Fehlerhafte Stimmzettel bei der Kommunalwahl, fehlende Verträge mit IT-Dienstleistern oder geklautes Gold in der Grundschule: Der Bund der Steuerzahler hat Fälle von Steuergeldverschwendung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene gesammelt.

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat sein 47. Schwarzbuch veröffentlicht. Auch in der aktuellen Ausgabe dokumentiert der Verein zahlreiche Fälle von Steuerverschwendung. Zudem werden „staatliche Wirtschaftsflops“, „chaotisches Controlling“ und die „teure Imagepflege“ der Politik thematisiert – insgesamt hat der BdSt 100 exemplarische Fälle auf kommunaler, Landes- sowie Bundesebene recherchiert. Hier einige Beispiele.

Panne beim Stimmzettel

In Rheinland-Pfalz tauchten im Vorfeld der Kommunalwahlen 2019 Fehler auf den Stimmzetteln auf – die Namen der Kandidaten waren teilweise falsch geschrieben. Die Landeshauptstadt Mainz sowie die Landkreise Bad Dürkheim, Bad Kreuznach und Mayen-Koblenz merzten daraufhin die Fehler aus, insgesamt mussten mehr als eine halbe Million Stimmzettel für rund 80.000 Euro neu gedruckt werden. Allein auf Mainz entfielen rund 160.000 Stimmzettel, deren Neudruck rund 41.000 Euro gekostet hat.

Teure Zertifizierung fürs Rathaus

Die Stadt Elmshorn baut ein neues Rathaus, nach aktuellem Terminplan ist der Baubeginn für 2023 vorgesehen. Ohne Grundstückskosten und Stellplätze wird derzeit mit rund 18,7 Millionen Euro netto für die 300 vorgesehenen Arbeitsplätze geplant.

Parallel sollen die Auswirkungen des Gebäudes auf Umwelt, Menschen und Wirtschaftlichkeit über die gesamte Lebensdauer optimiert werden – deshalb soll das neue Rathaus nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen eine Gold-Zertifizierung erhalten. Die Erfüllung der damit verbundenen Qualitätskriterien ist Gegenstand aller Ausschreibungen. Für die Gebühren und Auditorenleistung rechnet man mit zusätzlichen Kosten von rund 72.000 Euro brutto.

EDV-Großprojekt des Kultusministeriums wird zum finanziellen Desaster

Baden-Württemberg plant die Bereitstellung einer Bildungsplattform namens ELLA. Schüler und Lehrer sollen diese zur Kommunikation und für Kooperationen nutzen, angedacht sind eine sichere Cloud, ein Online-Office-Paket, eine eMail- und Kalenderfunktion sowie eine Videokonferenzfunktion. Das Ganze soll modular aufgebaut werden, um weitere Dienste einbinden zu können.

Das Kultusministerium beauftragte die Landesoberbehörde IT-Baden-Württemberg (BITBW) mit der Implementierung und dem Projektmanagement. Diese wiederum betraute den kommunalen Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung Baden- Franken (KIVBF, seit 1. Juli 2018 ITEOS) mit der technischen Umsetzung. ITEOS ist eine Anstalt öffentlichen Rechts in gemeinsamer Trägerschaft des Landes und der Kommunen in Baden-Württemberg. ITEOS seinerseits arbeitete bei der Realisierung mit weiteren technischen Dienstleistern zusammen. Dem Kultusministerium als Auftraggeber und Zahler des Projekts war das Ganze bis zum Jahr 2018 rund 8,7 Millionen Euro wert – für die Softwareentwicklung, Hardware und Basiseinrichtung.

Der Startschuss für ELLA sollte im Februar 2018 fallen, kurz vor dem Start mit 100 Testschulen wurde das Projekt aber gestoppt. Zur Begründung teilte das Kultusministerium laut BdSt mit, dass wegen technischer Probleme eine stabile Nutzung während der Erprobungsphase nicht garantiert werden könne. Um die Gründe für die technischen Probleme zu erfahren, schaltete das Kultusministerium für 50.000 Euro einen Gutachter ein. Dieser fand heraus, dass es für die Zusammenarbeit zwischen ITEOS und einem für die Umsetzung der Plattform zentralen Subunternehmen keine gültigen Verträge gab – oder zumindest keine Verträge, die ITEOS, wie vom Land gefordert, vorlegen konnte.

„Das Land hatte also eine Software, die nicht in vollem Umfang funktionierte, zahlreiche Mängel hatte und die zudem von einem Unternehmen mitentwickelt wurde, mit dem keine gültigen Verträge bestanden“, fasst der BdSt zusammen. Die Folge war, dass BITBW im Oktober 2018 von dem sogenannten Letter of Intent (LoI) – eine Art Vorvertrag – mit ITEOS zurücktrat.

Allerdings gingen damit die finanziellen Streitigkeiten erst richtig los. Auch ITEOS seinerseits hatte nämlich den Letter of Intent aufgekündigt und machte eine ausstehende Vergütung in Höhe von 20 Millionen Euro geltend. Die Landesregierung hält die Forderung der ITEOS für nicht berechtigt, da das Land noch vor der Kündigung von ITEOS wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei, und fordert wiederum die Rückzahlung der bereits geleisteten 6,5 Millionen. Wie die Sache ausgeht, ist ungewiss, denn mittlerweile wurde der Rechnungshof eingeschaltet, der die ganze Angelegenheit nun prüft.

