Praktikanten-Paket - 28. April 2016

Für einen modernen Beruf begeistern

Neue Mitarbeiter zu gewinnen, ist eines der neun Hand­lungs­felder im Stra­te­gie­papier der Bundes­steuer­be­ra­ter­kammer (BStBK). Zu­sammen mit der DATEV hat sie ein Prak­ti­kan­ten­paket ent­wickelt, das Schüler und Stu­den­ten für das an­spruchs­volle Ar­beits­um­feld der Steuer­be­ra­tung be­geis­tert. Im Inter­view spricht Carsten Fischer über die be­rufs­po­li­tischen Gründe und Alexander C. Schüffner über diese Maß­nahmen in der Praxis.

Carsten Fischer, Präsidium der Bundessteuerberaterkammer

Ein Berufspraktikum soll jungen Erwachsenen Erfahrungen in der Arbeitswelt verschaffen. BStBK und DATEV haben gemeinsam ein Praktikanten-Paket erarbeitet. Wie entstand die Idee und welche Ziele verfolgen Sie damit?

CARSTEN FISCHER: Die Idee entwickelte sich vor allem aus dem Wunsch der Steuerkanzleien heraus, Schüler und Studenten für das Berufsfeld zu begeistern und ihnen die damit verbundenen Tätigkeiten näher­zu­bringen. Die vielfältige Arbeit einer Steuerkanzlei ist für die meisten Menschen in Deutschland ein un­be­kann­tes Terrain. Wir haben daher eine um­fas­sende, sys­te­ma­tische und strukturierte Arbeitsunterlage entwickelt, mit der wir den Berufsstand unterstützen möchten, den Nachwuchs in die Welt der Steuerberatung einzuführen – das Praktikanten-Paket. Mit dem Praktikanten-Paket kann sich eine Kanzlei innerhalb des Praktikumszeitraums ein Bild von den Problemlösungs- und Sozialkompetenzen eines jungen Erwachsenen machen. Die ge­wähl­ten Musterszenarien sind so konzipiert, dass ein Gymnasiast, ein Real- oder Wirtschaftsschüler diese selbstständig ohne Überforderung auch in einer Woche überblicken und bearbeiten kann. Bei Eignung und Bindung der Praktikanten können sich Kanzleien die teure Talentsuche ersparen. Das Verschwiegenheitsgebot der Steuerberatung stand dem Instrument der Personalrekrutierung bislang entgegen. Mithilfe dieser Unterlagen können Steuerberater ihre Praktikanten mit praxis­getreuen Aufgaben beschäftigen, ohne Einblicke in die Unterlagen ihrer Mandanten gewähren zu müssen.

Was beinhaltet das Praktikanten-Paket?

„Mit dem Praktikanten-Paket kann sich eine Kanzlei ein Bild von den Problemlösungs- und Sozialkompetenzen eines jungen Erwachsenen machen.“

CARSTEN FISCHER: Anhand der Erzählung eines fiktiven Alltags werden dem Praktikanten zu Beginn die verschiedenen Facetten der Steuerberatung aufgezeigt. Der Praktikant erhält dabei Einblicke in die Grundlagen des Rechnungswesens und Ein­kom­men­steuer­rechts und lernt unter anderem, was ein Konto ist oder wie man einen Beleg bucht. Ein begleitendes Übungsheft unterstützt den Prak­ti­kanten dabei, die Grundlagen zu verstehen und zu vertiefen. Im Selbststudium bearbeiten die jungen Er­wach­se­nen an­schließend Praxisfälle aus der Fi­nanz­buch­führung und der Einkommensteuer. Auch die dafür erforderlichen Musterbelege sind Bestandteil des Praktikanten-Pakets. Ganz praxisnah kann der Musterfall zum Rechnungswesen auch mit DATEV-Programmen gelöst werden, die Musterdaten in SKR 03 und SKR 04 stehen ebenfalls zum Download zur Verfügung.

Was sollten Steuerberater bei der Anwendung des Pakets beachten?

CARSTEN FISCHER: Es sollte ein Arbeitsplatz mit PC und den heruntergeladenen Musterdateien vorhanden sein, damit mit diesem Bestand gearbeitet werden kann. Beispielsweise durch den Einsatz der DATEV-Anwendung NUKO (Nutzungskontrolle) ist sichergestellt, dass ein Praktikant ausschließlich mit den Musterdaten arbeitet. Daneben sollte ein Mentor, Pate oder Prak­ti­kums­be­gleiter benannt werden, mit dem der Praktikant die Aufgaben besprechen sowie einen Einsatzplan mit grober Zeit- und Themenstruktur erstellen kann.

Warum sind Sie davon überzeugt, dass das Praktikanten-Paket, so, wie es jetzt ist, für Praktikanten und Steuerberater hilfreich ist?

CARSTEN FISCHER: In erster Linie bietet das Paket eine spürbare Entlastung für die Kanzlei: Der Praktikant kann ziel- und ergebnisorientiert arbeiten und sieht darüber hinaus auch den Erfolg seiner Arbeit.
Die Kanzlei hat jederzeit Zugriff auf die kostenlosen Downloads und kann diese in der aktuellen Version selbstverständlich auch ausdrucken.
Außerdem reduzieren die Musterfälle Komplexität und bringen trotzdem die wichtigsten Routinen spielerisch zur Sprache. Abgerundet wird das Training durch Arbeitshefte und Übungen, die die Ergebnisse und Fortschritte des Praktikanten festhalten.

