Nicht nur bei der europäischen Gesetzgebung steht Nachhaltigkeit auf der Agenda. Auch auf nationaler Ebene ist man bestrebt, zukunftsorientierte Gesetze steuerrechtlich zu begleiten.
Nachhaltigkeit ist der Megatrend der letzten Jahre und wird deutsche Unternehmen in Zukunft stark beschäftigen. Dabei ist weltweit eine zunehmende Verschiebung des regulatorischen Rahmens für nachhaltiges unternehmerisches Handeln vom sogenannten Soft Law zu rechtsverbindlichen Vorgaben der jeweiligen Gesetzgeber erkennbar. Als jüngstes Beispiel ist in Deutschland das im letzten Jahr ergangene Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettengesetz) zu nennen. Auf europäischer Ebene stellen unter anderem der European Green Deal sowie die CSR-Richtlinie von 2014, die in Deutschland mit Gültigkeit für große kapitalmarktorientierte Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2017 in nationales Recht umgesetzt wurde, die Absicht der Europäischen Union (EU) unter Beweis, dem nachhaltigen Wirtschaften von den in der EU ansässigen Unternehmen einen zunehmend rechtsverbindlichen Rahmen zu verleihen. Auch soll es schon in naher Zukunft eine EU-Richtlinie zu den Pflichten europäischer Unternehmen in den weltweiten Lieferketten geben. Ein entsprechender Legislativvorschlag wurde nun zum 23. Februar 2022 vorgelegt und sieht erwartungsgemäß deutliche Verschärfungen im Vergleich zur deutschen Lieferkettengesetzgebung vor. Diese setzt für die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette einen klaren Schwerpunkt auf die Achtung grundlegender Menschenrechte, wohingegen der EU-Legislativvorschlag eine deutliche Betonung der Umweltschutzaspekte vorsieht.
Deutschland bleibt Hochsteuerland
In Deutschland dürften unter der neuen Bundesregierung künftig ebenfalls besonders die umweltrechtlichen Aspekte einer unternehmerischen Nachhaltigkeit an Bedeutung zulegen. Insoweit ist auch für die Steuerpolitik der neuen Regierung zu erwarten, dass diese eine wesentlichere Rolle bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen darstellen wird. Zwar liegen noch keine konkreten Gesetzesvorhaben der neuen Bundesregierung vor, doch enthält der Koalitionsvertrag vom 24. November 2021 bereits einige in dieser Hinsicht deutliche Absichtserklärungen. Laut dem Koalitionsvertrag bleibt Deutschland auch in der kommenden Legislaturperiode ein Hochsteuerland, obwohl im internationalen Wettbewerbsumfeld deutscher Unternehmen ein Trend zur Senkung von Unternehmenssteuern erkennbar ist. Allerdings wurden seitens der neuen Bundesregierung umfassende Ausgabenevaluierungen angekündigt, um überflüssige, unwirksame und vor allem klimaschädliche Subventionen abzubauen. Dabei ist es ein erklärtes Ziel, Umschichtungspotenziale zur Finanzierung der großen Zukunftsaufgaben zu generieren, wenngleich die insoweit möglicherweise betroffenen Bereiche oder gar konkrete Regelungen offenblieben im Koalitionsvertrag. Klar dürfte auch sein: Sollte die Finanzierung der Koalitionsvorhaben bezüglich Klimawandel und Digitalisierung nicht durch Einsparungen, Wirtschaftswachstum und Mobilisierung privaten Kapitals gelingen, wird eine Diskussion um die Notwendigkeit von Steuererhöhungen mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder aufflammen.
Klimaprämie und Superabschreibung
Als konkretes steuerpolitisches Vorhaben zum Klimawandel ist im Koalitionsvertrag unter anderem eine sogenannte Klimaprämie angedacht, die in Form einer Superabschreibung für Investitionen in den Jahren 2022/2023 in besonderer Weise dem Klimaschutz dienen und den Einsatz privaten Kapitals zur Finanzierung der Klimawende fördern soll. Genaue Bestimmungen zu den insoweit als förderfähig erachteten Investitionen sind im Koalitionsvertrag jedoch nicht enthalten und werden abzuwarten sein. Der verwendete Begriff Superabschreibung könnte jedoch eine mehr als hundertprozentige steuerliche Geltendmachung der Kosten bedeuten, entsprechend dem österreichischen Vorbild für Forschungsaufwendungen. Aus den Bundestagsfraktionen sind solche Überlegungen bereits bekannt geworden.
