Aktuelle, teils höchstrichterliche Urteile verdeutlichen, dass die Anforderungen bei der Aufspaltung eines Unternehmens exakt einzuhalten sind, um mit Blick auf vermietete Grundstücke eine Begünstigung des Betriebsvermögens zu erhalten.
Ziel einer erbschaftsteueroptimierten Nachfolgegestaltung ist, möglichst viel Vermögen begünstigt auf die nächste Generation oder andere Begünstigte zu übertragen. Begünstigungsfähig sind insbesondere inländisches Betriebsvermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und Anteile an Kapitalgesellschaften mit einer Mindestbeteiligung von mehr als 25 Prozent. Dabei kann die Mindestbeteiligung auch durch Abschluss von Poolverträgen erreicht werden (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Nicht begünstigt ist jedoch Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 4 ErbStG) mit Ausnahme eines zehnprozentigen Kulanzpuffers oder Schutzzuschlags (§ 13b Abs. 7 S. 1 ErbStG). Der Kulanzpuffer findet keine Anwendung, wenn das Verwaltungsvermögen innerhalb der letzten zwei Jahre vor Übertragung angeschafft (§ 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG) oder umgeschichtet wurde.
Begünstigung für vermieteten Grundbesitz?
Neben beispielsweise Kunstgegenständen, Wertpapieren oder einem Oldtimer beziehungsweise einer gewissen Menge an Finanzmitteln stellen insbesondere auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke grundsätzlich Verwaltungsvermögen dar, unabhängig von der Entgeltlichkeit. Unschädlich ist folglich natürlich die eigene Nutzung, aber auch eine zwischenzeitlich gegebene Nichtnutzung. Für Dritte zur Nutzung überlassene Grundstücke sieht der Gesetzgeber Ausnahmen von der Verwaltungsvermögenseigenschaft unter anderem für den Fall vor, dass der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschafterinnen und Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte (§ 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 1a Alt. 1 ErbStG). Auf die weiteren Ausnahmen, wie etwa Grundstücke im Sonderbetriebsvermögen, Betriebsverpachtung im Ganzen, Nutzungsüberlassung im sogenannten § 4h EStG Konzern, das „Wohnungsunternehmen“, die Verpachtung zum Absatz eigener Produkte oder die Verpachtung zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, soll an dieser Stelle noch hingewiesen werden.
Begriff der Betriebsaufspaltung
Grundsätzlich kann für die Prüfung des § 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 1a Alt. 1 ErbStG auf die ertragsteuerlichen Grundsätze der Betriebsaufspaltung verwiesen werden; so wird in R E 13b.14 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019 das Wort „Betriebsaufspaltung“ verwendet und auf die Einkommensteuerrichtlinien verwiesen. Im Gesetzestext wird die Betriebsaufspaltung nicht wörtlich erwähnt. In besonderen Konstellationen, etwa kapitalistische Betriebsaufspaltung oder umgekehrte Betriebsaufspaltung (vgl. R E 13b.14 Abs. 1 S. 7 und S. 8 ErbStR 2019), sollte vorsorglich geprüft werden, ob ertragsteuerliche Grundsätze eins zu eins übertragen werden können und die Verwaltungsvermögenseigenschaft der Grundstücksüberlassung entfällt. So lässt der BFH in seinem Urteil vom 16. März 2021 (Az. II R 3/19) offen, „ob mit der Finanzverwaltung davon auszugehen ist, dass die gesamten Voraussetzungen der ertragsteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung erfüllt sein müssen“.
Ertragsteuerliche Grundlagen der Betriebsaufspaltung
Für eine Betriebsaufspaltung müssen sowohl die sachliche als auch die personelle Verflechtung erfüllt sein. Die sachliche Verflechtung liegt grundsätzlich vor, wenn ein Besitzunternehmen Wirtschaftsgüter an ein Betriebsunternehmen überlässt. Diese Wirtschaftsgüter müssen für das Betriebsunternehmen wesentlich sein. Die personelle Verflechtung liegt grundsätzlich vor, wenn die gleichen Personen im Besitz- und Betriebsunternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen können. Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung wurden durch den RFH entwickelt und sind durch den BFH bestätigt worden. Eine gesetzliche Definition findet sich lediglich in § 50i Abs. 1 S. 4 EStG. Wesentliche ertragsteuerliche Konsequenzen sind die Umqualifizierung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte mit entsprechender Gewerbesteuerpflicht sowie die Steuerverhaftung der Wirtschaftsgüter des Besitzunternehmens. Für den häufigen Fall der Überlassung einer Betriebsimmobilie hat dies beispielsweise zur Folge, dass diese nicht mehr nach zehn Jahren steuerfrei veräußert werden kann (vgl. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG). Diese ertragsteuerlichen Nachteile sind im Einzelfall gegen mögliche erbschaftsteuerliche Vorteile abzuwägen, solange noch keine Betriebsaufspaltung vorliegt. Wurde bereits eine Betriebsaufspaltung begründet, ist darauf zu achten, dass auch die erbschaftsteuerlichen Kriterien erfüllt werden.