Worauf mussten Sie beim Erstellen der Fälle und Arbeitsmappen besonders achten und was macht diese aus?

CARSTEN FISCHER: Uns war es wichtig, mit dem Praktikanten-Paket die Sprache der Jugendlichen zu treffen, um zu zeigen: Steuerberatung ist modern und aktuell. Da wir es bei einem Praktikanten natürlich noch nicht mit einer fertig ausgebildeten Steuerfachkraft zu tun haben, sondern mit einem interessierten Laien, haben wir nach einfachen Beispielen gesucht, in denen das Prinzip einer ordnungsgemäßen Buchführung in kurzer Zeit verständlich gemacht wird.

Sind Erweiterungen oder Aktualisierungen für das Praktikanten-Paket geplant?

CARSTEN FISCHER: Immer wenn neue Funktionalitäten in den jeweiligen Programmen frei­ge­geben werden, gibt es entsprechende Anpassungen. Und natürlich sind wir stets bemüht, Anregungen des Anwenders und der Steuerkanzleien umzusetzen, wenn dieser Wunsch auf eine breitere Basis stoßen würde.

Alexander C. Schüffner, Steuerberater

Wie ist das Praktikum bei Ihnen zustande gekommen und wie haben die ersten Schritte ausgesehen?

ALEXANDER C. SCHÜFFNER: Praktika können auf unterschiedliche Weise zustande kommen. Manchmal bekommen wir zum Beispiel eine Anfrage von einem Mandanten. Steuerberater haben aber auch die Möglichkeit, auf der Website www.mehr-als-du-denkst.de einen Praktikumsplatz anzubieten, und interessierte Jugendliche können hier nach Praktikumsangeboten suchen. Als Vizepräsident der Steuerberaterkammer Berlin finde ich es nützlich, wenn aktuelle Praktikumsplätze auf unseren Internetseiten schnell zu finden sind. Darüber hinaus gibt es diverse lokale Initiativen, die sich um eine bessere Verzahnung von Schule und Wirtschaft kümmern. Beispielhaft genannt sei hier das deutschlandweit agierende Netzwerk „Schulewirtschaft“.

Was ist über den Einsatz des Pakets organisatorisch wichtig?

„Bei einem Praktikum ist generell zu beachten, dass man den Praktikanten dort abholt, wo er herkommt.
Die Kenntnisse und Möglichkeiten variieren stark.“

ALEXANDER C. SCHÜFFNER: Bei der Durchführung eines Praktikums ist generell zu beachten, dass man den Praktikanten dort abholt, wo er herkommt. Die Kenntnisse und Möglichkeiten variieren stark. Sie sind unter anderem abhängig von den in der Schule erworbenen Vorkenntnissen. In jedem Fall sollte für den Praktikanten ein Betreuer benannt werden, der nicht nur Ansprechpartner ist, sondern auch ein geeigneter Botschafter für den Beruf Steuerfachangestellter. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Praktikum auch Spaß macht. Der Praktikant sollte am Anfang die Möglichkeit bekommen, seinem Betreuer bei der Arbeit über die Schulter zu schauen.
Wichtig ist zudem, dass ein Praktikum vielseitig gestaltet wird. Vor diesem Hintergrund sind auch Tätigkeiten, die im Rahmen der Büroorganisation anfallen wichtig. Ebenso können Mandantengespräche für geeignete Praktikanten interessant sein.

Wie unterstützt Ihrer Erfahrung nach ein Praktikum, damit sich qualifizierte Jugendliche für eine Berufsausübung im Steuerberaterbereich entscheiden können?

ALEXANDER C. SCHÜFFNER: Grundvoraussetzung ist selbstverständlich, dass die Erfahrungen positiv sind. Natürlich muss der Praktikant aber auch ein paar Eigenschaften mitbringen. Denn für die Arbeit als Steuerfachangestellter sind Freude am Umgang mit Menschen und ein Gefühl für Zahlen wesentlich. Darüber hinaus sollte ein zukünftiger Steuerfachangestellter Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen sowie an steuerrechtlichen und rechtlichen Fragestellungen haben. Arbeitet er darüber hinaus noch gerne im Team und am PC, sprechen bereits einige Gründe dafür, dass er sich nach einem Praktikum für eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten entscheidet.

Was war besonders sinnvoll im Praktikumsverlauf?

ALEXANDER C. SCHÜFFNER: Ein Praktikum ist immer dann sinnvoll, wenn der Praktikant vor dem Hintergrund seiner Fähigkeiten einen realistischen Überblick über die Arbeit in einem Steuerbüro bekommt. Ein guter Mix zwischen den bereits beschriebenen Arbeiten ist dafür sicher eine Bedingung. Im Anschluss an das Praktikum sollte der Praktikant in der Lage sein, eine eigenständige Entscheidung über eine mögliche Ausbildung zum Steuerfachangestellten zu fällen.

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Weitere Informationen zu Per­so­nal ge­winnen und bin­den: Un­ter­stüt­zungs­ma­te­rialen für Prak­ti­kanten in der Kanz­lei finden Sie unter: www.datev.de/arbeitgeber-stb

Zu den Autoren

Astrid Schmitt

Redaktion DATEV magazin

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Alexander C. Schüffner

Steuerberater, Vizepräsident der Steuerberaterkammer Berlin

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CF
Carsten Fischer

Präsidialmitglied BStBK und Präsident der StBK Niedersachsen, Mitbegründer der Fischer Deeken Buntrock Steuerberater Partnergesellschaft

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