Künstliche Intelligenz - 28. August 2023

„Ich würde es wieder machen“

Steuerberater Torsten Beck erzählt, was ihm der Automatisierungsservice unter dem Strich bringt und was Einsteiger bei der Einführung beachten sollten.

Die Kanzlei Deist und Hellmer nutzt den DATEV Automatisierungsservice Rechnungen seit dessen Freigabe im April 2021. Im Interview spricht Geschäftsführer und Steuerberater Torsten Beck darüber, wie seine Mitarbeiter Vertrauen in die KI-gestützten Prozesse gewannen und was Einsteiger beachten sollten, wenn sie den Automatisierungsservice in der Kanzlei einführen.

Herr Beck, Sie nutzen in Ihrer Kanzlei den Automatisierungsservice Rechnungen schon seit es ihn gibt. Wie kamen Sie dazu?

Ich habe damals irgendwo gelesen, dass es diesen Service gibt und dass er funktionieren soll. Wir haben das dann bei einem Mandat getestet, bei dem mehrere Monate nachzubuchen waren. Fast 2.000 Rechnungen haben wir damals mit dem Automatisierungsservice gebucht, und das hat so gut funktioniert, dass wir beschlossen haben, wir stellen überall um, wo es möglich ist.

Können Sie kurz beschreiben, wie Sie damals bei der Einführung vorgegangen sind?

Ich habe mir einen Kollegen geschnappt und wir haben uns einen ganzen Freitag lang an einen Rechner gesetzt, haben jeden Buchhaltungsbestand durchgesehen und haben, wo es passte, den Automatisierungsservice einfach aktiviert.

Ohne Ihre Mitarbeiter einzubinden?

Ja, denn am Ende des Tages scheitert es genau daran, dass Mitarbeiter nicht umstellen oder eben mitteilen, dass die Unterstützung durch die KI nichts bringt.

Gab es denn Widerstände oder Ängste bei den Mitarbeitern, beispielsweise vor einem Arbeitsplatzverlust?

Diese Ängste gab es, nicht nur bei der KI. Wir haben hier ab 2019 massiv digitalisiert, da gab es auch schon die Angst, dass die Digitalisierung den Menschen die Arbeit wegnimmt. Dazu kommt, dass bei Einigen das Vertrauen in die Technik nicht da ist. Wenn man gestandene Buchhalter kennt, ich bin auch einer, die haben immer anhand von Belegen gebucht und das ordentlich gemacht. Diese Kontrolle verliert man, wenn man automatisch buchen lässt. Davor haben viele Angst.

Wie gehen Sie damit um?

Wir haben diese neue Funktion pilotiert, über die man in der Primanota oder beim Belege buchen gezielt die Buchungssätze sehen und prüfen kann, die automatisch gebucht wurden. Man sieht auch, welche Buchungssätze aus der KI und welche aus der Lerndatei kommen. Damit gewinnen die Mitarbeiter mehr Vertrauen in die Technik.

Die Funktion ist mit der August-Version von Kanzlei-Rechnungswesen freigegeben worden

Genau, mit der Version 17.0.

Nachdem Sie jetzt sehr einfach kontrollieren können: Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem automatischen Buchen? Passieren da Fehler?

Sehr wenige, wenn der Buchführungsbestand geeignet ist. Der Automatisierungsservice ist kein Allheilmittel. Aber für einen Großteil der Buchführungen ist er einfach eine optimale Unterstützung. Die Fehlerrate ist sehr gering und die KI wird immer besser. Mittlerweile können sogar unterschiedliche Steuersätze gebucht werden.

„Wenn man den Automatisierungsservice nutzt, dann bitte auch drei- oder vierstellige Umsatzsteuerschlüssel“

Es werden jetzt auch automatisch die neuen dreistelligen Buchungsschlüssel vorbelegt. Nutzen Sie das?

Ja. Wir haben mit dem Automatisierungsservice umgestellt auf die drei- oder vierstelligen Buchungsschlüssel, um der KI die Möglichkeit zu geben, die differenzierten Umsatzsteuersachverhalte zu lernen. Das können die zweistelligen Umsatzsteuerschlüssel nicht, erst die dreistelligen geben diese Informationen mit. Ich würde auch empfehlen, das zu tun. Wenn man den Automatisierungsservice nutzt, dann bitte auch drei- oder vierstellige Umsatzsteuerschlüssel.

Um die KI anzulernen?