Betriebsaufspaltung vor und nach Übertragung
Wichtig ist, dass die Rechtsstellung des Erblassers oder Schenkers auf den Erwerber übergeht (§ 13b Abs. 4 Nr. 1a) ErbStG, R E 13b.14 Abs. 3 ErbStR 2019). Es reicht somit nicht aus, dass eine Betriebsaufspaltung vor der Übertragung vorlag. Schädlich wäre regelmäßig, wenn man das Besitz- und das Betriebsunternehmen auf unterschiedliche Erwerber übertragen würde. Insbesondere vor einem Erbfall sollte sichergestellt werden, dass die Regelungen im Testament oder Erbvertrag und die Nachfolgeklauseln beziehungsweise Vinkulierungsklauseln in den Gesellschaftsverträgen ein Auseinanderfallen von Besitz- und Betriebsgesellschaft verhindern. Es reicht auch nicht aus, dass durch eine Schenkung oder einen Erbfall erstmalig eine Betriebsaufspaltung begründet wird.
Lohnsummen berücksichtigen
Hinsichtlich der Lohnsummenregelung ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Lohnsumme als auch die Anzahl der Mitarbeiter der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft zusammenzurechnen sind (§ 13a Abs. 3 S. 13 ErbStG).
Aktuelle Rechtsprechung
In mehreren Urteilen hat der BFH zuletzt zu Fragestellungen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung von Grundbesitz im Kontext der Betriebsaufspaltung Stellung genommen oder kann sich noch positionieren. Aber auch Urteile im ertragsteuerlichen Kontext können als Wegweiser für die erbschaftsteuerliche Gestaltung dienen. Eine Auswahl wesentlicher Entscheidungen wird nachfolgend komprimiert dargestellt.
Auch ein Dritter kann Erbe sein
Der BFH lehnt es ab, eine von den Erben mit mehr als 99 Prozent beherrschte GmbH mittels verfassungskonformer Auslegung nicht als Dritten im Sinne des § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 ErbStG anzusehen. Nach Auffassung des BFH verbietet sich eine weite Auslegung des Begriffs „Dritter“. Neben den Erben war der Erblasser mit weniger als einem Prozent an der GmbH beteiligt. Das der GmbH überlassene Betriebsgrundstück gehörte ausschließlich dem Erblasser. Die Annahme der Personengruppentheorie lehnte der BFH ebenfalls ab (Az. II R 22/18 vom 02.12.2020 – „Autohaus Baden-Württemberg“); gegen das Urteil wurde Verfassungsbeschwerde erhoben (Az. 1 BvR 1493/21).
Faktische Beherrschung könnte ausreichen
In einer weiteren Entscheidung, die zufälligerweise ebenfalls die Nachfolge eines Autohauses betraf (Az. II R 26/18 vom 23.02.2021), hatte der BFH auch über die Frage der personellen Verflechtung zu entscheiden. Der BFH stellt zwar fest, dass eine faktische Beherrschung des Besitz- und Betriebsunternehmens im Einzelfall ausreichen kann, dabei müsste aber der rechtlich herrschende Gesellschafter den Willen des faktisch Herrschenden befolgen müssen und die objektive Feststellungslast müsste derjenige tragen, der hieraus die günstigeren Folgen für sich ableite. Diese strengen Anforderungen konnten nur durch den Einfluss auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung ohne Möglichkeit auf die Erlangung einer Stimmenmehrheit nicht erfüllt werden. Wie bereits in der ersten Autohaus-Entscheidung bestätigt der BFH, dass es nicht ausreicht, wenn die Nutzungsüberlassung an den künftigen Erben erfolgte. In einem weiteren Urteil (Az. II R 3/19 vom 16.03.2021) hatte der BFH die Gelegenheit, die Voraussetzungen der faktischen Beherrschung zu prüfen, und lehnte diese ab. Dabei hält der BFH fest, dass für das Vorliegen einer faktischen Beherrschung stets die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind. Daher gilt für Nachfolgegestaltungen die klare Empfehlung, eine faktische Beherrschung mit der Finanzverwaltung abzustimmen oder möglichst eindeutige Stimmenmehrheiten für Übergeber und Erwerber zu gestalten.
