Zukunft der Aufgaben - 29. Juli 2021

Taskforce für die Beratung

Die Frage, ob der steuerberatende Berufsstand betriebswirtschaftlich beraten muss, ist nicht neu und auch nicht zentral. Wichtiger ist: Wie schaffen es Kanzleien, dieses Geschäftsmodell zum Erfolg zu führen?

DATEV rät ihren Mitgliedern immer wieder, betriebswirtschaftliche Beratung anzubieten. Den Zeichen der Zeit folgend, sah man bisher die digitale Transformation als Garant dafür, dass deklarative Aufgaben für Kanzleimitarbeiterinnen und -mitarbeiter entfallen und der damit gewonnene Freiraum für Beratungsleistungen genutzt wird. Der Job-Futuromat des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass von elf Kerntätigkeiten in der Steuerberatung acht automatisierbar sind. Das sind rund 73 Prozent. Technische Entwicklungen bedingen weitere Veränderungen, die den künftigen Schwerpunkt auf Beratungsleistungen legen.

Digitale Transformation – nicht der einzige Grund

Heute übernehmen Software-Systeme Datenübertragungen oder automatisierbare Aufgaben mit hohen repetitiven Anteilen. Interne Arbeitsprozesse, aber auch die Zusammenarbeit mit Institutionen oder Behörden werden sukzessive digital. Das sind Gründe, warum die betriebswirtschaftliche Beratung in den Fokus und deklaratorische Aufgaben in den Hintergrund der Kanzleiarbeit rücken. Aber das ist nur ein Aspekt. Zunehmend fordern Mandanten Beratungsangebote von Kanzleien. Sei es, weil sie digital arbeiten oder weil sie sich als Unternehmen mit den Innovationen und veränderten Bedingungen nicht auch noch beschäftigen können oder wollen. Zusätzlich schaffen neue Gesetze veränderte Bedingungen, bei denen Unternehmen beratende Unterstützung brauchen. Wie zum Beispiel das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen, das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Ein Gesetz, dass „eigentlich von jeder GmbH und jeder GmbH & Co. KG verlangt, dass sie eine voll integrierte Planung hat“, wie Michael Denk sagt. Der Steuerberater und Geschäftsführer der LKG Steuerberatungsgesellschaft mbH baut momentan in seiner Kanzlei eine sogenannte Taskforce für die betriebswirtschaftliche Beratung auf. Er sieht die Notwendigkeit zur Veränderung. „Wenn irgendwann automatisch gebucht wird, dann müssen wir noch eine Daseinsberechtigung für unser Honorar haben.“

Mandantenforderung ist Umsatzchance

Krisen, wie jüngst Corona-bedingt, decken Schwächen auf, die aus ungenügenden oder gar fehlenden betriebswirtschaftlichen Planungen resultieren. Viele haben durch diese schwierigen Umstände gemerkt, dass die betriebswirtschaftliche Beratung eines Experten vonnöten ist, wenn es mal nicht läuft. „Läuft es aber gut, brauche ich keine Beratung, dann bin ich zufrieden, dann habe ich nicht den Ansporn“, weiß Michael Denk aus Erfahrung mit seinen Mandanten und betont: „Es rächt sich, wenn ich nur auf die guten Zeiten schaue.“ Doch auch ohne Krise hält er die betriebswirtschaftliche Beratung für sinnvoll. Zum einen, weil viele Unternehmen zwar eine Situation oder eine Investition beurteilen können. „Aber das in Zahlen umzusetzen und in ihr Unternehmen zu integrieren, ist schwierig, weil eine Liquiditätsplanung doch nicht so transparent ist“, so der Steuerberater. Hier lässt sich seiner Meinung nach Mandantenzufriedenheit generieren. Zudem warten Wachstums- und Umsatzchancen für die Kanzlei. Mandanten fühlen sich dabei gut betreut, da sie ihren Steuerberater nicht nur einmal im Jahr sehen, um den vergangenen Jahresabschluss zu besprechen. Die betriebswirtschaftliche Beratung ist in die Zukunft gerichtet. Der Steuerberater ist das kaufmännische Gewissen. „Beim Jahresabschlussgespräch betrachten wir die Vergangenheit. Wichtiger aber ist die betriebswirtschaftliche Auswertung. Hier muss ich mich mit meinen Mandantinnen und Mandanten aufhalten“, so Michael Denk. Und daher können Kanzleien am Markt mit betriebswirtschaftlicher Beratung viel erreichen. Steuerberater können aktiv mit den Mandanten betriebswirtschaftliche Prozesse angehen. Darin sieht Michael Denk das große Potenzial für seine Berufskollegen. Sie können ihre Mandanten sehr gut betreuen und sicher in die Zukunft führen. Können Mandanten den nachhaltigen Sinn in diesen Beratungen erkennen, entfallen erfahrungsgemäß auch Diskussionen ums Honorar.

