Unter Uns - 27. März 2024

Faktor Mensch

Aufgrund der Altersstruktur der Berufsträger sind die meisten Steuerberater in der privilegierten Situation, sich ihre Mandate aussuchen zu können, so Steuerberater Frank Kirchner. Kontaktiert ihn ein Interessent, führt Kirchner persönliche Gespräche. Dabei prüft er nicht nur die Zahlen, sondern auch die Persönlichkeit des Mandanten. Neben finanziellen Aspekten achtet er auch auf die Passung der Branche und den unternehmerischen Erfolgswillen.

Friedrichsdorf liegt knapp 25 Autokilometer nördlich von Frankfurt am Main und damit noch im Einzugsgebiet der Finanzmetropole. Dies bietet aus steuerberaterlicher Sicht die Chance, eine besonders interessante Mandantschaft zu gewinnen. Steuerberater Frank Kirchner, Kanzleichef in dritter Generation, hat diesen Umstand für sich zu nutzen gewusst. Seit 2002 Berufsträger, hat er die Kanzlei seines Vaters, eines Steuerbevollmächtigten, eher gleitend als mit einem definierten Schnitt übernommen und sich dabei peu à peu von Klein- und Kleinst- wie auch von nicht digitalisierungswilligen Mandantinnen und Mandanten getrennt, so Frank Kirchner. „Viele dieser Inhaber sehr kleiner Betriebe denken einfach nicht unternehmerisch, und die Gespräche mit ihnen sind mühsam, weil wir nicht die gleiche Sprache sprechen. Der Mehrwert, den wir weit über deklaratorische Aufgaben und den Jahresabschluss hinaus bieten können, wird hier oft nicht recht wahrgenommen, stattdessen verliert man sich in Honorarverhandlungen – das mache ich nicht mehr. Ich sehe mich selbst als Unternehmer, und wenn ich mit Firmeninhabern spreche, muss dies auf Augenhöhe und im umfassenden gegenseitigen Verständnis möglich sein, damit mir die Aufgabe Freude macht. Beratungsresistenz hingegen ist ermüdend und frustrierend; es gibt eben leider keinen Unternehmerführerschein.“

Die Auswahl der Mandate ist alles

Ist die Situation, sich die Mandantschaft gewissermaßen aussuchen zu können, als privilegiert anzusehen? Frank Kirchner sieht das so: „Schauen Sie sich die Altersstruktur der Berufsträger an, das Durchschnittsalter ist über fünfzig, zu wenige folgen nach. In diesem Sinne muss sich der Berufsstand keine Sorgen machen, dass ihm einmal die Arbeit ausgeht, insofern sind es über kurz oder lang eher die Mandanten, die um einen Steuerberater werben müssen als umgekehrt. Für mich bedeutet das: Wenn ein Interessent mich kontaktiert, führe ich ein persönliches Gespräch und schaue mir die Zahlen, vor allem aber die Person, an. Ich schließe von der Deckungsbeitragsrechnung auf das Mandat, jedoch nicht nur, auch die Branche muss passen. Dabei muss der Ton zwischen uns stimmen und der unternehmerische Funke, der Erfolgswille muss da sein, um das Unternehmen nicht nur zu verwalten, sondern weiterzuentwickeln. Außerdem muss ich jenes Einvernehmen spüren, das zur Grundlage eines künftigen Vertrauensverhältnisses zu werden verspricht. Das ist nicht selbstverständlich, und in vier von fünf Fällen sage ich tatsächlich Nein. Ich strebe Qualitätsmandate an, nicht Quantitätsmandate.“

Ein gutes Netzwerk ist das A und O

An diese gelangt Frank Kirchner durch konsequentes Netzwerken, unter anderem durch Zusammenarbeit mit Immobiliengutachtern, Banken und Versicherungen, vor allem aber mit einer Anwaltskanzlei, die im Gesellschaftsrecht maßgebliche Mandanten betreut. Die steuerrechtliche Beratung bei mehrstufigen Unternehmensstrukturen ist eine der besonderen Kompetenzen von Frank Kirchners Kanzlei, von der auch größere Unternehmen profitieren, wenn es etwa um Holding-Strukturen oder die Betreuung von Private-Equity-Gesellschaften geht. „Für kleinere Kanzleien – derzeit sind wir zu sechst – eine eher ungewöhnliche Spezialisierung, die sich aber auszahlt. So etwas spricht sich herum, vermögende Privatpersonen treten in diesem Umfeld hinzu und machen die Arbeit durchaus lukrativ. Auch haben wir eine Reihe reiner Beratungsmandate, die ihre Deklaration in andere Hände legen, die hier günstiger sein können als wir, aber das ist kein Problem, sondern eine Lösung, denn da ich auch nur entsprechend hoch, meist zwei- oder dreifach qualifizierte Mitarbeiter habe, muss ich mit höheren Stundensätzen kalkulieren. Dafür bieten wir eine monatliche bilanznahe BWA an, die alles zeigt: Abgrenzungsposten, Darlehensverträge und, und, und. Ich will das alles in der BWA sehen, damit die Unternehmer fundierte Entscheidungen treffen können.“ Dies geht nicht ohne Mitarbeiterqualifikation. „Ich verlange viel, vor allem eigenverantwortliches Arbeiten, biete aber auch viel. Vierteljährliche Gespräche, in denen der geleistete Deckungsbeitrag besprochen wird, sind Grundlage von Sondervergütungen und der Gehaltsentwicklung insgesamt. Ich erwarte und fördere Weiterqualifikation, wofür die Zeit da sein muss. Homeoffice ist bei uns selbstverständlich, allerdings lege ich auch Wert auf regelmäßige Präsenz, sie sorgt für den sozialen Kitt im Team, das den Erfolg verbürgt. Auch hier setzen wir auf den menschlichen Faktor. Diese Haltung bewährt sich – Tag für Tag.“

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Carsten Seebass

Redaktion DATEV magazin

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