Einzelunternehmer - 25. August 2022

Nachteile einer gängigen Rechtsform

Mit Blick auf die eigene Nachfolge sollten Firmeninhaber auch darauf achten, spätestens dann in der richtigen Organisationsform strukturiert zu sein. Die Vorteile im operativen Geschäft, die das Einzelunternehmen bietet, können sich beim Übertragungsprozess vollständig ins Gegenteil verkehren.

Noch immer stehen mehrere 100.000 deutsche Unternehmen zur Unternehmensnachfolge an. Die geordnete und struktu­rierte Übergabe innerhalb der Familie oder an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie möglicherweise auch an Dritte stellt eine der ganz großen Herausforderungen für die deutsche Volkswirt­schaft dar. Leider wird häufig die Planung der Unternehmens­nachfolge immer weiter in die Zukunft verschoben, da sich der Inhaber des Unternehmens mit seinem Ausscheiden sowie einer altersbedingten Übergabe ebenso wenig anfreunden kann wie mit einem Szenario, das infolge eines unvorhergesehenen Ereig­nisses wie Geschäftsunfähigkeit oder Tod entsteht und den Fir­meninhaber daran hindert, sein Unternehmen fortzuführen. Nicht selten steht dann ein Lebenswerk vor dem Untergang be­ziehungsweise der Zerstörung.

Hausgemachte Defizite

Eine geordnete Unternehmensnachfolge setzt zunächst voraus, dass der Betrieb überhaupt so aufgestellt ist, dass er als überga­bereif bezeichnet werden kann. Dazu gehört, dass ähnlich wie beim Unternehmensverkauf zunächst eine sogenannte interne Due Diligence durchgeführt wird, um mögliche Problemfelder zu entdecken. Wichtig ist aber auch, dass der Betrieb in der rich­tigen Organisationsform strukturiert ist, was leider bei vielen Unternehmen nicht der Fall ist. Eine große Anzahl von Firmen – nicht nur im kleinunternehmerischen Bereich – ist auch heute noch als Einzelunternehmen aufgestellt. Dies hat für das operati­ve Geschäft den Vorteil, dass komplizierte steuerliche Fragen, wie etwa die der verdeckten Gewinnausschüttung, ebenso ver­mieden werden wie auch Kosten, die durch einen Rechtsform­wechsel hin zu einer GmbH oder GmbH & Co. KG entstehen. Die meisten Unternehmer übersehen dabei aber, dass bei der Orga­nisationsform Einzelunternehmen eine Übergabe innerhalb oder außerhalb der Familie deutlich schwieriger ist und bei unvorher­gesehenen Ereignissen wie Tod oder Geschäftsunfähigkeit enor­me Probleme auftreten können.

Einzelrechtsnachfolge

Das Einzelunternehmen kann immer nur im Wege einer Einzel­rechtsnachfolge, also eines sogenannten Asset Deal, übertragen werden. Einen Unternehmensträger, der im Rahmen eines Share Deal veräußert werden könnte, gibt es nicht. Für die Übergabe unter Lebenden hat dies zur Folge, dass alle Vermögensgüter ein­zeln übertragen werden müssen und die Zustimmung aller Ver­tragspartner, unter anderem also der Darlehensgläubiger, einge­holt werden muss. Das ist häufig gar nicht möglich. Die steuerli­chen Vorteile eines Share Deal, insbesondere mit Berücksichti­gung des § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie anderer Privilegien, können hier nur eingeschränkt in Anspruch genom­men werden. Unternehmensnachfolger innerhalb der Familie wollen darüber hinaus häufig nicht das volle Risiko des übertragenden Firmeninhabers übernehmen und mit ihrem Gesamt(privat)vermögen für die Verbindlichkeiten des Unterneh­mens eintreten. Auch Dritte, die möglicherweise an dem Unter­nehmen interessiert sind, wollen angesichts der Schwierigkeiten einer Einzelübertragung häufig nicht das Einzelunternehmen im Rahmen eines Asset Deal erwerben. Stirbt der Unternehmensin­haber, so ist bis heute unklar, ob eine dann gegebenenfalls ent­stehende Erbengemeinschaft das Einzelunternehmen noch ge­mäß § 152 Umwandlungsgesetz (UmwG) umwandeln kann (vgl. dazu Mayer, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, März 2020, § 152 UmwG Rn. 30 ff.). Das Einzelunternehmen hat darü­ber hinaus den großen Nachteil, dass die Anordnung einer Testa­mentsvollstreckung, die gerade bei der Erb­folge im Familienbereich häufig zumindest für einen kürzeren Zeitraum gewünscht wird, nach herrschender Meinung grundsätzlich unzulässig sein soll (dazu Heckschen, in: Bu­randt/Rojahn, Erbrecht, 4. Auflage 2022, § 2205 Rn. 28).

