Geschäftszahlen 2022 - 29. Juni 2023

Hand in Hand mit dem Berufsstand

Nur wenn es dem Berufsstand gut geht, geht es auch DATEV gut. Das weiß CFO Diana Windmeißer nach einem weiteren Jahr anhaltender Krisen und Herausforderungen nur zu genau. DATEV geht es gut, was in diesen Zeiten nicht selbstverständlich ist. Einmal mehr blickt der IT-Dienstleister auf ein Jahr gesunden und nachhaltigen Umsatzwachstums sowie auf Erfolge bei Digitalisierung, Ökosystem und Portfolioentwicklung.

DATEV magazin: Wie geht es der Genossenschaft nach diesen anhaltend anstrengenden Monaten von Krieg und Krise sowie den Corona-Auswirkungen mit ihren wirtschaftlichen Folgen?

DIANA WINDMEISSER: Inzwischen haben wir das dritte Krisenjahr hinter uns: zwei Jahre Corona und nun die Herausforderungen durch einen Krieg in Europa. Gerade in diesen instabilen Zeiten wurde deutlich, dass IT-Dienstleister sehr gefragt sind. Krisen bringen auch den Markt dazu, den Einsatz von Ressourcen zu überdenken, um Effizienzen zu heben, etwa indem die Digitalisierung besonders durch die Corona-Pandemie vorangetrieben wurde. Weil wir die Herausforderungen des vergangenen Jahres auch als Chance wahrgenommen haben, ist und bleibt DATEV stabil. Mittlerweile sprechen wir von einem Dauerkrisenmodus, aber wir sind in diesem dynamischen Umfeld sehr gut aufgestellt. Im Vergleich zu anderen Branchen geht es uns als Genossenschaft sehr gut: Unsere Mitglieder sind überdurchschnittlich gut beschäftigt und das macht sich auch in unserer wirtschaftlichen Entwicklung bemerkbar. Unser Umsatz 2022 ist mit über 1,312 Milliarden Euro deutlich um 7,6 Prozent gewachsen. Wir blicken auf ein gesundes, nachhaltiges Wachstum. Dennoch spürt man die Krisen auch bei DATEV, denn das Betriebsaufwandswachstum liegt über dem Umsatzwachstum. Hier kommen zum einen Nachholeffekte der Pandemie zum Tragen und zum anderen treffen uns auch die Preissteigerungen auf ganzer Linie.

Sind Sie zufrieden mit der wirtschaftlichen Entwicklung von DATEV?

Der ganze DATEV-Vorstand ist sehr zufrieden mit der Entwicklung, denn uns ist bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist. Das wird deutlich, wenn man sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts mit 1,9 Prozent ansieht. Auch im Vergleich zum IT-Markt sind wir um 6,6 Prozent mehr gewachsen. Erfreulich ist für mich, dass alle unsere Produktgruppen zum Umsatzwachstum beigetragen haben. Allein Rechnungswesen und Personalwirtschaft haben mit über 55 Prozent zum Umsatzwachstum beigetragen. Obwohl das Bruttoinlandsprodukt unter 2 Prozent gewachsen ist, so konnten wir nach dem durch die Corona-Krise hervorgerufenen Konjunktureinbruch 2020 und der sukzessiven Erholung 2021 die Anzahl der abgerechneten Arbeitnehmer 2022 deutlich auf 171 Millionen steigern. Das bedeutet ein Plus von 10,7 Millionen zum Vorjahr. Im September wurde mit 14,8 Millionen Arbeitnehmern ein neues Allzeithoch erreicht. Unser Umsatzwachstum im Rechnungswesen resultiert zu rund 86 Prozent aus Cloud-Services und Cloud-Anwendungen, wie etwa Belege online mit 7,6 Millionen oder Unternehmen online mit 7,7 Millionen. Die Anzahl der Unternehmen, die 2022 monatlich als Nutzer des digitalen Belegbuchens über eine Cloud-Lösung gewonnen wurden, hat sich erneut deutlich erhöht. Während Ende 2021 rund 343.000 Mandantinnen und Mandanten Unternehmen online nutzten, waren es Ende 2022 mehr als 413.000, also ein Plus von 20 Prozent oder 70.000 Anwendern. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Wir können sehr zufrieden sein, denn wir haben bei der digitalen Transformation genau den richtigen Weg eingeschlagen.

Die Zahlen sind gut. Befanden wir uns im überhöhten Krisenmodus?

