Berufsstand - 4. Dezember 2023

Syndici: Vereinbarter Wechsel zu verbundenem Unternehmen

BRAK, Mitteilung vom 04.12.2023 zum Urteil AGH 5/2023 II des AGH Baden-Württemberg vom 17.11.2023

Wird das Arbeitsverhältnis einer Syndikusanwältin mittels dreiseitiger Vereinbarung praktisch unverändert übernommen, gilt ihre Zulassung fort.

Wechselt eine Syndikusanwältin im Wege einer dreiseitigen Vereinbarung zu einem verbundenen Unternehmen und wird ihr Arbeitsverhältnis praktisch unverändert übertragen, so kann ihre Zulassung aufrechterhalten bleiben. Nach Ansicht des Anwaltsgerichtshofs (AGH) Baden-Württemberg stehe diese Konstellation dem gesetzlichen Übergang des Arbeitsverhältnisses im Falle eines Betriebsübergangs oder einer Verschmelzung im Hinblick auf die Zulassung gleich – in letzteren Fällen steht die Aufrechterhaltung der Zulassung laut Bundesgerichtshof (BGH) außer Frage. Die Rechtsanwaltskammer sei außerdem befugt, einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu erlassen, der dann für die Rentenversicherung bindend sei. Allerdings wurde die Berufung zum BGH zugelassen (Urteil vom 17.11.2023, Az. AGH 5/2023 II).

Die Syndikusanwältin wechselte innerhalb kürzerer Zeit zweimal den Arbeitgeber, jedoch beide Male von einem verbundenen Unternehmen zu einem anderen. Beide Male wurde ein dreiseitiger Übernahmevertrag (zwischen ihr, dem alten und dem neuen Arbeitgeber) geschlossen, in dem die wesentliche Übernahme aller bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen beschlossen wurde. Zwar änderte sich die Stellenbeschreibung von „Legal Officer“ zu „Legal & Compliance Director“ – dies führte laut Auskunft der Anwältin aber nur dazu, dass sie zusätzlich zu ihrer bisherigen Tätigkeit im Umfang von max. 5-10 % nun zusätzlich Führungstätigkeiten übernehme. Sie beantragte bei der zuständigen Kammer die Feststellung, dass ihre bisherige Zulassung aufrechterhalten bleiben könne. Die Kammer kam dem nach. Das gefiel jedoch der Rentenversicherung nicht, die der Ansicht war, es hätte einer erneuten Zulassung bedurft, außerdem hätte die Kammer keinen solchen Feststellungsbescheid erlassen dürfen. Deshalb klagte sie gegen die Kammer.

AGH Baden-Württemberg: Situation vergleichbar mit Betriebsübergang

Vor dem AGH in Stuttgart bekam die Kammer nun Recht. Die Zulassung bestehe unverändert fort und beziehe sich auch auf das per dreiseitigem Übertragungsvereinbarung übergegangene neue Arbeitsverhältnis. Die Zulassung habe weder gem. § 46b Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) widerrufen noch nach § 46b Abs. 3 BRAO auf das neue Arbeitsverhältnis erstreckt werden müssen. Die Kammer sei zudem zum Erlass des dies feststellenden Bescheids befugt gewesen.

Es mache im Hinblick auf die Zulassung keinen Unterschied, ob ein Arbeitsverhältnis per dreiseitiger Vereinbarung praktisch unverändert übernommen werden oder im Wege des Betriebsübergangs oder einer Verschmelzung. Für letztere Fälle habe der BGH bereits entschieden, dass kein Widerrufsgrund nach § 46b Abs. 2 BRAO vorliege (Urteil vom 14.07.2020, Az. AnwZ (Brfg) 8/20, Rn. 13). Entscheidend sei nicht die Art der Übertragung, sondern der Wille der Vertragsparteien, das gesamte Arbeitsverhältnis mit der ursprünglichen Tätigkeitsbeschreibung unverändert fortzuführen.

Dass die Übertragung aufgrund einer dreiseitigen Vereinbarung es – anders als bei dem Übergang des Arbeitsverhältnisses kraft Gesetzes – den Parteien ermögliche, zugleich Änderungen des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, rechtfertige den Widerruf ebenfalls nicht. Denn eine Änderung des Arbeitsvertrages allein genüge nicht, um die Zulassung zu widerrufen. Vielmehr komme – wenn es sich nicht ohnehin um eine unwesentliche Änderung handelt – eine Erstreckung der Zulassung auf die geänderte Tätigkeit nach § 46b Abs. 3 BRAO in Betracht. Anders bei einer Kündigung und Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses sei in einer Konstellation wie dieser hier primär zu fragen, ob im Hinblick auf die erteilte Zulassung eine wesentliche Änderung erfolgt sei.

In diesem Fall sei mit dem Wechsel keine wesentliche Änderung der Tätigkeit verbunden gewesen, sodass es keiner Erstreckungsentscheidung bedurft hätte. Daran änderte auch die Leitungsfunktion nichts, weil diese der der anwaltlichen Tätigkeit weit untergeordnet sei.

Kammer durfte Feststellungsbescheid erlassen

Die Kammer sei schließlich auch dazu befugt gewesen, festzustellen, dass gerade eben keine wesentlichen Änderungen der Tätigkeit vorgelegen hätten, sondern die Zulassung weiter gelte. Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Feststellungsbescheids enthielten die §§ 46a, 46b BRAO zwar nicht. Im Wege der Auslegung könne aber auf eine Befugnis der Kammer geschlossen werden.

Der AGH ließ aber die Berufung zum Bundesgerichtshof zu, um die Klärung der Rechtsfrage zu ermöglichen, ob im Falle eines Arbeitgeberwechsels aufgrund einer dreiseitigen Übertragungsvereinbarung zwingend ein Widerruf der Zulassung zu erfolgen hat oder ob hier grundsätzlich eine unwesentliche Änderung vorliegt bzw. – für den Fall einer damit verbundenen wesentlichen Änderung der Tätigkeit – eine Erstreckung erfolgen kann.

Quelle: BRAK