Umstrukturierung

Es ist daher im Rahmen einer strukturierten Unternehmensübergabe sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie sehr sinnvoll, das Unternehmen vorab zum Beispiel in eine GmbH oder eine GmbH & Co. KG um­zustrukturieren. Wählt man dazu den Weg der Gründung einer GmbH mit Einbringung aller Assets des Einzelunternehmens im Wege der Sachgründung oder einer Bargründung mit Sachagio, ist zwar eine steuerneutrale Fortführung möglich, aber eine Ein­zelübertragung unumgänglich. Vorteilhafter ist daher der Weg über § 152 UmwG. Mit der sogenannten Ausgliederung aus dem Vermögen des Einzelkaufmanns können über eine partielle Ge­samtrechtsnachfolge alle Vermögensgüter auf einen Zielrechts­träger in der Form der GmbH oder GmbH & Co. KG übertragen werden. Die Zustimmung von Vertragspartnern, Gläubigern oder anderen Dritten ist dazu nicht erforderlich. Zumindest anlagen­bezogene Genehmigungen gehen ohne Weiteres auf den Ziel­rechtsträger über. Mit zwei Entscheidungen hat der der V. Zivil­senat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass beispiels­weise auch vertrauensbezogene Vermögenspositionen, wie die Stellung eines Wohnungsverwalters, Gegenstand einer Ausglie­derung sein können und mit übergehen (BGH vom 21.02.2014 – V ZR 164/13, NZG 2014, 637) und 2021 (vom 02.07.2021 – V ZR 201/20, NZG 2021, 1370). Das Finanzgericht Sachsen und auch das Finanzgericht Münster haben in noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen die Ansicht vertreten, dass Immobilienbesitz im Rahmen einer derartigen Ausgliederung auch grunderwerbsteu­erfrei übertragen werden kann (FG Sachsen vom 30.06.2021 – 2 K 121/21 sowie FG Münster vom 03.05.2022 – 8 V 246/22 GrE). Gewisse Probleme bestehen hier noch bei der Gesamtrechts­nachfolge in eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition, die über die Person des Erlaubnisinhabers vermittelt wird (vgl. hierzu aus­führlich Heckschen, GmbHR 2014, 626; ders., ZIP 2014, 1605 so­wie aktuell Lieder/Koch, GmbHR 2022, 389).

Einzelkanzlei eines Freiberuflers

Problematisch ist die Umstrukturierung von freiberuflichen Ein­zelkanzleien. Nach der bisher herrschenden Meinung scheidet hier eine Umwandlung nach § 152 UmwG aus, da eine Zwischen­eintragung als Einzelunternehmen nicht möglich sein soll. Leider hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Modernisie­rung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) insoweit keine Abhilfe geschaffen. Derzeit beabsichtigt der Gesetzgeber auch nicht, im Rahmen einer großen Reform des Umwandlungsgesetzes durch Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (EU) 2019/2121 (UmRuG) hier tätig zu werden (dazu ausführ­lich J. Schmidt, NZG 2022, 579; Heckschen/Knaier, GmbHR 2022, 501; dies., GmbHR 2022, 613). Für Steuerberater und Rechtsan­wälte, aber auch jeden anderen Freiberufler, bleibt also nur der Weg über die Gründung einer GmbH im Rahmen einer Sachgründung oder einer Bargründung mit Sachagio. Ver­träge müssen mit Zustimmung der Vertrags­partner übertragen werden und insbesondere Klienten oder Pati­enten müssen bei der Übertragung ihrer personenbedingten Da­ten um ihre Zustimmung gebeten werden. Alle Berufsverbände der Freiberufler sind dringend aufgerufen, hier beim Gesetzge­ber zu intervenieren, um insoweit im Rahmen der Reform des Umwandlungsrechts für eine Abhilfe zu sorgen.

Fazit

Leider ist aber nur schwer zu prognostizieren, ob und wann der Gesetzgeber insoweit tätig wird. Daher ist es eine zentrale Aufga­be der rechtlichen Berater, hier insbesondere der Steuerberater, im Rahmen der Unternehmensnachfolge darauf hinzuwirken, die Überlegungen auch auf die richtige Struktur der Unternehmens­organisation sowie eine kurz-, mittel-und langfristige Planung der Nachfolge des Unternehmens zu lenken.

Mehr dazu

Online-Seminar (Vortrag) ErbStR – Übertragung von Unternehmen und GmbH-Anteilen im Zivil-, Gesellschafts- und Steuerrecht, www.datev.de/shop/78366

Zum Autor

HH
Prof. Dr. Heribert Heckschen

Notar in Dresden

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