Einkommensteuer - 5. Januar 2024

Kein Rechtsschutzbedürfnis für Klage eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung der Energiepreispauschale

FG Hamburg, Mitteilung vom 05.01.2024 zum Gerichtsbescheid 1 K 163/23 vom 18.10.2023 (rkr)

Einer Klage eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung der Energiepreispauschale fehlt das Rechtsschutzinteresse, weil der Arbeitgeber nicht Schuldner der Energiepreispauschale ist. Solange die Energiepreispauschale noch nicht im Sinne des § 115 Abs. 2 EStG ausgezahlt worden ist, muss der Arbeitnehmer als Gläubiger der Energiepreispauschale grundsätzlich gemäß § 115 Abs. 1 EStG gegenüber dem Finanzamt die Festsetzung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend machen.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung ihrer vormaligen Arbeitgeberin zur Zahlung der Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro.

Zwischen der Klägerin und ihrer vormaligen Arbeitgeberin bestand seit 1994 ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war auch im Jahr 2022 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Die Beklagte zahlte für die Monate September, Oktober und November 2022 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens (sog. Insolvenzgeldzeitraum) ihren Arbeitnehmern kein Arbeitsentgelt und gab in dieser Zeit auch keine Lohnsteuer-Anmeldungen ab. Mit E-Mail vom 24. November 2022 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass voraussichtlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet werde. Das Amtsgericht Hamburg eröffnete tatsächlich in der Folgezeit das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten in Eigenverwaltung. Am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung aus.

Die Klägerin hat die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht B erhoben, mit der sie – unter Ziffer 2. der angekündigten Klageanträge – unter anderem die Verurteilung zur Zahlung der Energiepreispauschale gemäß §§ 112 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 300 Euro zzgl. Zinsen von der Beklagten verlangte. Mit Beschluss vom 11. Mai 2023 trennte das Arbeitsgericht B die Klage betreffend den Klageantrag zu 2. ab und verwies den Rechtstreit wegen Unzulässigkeit des Arbeitsrechtswegs insoweit an das Finanzgericht D. Mit Beschluss vom 13. Juli 2023 erklärte sich das Finanzgericht D für örtlich unzuständig und verwies den Rechtstreit an das Finanzgericht Hamburg.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe im Monat September 2022 pflichtwidrig die Energiepreispauschale weder abgerechnet noch ausgezahlt.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet. Für den Insolvenzgeldzeitraum habe die Beklagte ihren Arbeitnehmern – so auch der Klägerin – keine Gehälter ausgezahlt und dementsprechend auch keine Lohnsteuer-Anmeldungen abgegeben, sodass sie von der Auszahlung der Energiepreispauschale im September 2022 nach § 117 Abs. 1 Satz 2 EStG befreit gewesen sei.

Das Gericht ist der Auffassung der Beklagten gefolgt und sah die Klage als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet an.

Für die Klage gegen die Beklagte als Arbeitgeberin bestehe kein Rechtsschutzinteresse, weil diese nicht Schuldnerin der Energiepreispauschale sei. Vielmehr erfülle die Beklagte durch die Auszahlung der Energiepreispauschale weder eine arbeitsvertragliche Leistungspflicht noch eine Zahlungspflicht, die ihr als selbst zu erbringende Arbeitgeberleistung durch den Gesetzgeber auferlegt sei, sondern allein eine ihr durch den Gesetzgeber auferlegte Pflicht einer Zahlstelle. Solange die Energiepreispauschale daher noch nicht im Sinne des § 115 Abs. 2 EStG ausgezahlt worden sei, müsse die Klägerin daher als Gläubigerin der Energiepreispauschale grundsätzlich gemäß § 115 Abs. 1 EStG gegenüber dem Finanzamt die Festsetzung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung geltend machen.

Das Gericht führt ergänzend aus, dass selbst wenn man das Rechtschutzbedürfnis der Klägerin vorliegend für gegeben hielte, etwa, weil man aus der der Beklagten gesetzlich zugewiesenen Funktion als Zahlstelle der Energiepreispauschale ein subjektives Recht der Klägerin ableiten wollte (z. B. im Hinblick auf etwaige Zinsansprüche bei Nichtauszahlung), sei die vorliegende Klage gleichwohl unbegründet. Nach § 117 Abs. 1 Satz 2 EStG erfolge die Auszahlung der Energiepreispauschale nämlich dann nicht durch den Arbeitgeber, wenn dieser – wie vorliegend – keine Lohnsteuer-Anmeldung abgebe. Durch diese gesetzliche Regelung konkretisiere der Gesetzgeber die Funktion des Arbeitgebers als bloße organisatorische Zahlstelle der Energiepreispauschale. Der Arbeitgeber solle nämlich durch die Energiepreispauschale zusätzlich zur organisatorischen Belastung grundsätzlich gerade nicht selbst finanziell belastet werden. Vielmehr entnehme er für die Auszahlung der Energiepreispauschale den Zahlbetrag dem Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer. Dementsprechend könne eine Auszahlungspflicht dann nicht bestehen, wenn keine Lohnsteuer-Anmeldung abgeben worden sei, da andernfalls der Arbeitgeber entgegen der gesetzlichen Wertung mitunter erhebliche Beträge vorzufinanzieren gehabt hätte.

Quelle: Finanzgericht Hamburg, Newsletter 4/2023