Beratung braucht Ressourcen

Sich ändernde Bedingungen haben Michael Denk immer wieder zu dem Punkt geführt, die betriebswirtschaftliche Beratung zu forcieren. Allerdings kann die Kanzleileitung bei aller Qualifikation nicht alle Mandate selbst beraten: „Wenn ich jetzt viele Mandanten anspreche, dann muss ich alle Planungen machen, das funktioniert natürlich nicht. Also habe ich gesagt, ich bilde eine Taskforce.“ Für Michael Denk ist daher die Unterstützung seiner Mannschaft essenziell. Angestellte sollten sowohl qualifiziert sein als auch Vergnügen daran haben und sich die Beratung zutrauen. „Mit vier Mitarbeitern habe ich gesagt, Leute, wir machen das jetzt zusammen, wir bauen diese betriebswirtschaftliche Beratung auf.“ Und er ist froh darüber, dass seine Angestellten in der Kanzlei mehr als nur Bereitschaft signalisieren. Das Konzept der Task-Force hat schon einmal funktioniert. Auf diese Weise hat die Kanzlei bereits die Digitalisierung vorangebracht. „Ich glaube, inzwischen haben wir kein Mandat mehr, welches wir nicht digital bearbeiten. Das haben wir alles mit dieser Truppe gemacht, deswegen ist dieses Modell, mit der eigenen Mannschaft solch ein Projekt umzusetzen, sehr gut.“ Im Detail übergibt Michael Denk zunächst erste Unternehmensplanungen an seine Taskforce-Mitarbeiter, damit sie in das Thema reinkommen. Bis Ende des Jahres will er auf diese Weise die ersten fünf Mandate betriebswirtschaftlich beraten, um Erfahrungen in der Unternehmensplanung zu sammeln. Im nächsten Jahr soll das Verfahren ausgeweitet werden; dann wird er die betriebswirtschaftliche Beratung auch den anderen Mitarbeitern nahebringen, die noch nicht so versiert sind. Neben klassischer DATEV-Software nutzt die Kanzlei Lösungen, die sich für die betriebswirtschaftliche Beratung eignen: Unternehmensplanung, Controlling- und Rating-Reports. „Meine Mitarbeiter sind mit DATEV aufgewachsen und schätzen die Qualität. Deswegen versuchen wir auch, bei DATEV im Gros zu bleiben und nicht noch zehn andere Programme einzusetzen“, sagt Michael Denk.

„Ich will kein Deklarationssteuerberater sein.“

Natürlich versteht er die Einwände: Die Aufgabe der Steuerberatung wird von vielen in der Deklaration gegenüber dem Finanzamt gesehen. Und natürlich wird es weiterhin neben der Beratung deklarative Aufgaben geben. Auch ist er sich darüber bewusst, dass nicht alle Angestellten beraten wollen oder können. „Man belastet die Mitarbeiter mit etwas Neuem. Es kommt obendrauf auf das Tagesgeschäft, und das kann immer ein Problem sein, wenn der Zeitaufwand zu intensiv ist.“ Nicht zuletzt sind bisher viele derart im Alltagsgeschäft gefangen, dass sie den Blick über den Tellerrand scheuen. Das sind in seinen Augen Punkte, die immer mitschwingen und weshalb Projekte scheitern können. Doch sind das Gründe, es sein zu lassen? Eher muss man deswegen viel mehr hinterher sein, damit es anläuft und weiterläuft. Michael Denk will nicht als Deklarationssteuerberater wahrgenommen werden, der nur darauf achtet, wie viel ein Unternehmen an Steuervorauszahlungen leisten muss: „Das ist das, was wir vielleicht noch machen, ja, aber ich will natürlich wissen, wohin sich ein Unternehmen entwickelt.“

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Zum Autor

Carsten Fleckenstein

Redakteur und Podcaster bei DATEV.

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