Schon der sumerische und ägyptische Fernhandel hatte unter ihm zu leiden. Spätere Könige, Kaiser und Territorialherren freuten sich seines Beitrags zum Kassenstand und erst seit dem 19. Jahrhundert nahm seine Erhebung wirklich geordnete Form an: der Zoll.
Unter all den Formen, in denen die Staatsmacht ihren Tribut einfordert, gehört seit Menschengedenken das Zollwesen zu den unbeliebtesten. Das liegt unter anderem daran, dass der oder dem Zahlungspflichtigen der gesamte Vorgang – die Entrichtung einer Gebühr für den Import oder Export ihres oder seines Eigentums beim Übertritt an irgendeinem Schlagbaum – als ein Abkassieren ohne erkennbare staatliche Gegenleistung erscheinen muss. Zwar hat dies hierzulande und in der zivilisierten Welt seine formale Ordnung und ist nach Höhe und Berechnungsgrundlage des zu erlegenden Betrags ein transparenter, kalkulierbarer und im gewerblichen Handel über EU-Außengrenzen hinweg ein eher buchhalterischer Prozess, dennoch erlebt man sich in gewisser Weise zuweilen als geschröpft: Man zahlt noch einmal für etwas, das einem schon gehört.
Zöllner – ein Beruf mit historischem Image-Problem
Noch wesentlich ärgerlicher gestaltet sich das Ganze in jenen weniger rechtsstaatlich geprägten Weltgegenden, denen Transparency International regelmäßig einen rekordverdächtig hohen Korruptionswahrnehmungsindex attestiert. Dort präsentiert sich das Thema Zoll mitunter als reine Willkür derer, die den bewussten Schlagbaum bewachen. Man versteht dann, warum es schon die Bibel nicht gut gemeint hat mit dem betreffenden Berufsstand und ihm, dem Zöllner. Historisch betrachtet, hat der Zöllner also ein gewisses Image-Problem. Schauen wir darum einmal, auf welche Rollen dieser Berufsstand in der Geschichte unseres Kontinents zurückblickt. Rasch stößt man da auf einen Sachverhalt, der zu dem Verruf des Zöllners ganz erheblich beigetragen haben dürfte: Im Römischen Imperium wurden Wege- und Warenzölle nämlich nicht direkt von staatlich besoldeten Beamten erhoben, sondern ganze Regionen wurden an Zollpächter (publicani) verpachtet, die den jeweiligen Provinzgouverneuren eine bestimmte, jährlich abzuliefernde Einnahmesumme garantieren mussten. Wie sie diese Summe aufbrachten und darüber hinaus für sich selbst einen Gewinn erzielten, blieb diesen weitgehend selbst überlassen. Damit war freilich bei der Bemessung von Zöllen jedweder Willkür Tür und Tor geöffnet mit der Folge, dass Zöllner verhasst waren und schon in der Antike zum Inbegriff von Gier und Korruption wurden. Andererseits mussten namentlich die Passierzölle auch dazu aufgewandt wer den, die Straßen und Brücken in einem guten Zustand zu erhalten. Das römische Straßenwesen war daher vorbildlich und sein Stand wurde erst in der Neuzeit wieder erreicht.
Zollburgen und „Roubhüser“
Im Mittelalter ging das Zollrecht auf die fränkischen, später deutschen Könige und nachgeordnete Landesherren über, und auch sie delegierten die Erhebung der Binnenzölle mit allen Rechten und Pflichten häufig an Dritte. Gleichzeitig differenzierte sich das Zollwesen: Es wurden Tribute fällig beim Betreten von Städten und Hoheitsgebieten, beim Passieren bestimmter Zollstätten längs der Handelswege, bei der Nutzung von Straßen, schiffbaren Flüssen, Brücken, für die Nutzung von Hafenanlagen und für den Auftritt auf öffentlichen Märkten. Auch gibt es einen Zusammenhang zwischen der Erschließung neuer Verkehrswege und dem Bau von Burgen zu deren Schutz und zur Generierung von Einnahmen durch entsprechende Zölle und sogenannte Wegbegleiter: Herbergen, Kapellen, Versorgungs- und Raststätten sowie entgeltliches Geleit. Konflikte zwischen den aufstrebenden Städten und dem landsässigen Adel, der zunehmend auf solche Einnahmen angewiesen war, blieben da nicht aus, sodass die Zollburgen in den Städten mitunter als „Roubhüser“ galten, wenn etwa Handelswaren zur Deckung angeblicher Zollansprüche kurzerhand konfisziert wurden. Dies wiederum galt als Verletzung des Landfriedens, was gewaltsame Auseinandersetzungen nach sich ziehen konnte: Strafmaßnahmen, bei denen so manche Zollburg in Flammen aufging.
