Finanzgerichtsordnung - 4. Oktober 2023

Verpflichtende Nutzung des beSt für Steuerberaterinnen und Steuerberater seit dem 1. Januar 2023

FG Hamburg, Mitteilung vom 04.10.2023 zum Gerichtsbescheid 2 K 6/23 vom 28.06.2023 (nrkr - BFH-Az. XI R 26/23)

  1. Weist die Rechtsbehelfsbelehrung in einer Einspruchsentscheidung für die verpflichtende Übermittlung elektronischer Dokumente auf 52d FGO hin, so ist sie nicht unrichtig i. S. d. § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO.
  2. Steuerberater sind nach § 52d Satz 2 FGO seit dem 1. Januar 2023 zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) verpflichtet, da ihnen seitdem ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht.
  3. Die von einem gem. § 52d Satz 2 FGO zur Nutzung des beSt verpflichteten Steuerberater im Jahr 2023 nicht in elektronischer Form, sondern per Telefax eingereichte Klage ist unwirksam und durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen. Darauf, dass der Prozessbevollmächtigte zugleich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen ist, kommt es nicht an. § 52d FGO knüpft allein an den Status an. Jedenfalls sind solche Steuerberater dann gem. § 52d Satz 2 FGO zur Nutzung verpflichtet, wenn sie „auch“ als Steuerberater gehandelt haben.

Mit Klageschrift vom 19. Januar 2023, die von dem von der Klägerin bevollmächtigten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer am selben Tag per Fax an das Gericht übermittelt worden ist, hat die Klägerin Klage erhoben. Das Gericht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Klageschrift lediglich per Fax und nicht über das beSt eingereicht worden sei. Die Klägerin hat einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Das Gericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Klägerin die Klagefrist versäumt und nicht hinreichend dargelegt habe, dass sie bzw. ihr Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden daran gehindert gewesen seien, die Klage fristgerecht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form per beSt einzureichen.

Die Klägerin habe die einmonatige Frist zur Einreichung der Klage gemäß § 47 Abs. 1 FGO versäumt, da sie innerhalb dieser Frist keine den gesetzlichen Formvorschriften entsprechende Klage gemäß § 52d FGO erhoben habe. Der Bevollmächtigte der Klägerin sei als Steuerberater nach § 52d Satz 2 FGO verpflichtet gewesen, die Klageschrift als elektronisches Dokument zu übermitteln, da ihm spätestens seit dem 1. Januar 2023 ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung gestanden habe. Als Steuerberater unterliege der Bevollmächtigte dem persönlichen Anwendungsbereich des § 52d Satz 2 FGO. Darauf, dass der Bevollmächtigte ebenfalls Wirtschaftsprüfer sei, komme es nicht an. Dem Bevollmächtigten habe auch spätestens seit dem 1. Januar 2023 ein sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung standen, da es nach Ansicht des Senats offensichtlich bereits vor dem „flächendeckenden“ Versand der Registrierungsbriefe durch die Bundessteuerberaterkammer objektiv generell möglich gewesen sei, einen Zugang zum beSt durch Stellung eines Fast-Lane-Antrags zu erhalten und dieses zu nutzen („enge“ abstrakte Auslegung).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheiterte vorliegend bereits daran, dass die Nachholung der versäumten Rechtshandlung sowie die Darstellung der Tatsachen zum Wiedereinsetzungsantrag verspätet erfolgt gewesen seien.

Das Gericht hat die Revision zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung, § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO.

Gerichtsbescheid vom 28.06.2023 (2 K 6/23), Revision eingelegt, Az. des BFH XI R 26/23.

Quelle: Finanzgericht Hamburg, Newsletter 3/2023