Genau. Im ASR-Live-Talk war ich bisher bei zwei Veranstaltungen als Referent dabei. Da habe ich auch mit den Kollegen gesprochen, die den Automatisierungsservice technisch vorstellen. Die sagen, die drei- beziehungsweise vierstelligen Umsatzsteuerschlüssel gibt es genau aus diesem Grund: Damit die KI die Steuersachverhalte lernt, auch alle neuen.

Sie meinen den Live-Talk von DATEV zum Automatisierungsservice?

Ja. Das ist eine Veranstaltung für Kanzleien, von Praktikern für Praktiker, die kann man über DATEV buchen. Das war in der Region Mitte und in der Region Süd. Jetzt am 26. September findet das noch mal in der Region Mitte statt.

Gehen wir einen Schritt zurück zur künstlichen Intelligenz. Die muss in der Regel lernen, bevor sie richtig effektiv arbeitet. Haben Sie diese Erfahrung auch gemacht?

Ja, diese Erfahrung haben wir auch gemacht. Wir pilotieren gerade den neuen Automatisierungsservice Bank, da sieht man auch wieder diese Lernkurve: im ersten Monat läuft es an und jetzt im dritten, vierten Monat habe ich mithilfe der KI schon eine Trefferquote von bis zu 95 Prozent. Man muss der Technik auch eine Chance geben – und natürlich in das Rechenzentrum sichern. Das ist sehr wichtig, sonst lernt nämlich die KI nichts.

Kontrollieren Sie, ob Sie durch die Automatisierung Zeit einsparen?

Ja, natürlich, mit Hilfe des Mandantenanalysetools von DATEV. Wir haben beispielsweise einen Buchführungsfall, der ist von vier Tagen Bearbeitungszeit pro Monat runter auf einen Tag.

Nur durch den Automatisierungsservice?

Nein, das war nicht nur der Automatisierungsservice, sondern auch anderen Maßnahmen wie der Einsatz der Lerndatei, das Einspielen von Belegen über Unternehmen online und so weiter – was DATEV halt so anbietet.

Abgesehen von der Zeitersparnis, was hat Ihnen der Automatisierungsservice unter dem Strich gebracht?

Die Zeitersparnis spielt schon eine große Rolle. Dadurch konnten wir in anderen Bereichen, in denen ich die automatische Unterstützung nicht habe, die Arbeitszeit besser einsetzen. Und wir konnten eine höhere Qualität in der Buchführung schaffen, weil wir uns viel intensiver damit beschäftigen können. Wir haben mehr Zeit für Schulungen für die Mitarbeiter, speziell zur Digitalisierung, und wir konnten den Termindruck minimieren und sogar noch weitere Aufträge im Bereich der Fibu annehmen.

Würden Sie sagen, der Automatisierungsservice ist bei Ihnen ausgereizt oder sehen Sie noch Optimierungspotenzial?

Wir haben den momentan weitestgehend ausgereizt, weil wir ihn bei allen Buchhaltungsbeständen bestellt haben, bei denen es ging.

Bei wie vielen Ihrer Bestände setzen Sie den Automatisierungsservice ein?

Wir haben gut dreihundert Buchführungsbestände. Bei etwa einem Drittel setzen wir den Automatisierungsservice ein.

„Schnittstelle geht vor Automatisierungsservice“

Warum nicht bei den anderen Beständen?

Entweder liegt es am Bestand, mit dem die Automatisierung noch nicht zurechtkommt oder ich brauche den Automatisierungsservice nicht, weil die Ausgangsrechnungen über Schnittstellen eingespielt werden. Das ist beispielsweise bei Onlineshops der Fall. Da würde ich nie den Automatisierungsservice bestellen. Hier als Tipp: Schnittstelle geht vor Automatisierungsservice.

Gibt es Features, die Sie sich noch wünschen würden?

Features nicht, aber ich wünsche mir, dass die Automatisierung auch bei weiteren Beständen funktioniert, bei Beständen mit Ärzte-Kontenrahmen beispielsweise oder bei Beständen, die über DATEV Unternehmen online erweitert laufen.

Können Sie Ihren Berufskollegen Tipps für die Einführung des Automatisierungsservice mitgeben?

Man sollte sich mithilfe der von DATEV zur Verfügung gestellten Hilfedokumente die Bestände angucken und dann gezielt die geeigneten Buchführungen umstellen. Man sollte sich nicht von Mitarbeitern sagen lassen, dass das nicht funktioniert. Und man braucht ein regelmäßiges Controlling, denn es bringt nichts, den Automatisierungsservice zu bestellen, wenn die Mitarbeiter ihn nicht nutzen, sondern letztendlich alles analog buchen.

Ihr Fazit?

Ich würde es wieder machen.

Weitere Informationen