Zivilrecht - 10. Februar 2022

Keine Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland für Käufer eines vom Dieselabgasskandal betroffenen Pkws

OLG Zweibrücken, Pressemitteilung vom 10.02.2022 zu den Beschlüssen 6 U 68/20 vom 01.07.2021 und vom 27.08.2021 (rkr)

Käufern eines von dem sog. Dieselabgasskandal betroffenen Pkw stehen keine Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen mangelhafter Umsetzung europarechtlicher Vorgaben zu.

Der 6. Senat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken hat sich in einem Zivilrechtsstreit mit der Frage befasst, ob die Bundesrepublik Deutschland wegen der behaupteten mangelhaften Umsetzung europarechtlicher Vorgaben für Schäden haftet, die der Kläger aufgrund des sog. Dieselabgasskandals geltend gemacht hat.

Der Kläger kaufte im Dezember 2014 einen gebrauchten VW Golf, dessen Motor von dem sog. VW-Dieselabgasskandal betroffen war. In zwei getrennten Rechtsstreiten verklagte er den Hersteller dieses Fahrzeugs und die Bundesrepublik Deutschland. Die Klage gegen den Hersteller hat der Kläger letztlich auf der Basis eines Vergleichs zurückgenommen. Von der Bundesrepublik Deutschland verlangte er Schadensersatz wegen mangelhafter Umsetzung europarechtlicher Vorgaben.

Das Landgericht Frankenthal/Pfalz hat die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Pfälzische Oberlandesgericht nach vorangegangenem Hinweis im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat u. a. ausgeführt, dass die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs nicht gegeben seien. Die maßgebenden europarechtlichen Regelungen, Richtlinie 2007/46/EG und die Verordnung (EG) Nr. 715/2007, würden ausgehend von den Erwägungsgründen und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dem Allgemeininteresse und nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen der Käufer eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen PKW dienen. Aus dem gleichen Grund scheitere auch ein Amtshaftungsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland nach den nationalen Amtshaftungsvorschriften. § 839 Abs. 1 BGB setze für eine Haftung des Staates ebenfalls voraus, dass eine dem Individualschutz dienende Amtspflicht verletzt worden sei.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Maßgebliche Rechtsvorschriften

§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch: Haftung bei Amtspflichtverletzung (Neugefasst durch Bek. v. 2.1.2002 BGBl. Teil I Nr. 2, S. 42-341)

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie), ABl. L 263 vom 09.10.2007, S. 1-160

Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (Text von Bedeutung für den EWR); ABl. L 171 vom 29.06.2007, S. 1-16

Quelle: OLG Zweibrücken