EU-Recht - 29. September 2023

Stellungnahme gegenüber BMJ zum EuGH-Vorlageverfahren zum Auskunftsersuchen einer spanischen Steuerverwaltungsbehörde

BRAK, Mitteilung vom 28.09.2023 zum EuGH-Vorlageverfahren Rs. C-432/23

Der luxemburgische Verwaltungsgerichtshof – Cour administrative Luxembourg – hat dem Europäischen Gerichtshof u. a. die Frage vorgelegt, inwieweit eine das Gesellschaftsrecht zum Gegenstand habende Rechtsberatung unter den Schutz des Art. 7 der Grundrechtecharta der Union fällt.

Hintergrund des Vorabentscheidungsersuchens ist, dass die Klägerin sowie die als Streithelferin agierende Rechtsanwaltskammer Luxemburg den in Art. 7 der Grundrechtecharta verankerten Schutz des Schriftwechsels zwischen Rechtsanwalt und Mandant geltend machen und vor ihrem Hintergrund den Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 2011/16 auf den Prüfstand stellen. Ausgangssituation des zugrundeliegenden Verfahrens dabei war das Auskunftsersuchen einer spanischen Steuerverwaltungsbehörde – die beratende Tätigkeit einer luxemburgischen Anwaltssozietät für ihre spanische Mandantin betreffend – gegenüber dem Leiter der Verwaltung für direkte Abgaben in Luxemburg. Die Anwaltskanzlei verweigerte jegliche Auskünfte unter Verweis auf ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht.

Der vorlegende Verwaltungsgerichtshof nahm Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 08.12.2022, Rs. C-694, Orde van Vlaamse Balies, in dem der EuGH eine Regelung der DAC-6-Richtlinie, welche vorsieht, dass Anwaltsintermediäre, die aufgrund einer nationalen Verschwiegenheitsregel von der Meldepflicht befreit sind, andere ggf. vorhandene Intermediäre von der Meldepflicht unterrichten müssen, wegen Art. 7 der Grundrechtecharta für ungültig erklärt hat. Der EuGH erklärte die Unvereinbarkeit mit der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht. Mandanten müssten sich ihren Anwälten anvertrauen können, ohne Sorge zu haben, dass Informationen zur Beratung im Wege über die anderen Intermediäre an die Behörden weitergegeben werden.

In ihrer Stellungnahme nimmt die BRAK eine unionsrechtliche Einordnung des Vorlageverfahrens vor und hebt abermals die Bedeutung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses hervor. Nicht nur mit Blick auf die deutsche, sondern auch die europäische Anwaltschaft, wäre eine Fortführung der geschilderten EuGH-Judikatur und damit eine Unterstreichung des Stellenwerts des anwaltlichen Berufsgeheimnisses wünschenswert. Eine Durchbrechung des Berufsgeheimnisses darf auch weiterhin nur unter sehr hoher Hürde zu rechtfertigen sein.

Quelle: BRAK, Nachrichten aus Brüssel Ausgabe 17/2023