Unter Uns - 27. Juli 2023

Mut und Authentizität

Kanzleien über mehre Generationen sind nichts Außergewöhnliches. Die Situation bei der Franz Reißner Treuhandgesellschaft mbH hingegen schon.

Kanzleien, die innerhalb der Familie von einer Generation auf die nächste übergehen, sind nichts Außergewöhnliches, die Situation in der Franz Reißner Treuhandgesellschaft mbH hingegen ist es schon. Denn diese Kanzlei, in den 1980er-Jahren von Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Wolfgang Hohl übernommen, wurde von ihm zu einem verzweigten Familienunternehmen ausgebaut, in dem auch seine drei Töchter und sein Sohn mittlerweile Schaltstellen besetzen. Die Rede ist von der FRTG Group, einem Zusammenschluss aus fünf Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften an 17 Standorten mit über 200 Angestellten. Wolfgang Hohl verkörpert jenen Typus des Steuerberaters, der sich zuallererst als Unternehmer und erst in zweiter Linie als Freiberufler sieht. Dieses Unternehmergen, so scheint es, wird in der Familie dominant weitervererbt.

Samstags am Küchentisch

Seine Tochter, Diplom-Kauffrau Julia Lampe, Digitale Kanzleimanagerin sowie Personalreferentin für das Gesamtunternehmen und inzwischen selbst Mutter zweier Töchter, erklärt die Konstruktion dieses Firmengeflechts mit der väterlichen Vorausschau: „Eine Nachfolgeregelung ist leichter zu treffen, wenn mehrere wirtschaftlich selbstständige Unternehmen unter einem Dach vereint sind, als wenn es sich um eine einzige entsprechend große Kanzlei handeln würde.“ Nichtsdestoweniger handeln Vater und Geschwister stets vereint und in enger Abstimmung: „Wir alle wohnen mit unseren eigenen Familien in unmittelbarer Nähe zur Kanzlei, und Samstagvormittag ist Jour fixe für alle: gemeinsames Frühstück am elterlichen Küchentisch. Da fallen dann die Entscheidungen.“

Digitalisierung …

Nach dem Studium und weiterer Qualifikation war es für Julia Lampe überraschend keine Option, ebenfalls als Steuerberaterin ins Unternehmen einzusteigen, denn das rasante Wachstum der FRTG Group erforderte in zwei anderen Bereichen ihr Engagement, die ihrer Neigung zudem entgegenkamen: der Personalführung und der digitalen Transformation. Ihr Motto: „Digitalisiert wird, was irgend digitalisierbar ist.“ Vor drei Jahren führte sie die digitale Rechnung als neuen Standard ein. „Natürlich gab es Mandanten, denen dies nicht gefiel, aber die sind ganz schnell verstummt, als ich anbot, weiterhin Rechnungen auf Papier mit gelber Post zu verschicken – freilich für eine Pauschale von 20 Euro für Porto und Handling. Und siehe da, plötzlich ging es eben doch digital.“ Ähnlich verfährt Julia Lampe mit Mandanten, die nicht mit DATEV Unternehmen online arbeiten und auf analogem Belegwesen beharren; da wird dann, gestaffelt nach tatsächlichem Aufwand, eine Digitalisierungspauschale von mehreren Hundert Euro fällig. „Der Steuerberater von morgen muss sich einfach auch einmal trauen, die Regeln der Zusammenarbeit neu zu definieren. Die Mandanten ziehen schon mit und erkennen die Vorteile in kürzester Zeit selbst.“

… und Personalarbeit

Das zweite große Thema ist das, was Julia Lampe empathiebasierte Personalführung nennt, und wenn man sie über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FRTG Group sprechen hört, spürt man sofort, dass dies für sie keine Management-Worthülse, sondern gelebter Berufsalltag ist. Die emotionale Bindung aller an das Unternehmen ist der Kern, aus dem Leistung und Verlässlichkeit entspringen, ihr eigener authentischer Auftritt ist Quell des Vertrauens in ihre Führungsrolle. „Wer immer mir im Haus begegnet, ich kenne die Namen, weiß auch, wer was macht und worüber wir das letzte Mal gesprochen haben.“ Dies hilft auch beim Recruiting. Bewerber bekommen sofort Antwort, ist man sich einig, ist der Arbeitsvertrag innerhalb von Minuten beim Bewerber. „Seid mutig und authentisch, streift das Elitebewusstsein ab und seid offen für neue Wege“, das ist zugleich auch der Rat, den sie dem Berufsstand geben möchte.

Zum Autor

Carsten Seebass

Redaktion DATEV magazin

Weitere Artikel des Autors