Fahrzeugbesteuerung
Dienstwagen sollen künftig einheitlich nur noch bei einem positiven Klimaschutzeffekt steuerlich privilegiert werden, womit sich der Koalitionsvertrag eindeutig auf die Elektromobilität bezieht. Als Maßstab für den Klimaschutzeffekt wird dabei allein auf die elektrische Mindestreichweite sowie den elektrischen Fahranteil von Kraftfahrzeugen abgestellt. Die elektrische Mindestreichweite für begünstigte Fahrzeuge soll demzufolge schon ab dem 1. August 2023 auf 80 Kilometer angehoben und nicht erst wie bisher sukzessive bis 2025 auf 80 Kilometer gesteigert werden. Der elektrische Fahranteil eines steuerlich privilegierten Fahrzeugs muss künftig bei nachweislich mindestens 50 Prozent liegen. Wie dieser Nachweis dann konkret zu führen ist, ist aktuell noch offen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass der Koalitionsvertrag keine Aussage zu möglichen Ausnahmeregelungen für Viel- oder Weitfahrerinnen und -fahrer enthält.
Innovationsprämie und Dieselprivilegierung
Die bestehende Innovationsprämie für die Anschaffung von E-Autos und Plug-in-Hybrids soll auf Basis der bisherig gültigen Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden, wohl wegen Lieferschwierigkeiten bei bereits bestellten Fahrzeugen, ab dem 1. Januar 2023 dann aber in ihren Voraussetzungen stufenweise verschärft und mit einer degressiven Förderung ausgestattet werden. Ganz auslaufen soll die Prämie dann erst Ende 2025, ab 2026 soll eine begünstigte Dienstwagenbesteuerung nur noch für vollelektrische oder anderweitig voll CO2-neutrale Kraftfahrzeuge (Technologieoffenheit) möglich sein. Des Weiteren ist ein Abbau der Dieselprivilegierung bei der Kraftfahrzeugsteuer sowie bei der Besteuerung von Treibstoffen geplant, Details und zeitliche Anwendung dieses Koalitionsvorhabens sind aktuell jedoch noch unklar.
Energiesteuer und EEG-Umlage
Der Koalitionsvertrag enthält keine Regelungen zu einer möglichen Reform anderer umweltbezogener Steuern, wie etwa der Energiesteuern, obwohl Deutschland im heutigen EU-Vergleich sowohl bei den Energiesteuern als auch bei den Strompreisen Spitzenplätze belegt und gerade die Stromsteuer wohl deutlich gesenkt werden müsste, um in Zukunft wettbewerbsfähige Energiekosten für die deutsche Industrie zu gewährleisten. Die bereits für das Jahr 2022 erheblich reduzierte EEG-Umlage auf nun 3,7 Cent soll gemäß entsprechenden Pressemitteilungen zukünftig nicht mehr über den Strompreis, sondern aus Haushaltsmitteln finanziert werden, ab 2030 könnte der EEG-Fördermechanismus sogar ganz entfallen. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zu einer Entlastung der Bürger zu nutzen. Ein konkretes Gesetzesvorhaben in dieser Richtung ist aktuell aber noch nicht absehbar.
Besteuerung von Verbrauchsgütern
Auch die Positionierung der neuen Bundesregierung zu einer Besteuerung nachhaltiger Verbrauchsgüter, wie beispielsweise Kaffee, ist womöglich zu erwarten. Wie in der öffentlichen Diskussion der letzten Jahre bereits mehrfach von diversen Stakeholdern angeführt wurde, steht der Bundesregierung gerade mit dem Kaffeesteuergesetz ein nahezu optimales Instrument zur Verfügung, um den Konsum von umweltfreundlich, sozial verantwortungsbewusst und unter angemessener Achtung der Menschenrechte hergestellten und fair gehandelten Produkten zu fördern. Sollten nachhaltig hergestellte und gehandelte Produkte aufgrund von steuerlichen Begünstigungen zu einem vergleichbaren Ladenpreis erhältlich sein wie konventionell hergestellte Produkte, ohne dass die jeweiligen Produzenten dazu gezwungen wären, Herstellungskosten zu senken, so hätte dies sicherlich spürbare Auswirkungen auf das Konsumverhalten der deutschen Verbraucher.
Globale Nachhaltigkeitsziele einhalten
Vor dem Hintergrund des jüngsten deutschen Lieferkettengesetzes würden solche steuerpolitischen Maßnahmen außerdem die deutschen Unternehmen darin bestärken, in Zukunft nachhaltigere Entscheidungen entlang der Lieferkette zu treffen, und des Weiteren zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele beitragen, zu denen sich auch Deutschland bis 2030 im Rahmen der United Nations Sustainable Development Goals Initiative verpflichtet hat.
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