Weitervermietung ist schädlich
Für einen Fall beim Finanzgericht Münster (Az. 3 K 1429/17 F vom 03.12.2020) wurde bestätigt, dass das Vorliegen eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu beurteilen ist. Im vorliegenden Fall wurde zwar festgestellt, dass eine Betriebsaufspaltung vorlag, jedoch lag durch eine Weitervermietung ein Fall der Rückausnahme vor, sodass das Finanzgericht Münster die Verwaltungsvermögenseigenschaft bejahte. Die Revision beim BFH ist anhängig (Az. X R 5/19).
Betriebsaufspaltung und minderjährige Kinder
Das BFH-Urteil vom 14. April 2021 (Az. X R 5/19) betraf zwar auch einen Nachfolgesachverhalt, jedoch hatte der BFH zu beurteilen, ob aus ertragsteuerlicher Sicht nach dem Erbfall des Vaters eine Betriebsaufspaltung eingetreten war, die zu gewerblichen Einkünften aus der Grundstücksvermietung geführt hätte. Der Erblasser war Alleineigentümer einer (Betriebs-)GmbH und seine Ehefrau vermietete der GmbH ein ihr gehörendes Grundstück (sogenanntes Wiesbadener Modell – zur Vermeidung einer Betriebsaufspaltung). Erben des Vaters waren die Ehefrau zur Hälfte sowie die beiden minderjährigen Söhne zu je einem Viertel in Erbengemeinschaft. Zusammengefasst wurden in diesem Fall die Stimmen der minderjährigen Kinder nicht der Mutter zugerechnet, da in Bezug auf die Gesellschafterstellung der Kinder Ergänzungspflegschaft angeordnet war. Im Ergebnis wurde hier eine Betriebsaufspaltung verneint. Dieses Urteil verdeutlicht, dass Unternehmensnachfolgen mit Minderjährigen besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. So sind beispielsweise auch Konstellationen denkbar, bei denen es durch die Ergänzungspflegschaft zu der Beendigung einer bestehenden Betriebsaufspaltung kommt und damit unerwünschte erbschaft- und ertragsteuerliche Folgen eintreten.
Beherrschungsidentität bei treuhänderischer Bindung?
Ob eine personelle Verflechtung vorlag, hatte der BFH (Az. IV R 31/19 vom 20.05.2021) für den Fall zu beurteilen, in dem eine Gesellschafterin nur gemeinsam mit den von ihr treuhänderisch gehaltenen Stimmen über die Mehrheit der Stimmen verfügte. Der BFH verneint dies, da die Treuhänderin den gegenüber ihren Treugebern bestehenden Treuepflichten ihre eigenen Interessen unterzuordnen habe. Auch wenn der Urteilsfall keine Unternehmensnachfolge betraf, mahnt das Urteil, auch in Treuhandkonstellationen wachsam zu sein. Im unerwarteten Erbfall wäre hier das Besitzunternehmen voraussichtlich unverschont geblieben.
Fazit
Die aktuellen Urteile zeigen, dass auch für die Nachfolge innerhalb familiär verbundener Unternehmen die Anforderungen an eine Betriebsaufspaltung exakt einzuhalten sind, um in den möglichen Genuss der Betriebsvermögensbegünstigung für ein vermietetes Grundstück zu gelangen. Die nicht vorhandene oder durch eine Nachfolge beendete Betriebsaufspaltung kann zu einer unerwünschten und häufig vermeidbaren Erbschaftsteuerbelastung führen. Bei nicht eindeutigen Sachverhalten ist vor einer Schenkung möglichst eine verbindliche Auskunft einzuholen oder der Sachverhalt eindeutig zu gestalten. Dabei sollten eventuelle erbschaftsteuerliche Vorteile mit eventuellen ertragsteuerlichen Nachteilen abgewogen werden. Testamente und Gesellschaftsverträge sollten regelmäßig überprüft und an die aktuellen Gegebenheiten sowie die aktuelle Rechtslage angepasst werden. Besonders für ungeplante Nachfolgen ist es von großer Bedeutung, dass Testamente und Gesellschaftsverträge synchronisiert sind.
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