Neugestaltung im Merkantilismus
Der Zusammenhang wirtschaftlicher Prosperität mit der Ausgestaltung des Zoll- und Abgabewesens geriet dabei erst ganz allmählich in den Blick. Im 17. Jahrhundert wurden die entsprechenden ökonomischen Mechanismen umfassender erkannt und führten zum Merkantilismus, einer Wirtschaftspolitik, die Binnenzölle beseitigte, Zunftrechte beschnitt, den Export von Waren erleichterte, den Import jedoch künstlich verteuerte, indem sie ihn mit Zöllen belegte. Das Ziel: eine positive Leistungs- und Handelsbilanz. Hintergrund war der wachsende Geldbedarf absolutistischer Herrscher für stehende Heere und eine repräsentative Hofhaltung. Der fiskalische Eingriff in den freien Handel wurde darüber zur gängigen wirtschaftspolitischen Praxis. Auf deutschem Boden gestalteten sich die Dinge etwas komplizierter, denn ein einheitliches Reich gab es nicht, stattdessen ein Gewimmel von mehr als 300 Klein- und Mittelstaaten. Zeitweise gab es etwa 1.800 Zollstellen, und wer etwa von Köln nach Königsberg unterwegs war, musste 80 Mal seine Waren kontrollieren lassen und Zollabgaben entrichten. Es versteht sich, dass Fernhandel so nicht gedeihen kann. Erst 1834 beendete die Gründung des Deutschen Zollvereins diese Praxis mit der Abschaffung der Binnenzölle.
Anfänge des Freihandels

Vordenker des nächsten Entwicklungsschritts hin zum Freihandel, dem zollfreien Warenverkehr ohne Schranken, waren zwei britische Ökonomen: Adam Smith (1723–1790) und David Ricardo (1772–1823). Sie setzten dem Merkantilismus ein liberales Modell entgegen, nach dem alle Staaten vom Freihandel profitieren sollten. Jeder solle an seinem Ort das herstellen, was er am kostengünstigsten produzieren könne, es zollfrei exportieren und im Zielland importieren dürfen. So würden sich alle Länder gegenseitig ergänzen, alle Handelswaren würden billiger und der allgemeine Wohlstand wüchse. Bis heute hat sich die Idee des free trade nicht gänzlich gegen berechtigte Einwände und protektionistische Ansätze durchzusetzen vermocht. Mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 1957 schufen Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Deutschland zwar die Voraussetzungen für einen Wirtschaftsraum ohne Zollgrenzen, aber erst 1968 mündete dies in die Europäische Zollunion: die Abschaffung ihrer nationalen Zölle und Handelsbeschränkungen und die Festsetzung eines gemeinsamen Zolltarifs für Waren aus Nicht-EWG-Ländern. 1993 schließlich fielen mit dem Europäischen Binnenmarkt die letzten Beschränkungen innerhalb der EU. Zollgrenzen gibt es nur noch an deren Außengrenzen. Das Pendant auf internationaler Ebene repräsentiert seit 1995 die Welthandelsorganisation (WTO). Große internationale Freihandelsabkommen wie CETA oder das geplante TTIP stehen freilich auch in der Kritik, weil die Handelspartner in ungleicher Weise von ihnen profitieren und ökologische und humanitäre Standards keine angemessene Berücksichtigung finden. Dass im Übrigen eine allzu enge Verflechtung der Volkswirtschaften auch problematische Abhängigkeiten schafft, ist eine Lektion, die die Welt gerade lernen muss.