Die ganze Welt ist gefühlt in der Dauerkrise. DATEV hat die Weichen jedoch schon frühzeitig gestellt. Die letzten Jahre waren herausfordernd, Corona haben wir gut weggesteckt. Aber letztes Jahr ist eine neue Dimension in Form der Inflation, des Anstiegs der Zinsen und Preissteigerungen hinzugekommen. Davon ist auch DATEV nicht verschont geblieben. Das wird in der Steigerung des Betriebsaufwands deutlich. Weil wir uns frühzeitig darauf eingestellt haben, haben wir unser Geschäft sehr gut im Griff, denn wir können uns auf laufende Prozesse verlassen. In den letzten Jahren hat sich einiges verändert, aber wir haben gelernt, DATEV in diesen volatilen Zeiten sicher zu steuern. Ich sage bewusst gelernt, weil auch wir uns anpassen mussten. Es ist nicht mehr möglich, langfristig sicher zu planen, denn Parameter ändern sich schneller und führen zu reaktiver Steuerung. Es war sehr hilfreich, das aktive Risikomanagement frühzeitig auszubauen. Zudem haben wir Versorgungssicherheit seit Jahren auf dem Schirm, sodass uns bereits geschlossene Verträge für 2022 stabil durch die Spitzen der Energiekrise geführt haben.

DATEV setzt verstärkt auf Partnerlösungen, um das eigene Angebot zu ergänzen. Gleichzeitig konzentriert sich die Genossenschaft auf die Kernprozesse in der Cloud-Entwicklung.
Mit welchem Ziel?

Wir wollen das bestmögliche Angebot für unsere Mitglieder und deren Mandantinnen und Mandanten. Wenn wir Partnerlösungen für unsere Mitglieder ermöglichen, halten wir uns den Rücken für die Entwicklung der Kernprozesse in der Cloud-Welt frei. Die Partnerlösungen sollen unser Portfolio an wichtigen und richtigen Stellen ergänzen. Wir haben den Anspruch, in der DATEV-Cloud ein leistungsstarker und vertrauenswürdiger Lösungspartner mit einem großen Sortiment zu bleiben, der im Rahmen der Portfolioentwicklung in den kommenden Jahren mehr und besser integrierte Kooperationslösungen anbietet. Hier werden passgenaue Lösungen durch ein strenges Auswahlverfahren in das gesamte DATEV-Angebot integriert, um unseren Mitgliedern und Kundinnen und Kunden ein umfassendes Portfolio und bestmögliche Services anzubieten.

Können unsere Mitglieder im Ökosystem ähnlich integrierte Prozesse wie in der DATEV-eigenen Produktwelt erwarten?

Wir möchten die Prozesse reibungslos und medienbruchfrei anbieten. Vor allem im Ökosystem kann gezielt auf die verschiedenen Bedürfnisse der Kanzleien eingegangen werden. Spezielle Anwendungen werden in das digitale Ökosystem integriert. Nicht jede Lösung muss im Look-and-feel der DATEV-Produkte sein. So kann durch eine passende Auswahl von Anwendungen im Ökosystem der Prozess in den Kanzleien effizient und zielorientiert an deren Anforderungen angepasst werden. Damit werden branchenspezifische durchgängig digitale Prozesse ermöglicht.

Welche Rolle spielt dabei der DATEV-Marktplatz?

Auf dem DATEV-Marktplatz sind seit 2022 über 240 Marktplatzlösungen von Software-Herstellern für Steuerberaterinnen und Steuerberater sowie für Unternehmen gelistet, die DATEV-Produkte sinnvoll ergänzen und sich ideal in die DATEV-Welt einfügen. Sowohl Kanzleien als auch Unternehmen finden hier passende Lösungen für ihren individuellen Bedarf – branchenspezifisch oder zielorientiert und auch bei den Anwendungen, die nicht unbedingt der Steuerdeklaration dienen.

Wie passt der genossenschaftliche Auftrag zu dieser Entwicklung?

Gemeinsam geht vieles besser – wir gehen mit dem Berufsstand Hand in Hand in die richtige Richtung auf der Suche nach durchgängig digitalen Prozessen. Als DATEV möchten wir eine gute Grundlage für diese Entwicklung bieten. Entscheidend ist, dass wir mit den Lösungen im Ökosystem unsere Mitglieder in ihrer Berufsausübung stärken.

Gemeinsam mit der fino taxtech GmbH hat DATEV das digitale Geschäftsmodell hier bei der Grundsteuer erweitert. Ist das so ein Beispiel?

Vor allem bei dem Thema Grundsteuer und der Zusammenarbeit mit fino taxtech hat unser Partnermodell Akzeptanz erfahren. Das Ganze war wichtig für unseren künftigen Weg in die DATEV-Cloud und das dazugehörige Ökosystem. Dabei steht das Mitglied mit seinen berufsständischen Interessen immer im Vordergrund. Daher ist die DATEV-Mehrheitsbeteiligung an den Unternehmen hier entscheidend. Inzwischen hat sich GrundsteuerDigital in der Praxis gut bewährt. Steuerberaterinnen und Steuerberater schätzen besonders, dass sie die vollständige Cloud-Software zielgerichtet durch alle Bereiche führt, an vielen Schnittstellen automatisiert ist und sehr gut in die DATEV-Welt integriert ist.

Die außerordentliche Belastung unserer Mitglieder ist auch im vergangenen Jahr nicht gesunken. Wie haben Sie den Berufsstand vor dem Hintergrund der Grundsteuererklärung und den ausbleibenden Fachkräften erlebt?

