alle weitestgehend daran halten. Wie buche ich was wohin? Wie lege ich irgendwas ab, sodass alle Zugriff darauf haben? Wie melde ich mich am Telefon, wie gehe ich mit Mandanten um? Jeder hat seine eigene Handschrift, das ist klar. Aber das Gros muss stimmen und standardisiert sein. Es ist wirklich sehr wichtig, Buchungsstandards und Verhaltensstandards zu haben, an die sich alle halten – inklusive der Chefs. Und dann sind da noch die Abrechnungen der Corona-Hilfen. Aber für solche Spezialthemen haben wir kleine Teams gebildet, um dieses temporäre Wissen nicht auf alle auszurollen und damit etwas Druck herauszunehmen.

Stichwort Corona-Hilfen: Wie arbeitsintensiv waren die vergangenen zwei, drei Jahre?
KATY LICHT: Durch Corona haben wir natürlich viel Bewegung unter den Mitarbeitern gehabt. In diesen zweieinhalb Jahren haben wir sieben Leute eingestellt und uns von neun, zehn Leuten getrennt. Darunter waren auch langjährige Kräfte, die sich teilweise etwas Ruhigeres gesucht haben. Durch einige Mandanten wurde hoher psychischer und mentaler Stress an uns herangetragen. Gefühlt waren wir Ansprechpartner in allen Lebenslagen, auch zu vielen Themen, die nichts mit Steuerberatung zu tun haben. Trotzdem mussten wir die Beratung und die Abschlüsse gewährleisten. Wir kämpfen und rudern, aber es ist unter großem Einsatz machbar. Wir hatten aber auch mit psychischen Erkrankungen zu tun, mit Mitarbeitern, die mehrere Monate ausgefallen sind, was wir als Arbeitgeber abfangen mussten. 50-, 60-Stunden-Wochen wurden dadurch zur Normalität.
ANETT GOEHRE: Langsam habe ich das Gefühl, dass ich selbst wieder bestimme, wie ich arbeite, und nicht mehr die Arbeit diktiert, was wir machen. Ich hetze nicht mehr durch die Arbeit und reagiere nur noch, wie es lange Zeit der Fall war.
KATY LICHT: Da du gerade darüber redest, fällt mir ein, dass wir zwei tiefgreifende Entscheidungen getroffen haben: Wir haben Anfang 2021 entschieden, dass wir keine neuen Mandanten mehr aufnehmen, und waren damit eine der letzten Kanzleien hier in der Region. Wir haben stattdessen Wartelisten angelegt, die wir jetzt so langsam abarbeiten und selektieren, wie ordentlich der erste Eindruck von den Mandanten ist, ob die Chemie stimmt. Und die zweite Entscheidung: Wir haben zum Jahreswechsel 2021/22 rund 40 Mandate gehen lassen, mit denen die Zusammenarbeit nicht gepasst hat. Vor fünf Jahren hätten wir nicht im Traum daran gedacht, so einen Schritt zu gehen, niemals.

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TG
Thomas Günther

Redaktion DATEV magazin

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