Zivilprozessordnung - 4. Januar 2024

Fristverlängerungsantrag nicht begründet – Kein Vertrauensschutz

BRAK, Mitteilung vom 03.01.2024

Begründet ein Rechtsanwalt den Antrag auf Fristverlängerung nicht, kann er nicht darauf vertrauen, dass sie ihm gewährt wird, so der BGH.

Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte dürfen nur darauf vertrauen, dass einer ersten Fristverlängerung für die Berufungsbegründung stattgegeben wird, wenn sie diese auch im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) begründen, so der Bundesgerichtshof (BGH).

Fehle es an der Darlegung solcher Gründe, so seien Rechtsanwältinnen und -anwälte gehalten, sich vor Ablauf der ursprünglichen Frist durch Nachfrage beim Berufungsgericht zu vergewissern, ob dem Fristverlängerungsgesuch stattgegeben wurde (Beschl. v. 14.11.2023, Az. XI ZB 10/23).

Im konkreten Fall hatte der Anwalt den Antrag auf Fristverlängerung ohne Begründung eingereicht. Bereits einen Tag später übermittelte ihm das Gericht – eigentlich – im Hinblick auf § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO einen Hinweis, er möge seinen Fristverlängerungsantrag unverzüglich begründen. Versehentlich wurde ihm jedoch nur das Begleitschreiben ohne die Verfügung per beA übersandt. Darin hieß es: „Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt […], anliegende Dokumente werden Ihnen elektronisch übermittelt.“ Der Anwalt reagierte jedoch nicht und fragte auch nicht nach, worum es sich bei dem beiliegenden Dokument gehandelt hätte. Einige Tage später wies das Berufungsgericht den Antrag auf Fristverlängerung zurück. Erst dann reagierte der Anwalt, erklärte sein Gesuch mit einer Corona-Erkrankung und Arbeitsüberlastung und beantragte Wiedereinsetzung. Zur Begründung führte er aus, er habe die Mitteilung des Gerichts nicht erhalten. Zudem habe ein anderer Senat ihm in anderer Sache auch auf sein unbegründetes Schreiben hin eine Verlängerung gewährt. Die Berufungsbegründung reichte er nach. Seine späten Mühen waren jedoch leider umsonst – er scheiterte zuletzt beim BGH.

BGH: Anforderungen an ein Fristverlängerungsgesuch

Nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO kann die Frist zur Berufungsbegründung ohne Einwilligung des Gegners auf Antrag verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Im konkreten Fall kam nur die Berufung auf „erhebliche Gründe“ in Betracht. Dementsprechend hätte es zumindest einer kurzen Begründung für das Fristverlängerungsgesuch bedurft – sonst könne sich der Anwalt nicht darauf verlassen, dass ihm stattgegeben werde. Dass ein erheblicher Grund auch ohne nähere Bezeichnung vorliege, könne nicht unterstellt werden.

Entspreche der Antrag diesen Voraussetzungen, müsse man als Anwältin oder Anwalt auch nicht beim Gericht nachfragen, sondern könne darauf vertrauen. Anders aber in diesem Fall: Hier hätte der Anwalt nachfragen müssen. Erst recht, weil er ein Schreiben des Gerichts bekommen hatte und nicht wissen konnte, was darin stand.

Er habe auch nicht auf eine ihm günstige gerichtliche Übung vertrauen dürfen, dass das Berufungsgericht der Fristverlängerung auch ohne Begründung stattgeben würde. Der Anwalt habe schon nicht behauptet, dass gerade der zuständige Senat einem solchen ersten Antrag ohne Begründung üblicherweise stattgebe. Selbst wenn auch die Praxis anderer Senate berücksichtigt würde, genüge der Hinweis auf einen anderen Fall nicht, um eine gerichtliche Übung darzulegen, die einen Vertrauensschutz begründen würde.

Quelle: BRAK