Der Berufsstand arbeitet seit Jahren an der Belastungsgrenze. Es herrscht Hochbetrieb in den Kanzleien und die Grundsteuer war das i-Tüpfelchen. Vor allem die Vorbereitung birgt eine ganze Reihe Aufgaben und Entscheidungen. Es gilt zu ermitteln, für welche Mandate die Kanzlei Grundsteuerdeklarationen übernehmen soll, sich über die unterschiedlichen Rechtslagen der Bundesländer zu informieren. Eine Kanzlei muss überlegen, ob sich alle Mitarbeitenden mit der Grundsteuer befassen oder ob dafür eigens Kanzleiexperten fortgebildet werden sollen. Bei all diesen Aufgaben hat DATEV sehr schnell mit umfangreichen Informationen, Checklisten, Weiterbildungsangeboten, Musteranschreiben und Vorerfassungsbögen für Mandanten sowie weiteren Unterstützungsangeboten geholfen. Gleichzeitig haben wir einen massiven Fachkräftemangel zu beklagen. Der Berufsstand muss attraktiver werden. Es ist so viel zu tun, dass für Digitalisierung oder effizientere Prozesse keine Zeit bleibt. Unser Ziel ist es, mit unseren Produkten und Services hierbei bestmöglich zu unterstützen und auch die Prozesse effizienter zu gestalten.

Welche Themen werden das geschäftliche Umfeld von DATEV und den Mitgliedern in den kommenden Monaten und Jahren dominieren?

Aktuell arbeiten 34 Prozent der Kanzleien noch traditionell, diese sind zwar auf dem Weg in die Digitalisierung, aber noch lange nicht weit genug. Für die notwendige Modernisierung der Kanzleiprozesse muss man sich Zeit nehmen, die momentan vielfach fehlt. Dadurch werden Projekte aufgeschoben oder leider nachrangig behandelt. Außerdem wird die Fachkräftegewinnung ein zentrales Ziel der gesamten Wirtschaft bleiben. DATEV beschäftigt sich weiterhin mit der Portfolioentwicklung, also dem Umstieg von On-Premises in die Cloud. Wir hoffen auf einen Effizienzschub, denn die Zusammenarbeit von Steuerberaterin und Steuerberater sowie Mandantin und Mandant steht im Mittelpunkt unseres gesamten Ökosystemgedankens.

Haben Sie den Eindruck, die deutsche Wirtschaft ist stark genug für ein weiteres Krisenjahr?

Das hängt in den kommenden Monaten von mehreren Faktoren ab: vom weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs, von der Inflation, der Reaktion der Konjunktur und der Arbeitsmarktsituation sowie der Digitalisierung. Der Bund hat mit der Strom und Gaspreisbremse eine gewisse Entlastung gebracht, aber es wird in Summe nicht leichter werden. Bei den Steuerberatern und Unternehmen ist eine gewisse Resilienz vorhanden, aber die Dynamik wird nicht abnehmen. Allerdings geht es nicht nur darum, etwas auszuhalten, sondern darum, noch besser zu werden. Deswegen ist es wichtig, Innovationen weiter voranzutreiben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Was bedeutet die gegenwärtige Krise aus Ihrer Sicht für die Energiewende?

Die Energiewende ist allgemein leider, aber verständlicherweise etwas in den Hintergrund gerückt. Hätten wir die aktuellen Probleme nicht, wären wir der Energiewende sicher schon näher. Jedoch hätten wir für die Energiewende insgesamt schon früher etwas getan, dann hätten wir die Probleme in diesem Ausmaß gar nicht. Es ist also das falsche Zeichen, das Thema zu vernachlässigen. Wir bei DATEV forcieren weiterhin Nachhaltigkeit aus unserer inneren Überzeugung heraus, um unserer gesellschaftlichen Verantwortung in vollem Maß nachzukommen.

DATEV hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu sein. Was hat sich im vergangenen Jahr getan?

Klimaneutralität steht nach wie vor im Zentrum unserer Strategie. Hierzu zählen gleichermaßen Transparenz, Verantwortung für Gesellschaft und Mitarbeiter sowie nachhaltige Produkte und Innovationen. Diese Bausteine helfen uns auf dem Weg zur Klimaneutralität. Im vergangenen Jahr wurden die sofort umsetzbaren Maßnahmen realisiert, wie etwa Umweltschutzpapier im Digital & Print Solution Center, Einsparung von Abfällen sowie Pilotinstallation von High-Density-Serverschränken zur effizienten Kühlung der Rechenzentren. Nun geht es weiter mit einem kontinuierlichen CO2-Tracking, um unsere größten Emittenten zu finden und entsprechende Maßnahmen abzuleiten. So planen wir auch ein CO2-Budget im kommenden Jahr, weil ich der Überzeugung bin, dass man Themen benennen und mit Zahlen sichtbar machen muss, um Maßnahmen wirksam umzusetzen.

MEHR DAZU

Den DATEV-Geschäftsbericht 2022 finden Sie ab dem 7. Juli 2023 unter www.datev.de/geschaeftsbericht

Zur Autorin

Astrid Schmitt

Redaktion DATEV magazin

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