Das Projekt wird laut BdSt nun europaweit ausgeschrieben.

Kostspieliges Gästehaus der Bundesregierung

Seit 2007 nutzt die Bundesregierung das rund 60 Kilometer nördlich von Berlin gelegene Schloss Meseberg als Gästehaus. Zwei Jahre zuvor hatte das Kanzleramt mit der Eigentümerin, der Münchner Messerschmitt-Stiftung, eine Nutzung für zunächst 20 Jahre vereinbart. 13 Millionen Euro investierte die Bundesregierung anfangs in das Anwesen, um die Sicherheits-, Haus- und Kommunikationstechnik den Anforderungen anzupassen.

Nach Angaben der Bundesregierung verfügt das Schloss u. a. über eine Bibliothek, ein Kaminzimmer sowie eine „gemütliche Weinstube“. Das Obergeschoss besteht demnach aus „vier geräumigen Suiten, die als Wohnraum für die jeweiligen Gäste zur Verfügung stehen“. Für die Begleitung der Staats- und Regierungsgäste stehen zwei Delegationsgebäude mit jeweils zwölf Appartements bereit.

Der Unterhalt des Schlosses ist teuer, vor allem die Bewachung durch die Bundespolizei schlägt zu Buche, in den Jahren 2015 bis 2018 mit rund 15,4 Millionen Euro, pro Jahr also durchschnittlich mit rund 3,85 Millionen. Hinzu kommen Personalkosten des Bundeskanzleramts von rechnerisch rund 513.000 Euro pro Jahr. Für den Bauunterhalt und die Bewirtschaftung sind jährlich – im Durchschnitt der vergangenen vier Jahre – rund 670.000 Euro angefallen. Damit kostet das Gästehaus der Bundesregierung auf Schloss Meseberg den Steuerzahler Jahr für Jahr rund 5 Millionen Euro.

Genutzt wird das teure Gästehaus jedoch kaum. In den vergangenen vier Jahren fanden im Schloss lediglich 36 Veranstaltungen statt – an 32 Tagen. Damit wurde das Gästehaus in dieser Zeit nur an durchschnittlich acht Tagen im Jahr für Veranstaltungen genutzt – und das nicht einmal nur für hochrangige Regierungstreffen. Regelmäßige Veranstaltungen sind die „Weihnachtsbaumübergabe an das Bundeskanzleramt“ und der „Tag des offenen Schlosses“.

Auch Übernachtungen im Schloss sind selten. In den Jahren 2015 bis 2018 übernachteten lediglich für drei Veranstaltungen insgesamt 137 Gäste. Einmal war der spanische Ministerpräsident zu Gast, die anderen Male hatte sich die Bundesregierung selbst zur Klausurtagung im Schloss eingefunden.

Vor dem Hintergrund der hohen Kosten und der geringen Nutzung hat der Bund der Steuerzahler nachgehakt, warum für Veranstaltungen der Bundesregierung nicht das Gästehaus des Auswärtigen Amtes, die näher an Berlin gelegene Villa Borsig, genutzt werde. Ein Regierungssprecher erklärte gegenüber dem BdSt, dass die Villa Borsig eine Nutzung insbesondere aus Sicherheitsaspekten „nur bedingt und unter Einsatz erheblicher personeller und materieller Maßnahmen“ zulasse.

Geklautes Gold in der Grundschule

Ein in der Fuchsberg-Grundschule in Berlin Marzahn-Hellersdorf platziertes Kunstwerk wurde nach sechs Monaten gestohlen. Bei dem Kunstwerk handelte es sich um ein aus Gold gefertigtes Vogelnest. Das goldene Nest sollte „zur Projektionsfläche von Ideen und Träumen der Schüler/ innen und Lehrer/innen“ werden, hieß es in der damaligen Pressemitteilung. Das Preisgericht würdigte den Entwurf als eine „komplexe und durchdachte Konzeptarbeit mit experimentellem Charakter“. Darüber hinaus werfe das Kunstwerk auch „viele Fragen über den Wert von Bildung auf“.

92.500 Euro wurden für das Kunstwerk, die Anfertigung der Vitrine, das Material, das Künstlerhonorar sowie eine nicht näher bezeichnete „Sicherheitstechnik“ ausgegeben. Von den Gesamtkosten entfielen 30.101 Euro auf die 814,23 g Gold mit einem Feingehalt von 999 Promille, was 24 Karat entspricht.

Missglücktes Mülltonnen-Experiment

Seit 2010 gibt es die „O-Tonne“ in der Region Hannover, 2013 fand sie schließlich auch den Weg in die Landeshauptstadt. Rund 45.000 dieser Tonnen gibt es, knapp 5.000 davon stehen in Hannover selbst. Hinein gehören sämtliche Materialien, die wiederverwertet werden können, etwa Textilien, Metalle oder Kunststoffe. Nicht eingeworfen werden dürfen hingegen Verkaufsverpackungen, die im gelben Sack (oder Tonne) gesammelt werden müssen.

Bei der Einführung der O-Tonne vertraute die Region darauf, dass der Bundesgesetzgeber in einem neuen Wertstoffgesetz die Trennung von Verpackungen und Wertstoffen aufheben und die einheitliche Sammlung in einer gemeinsamen Wertstofftonne vorschreiben würde. Um „den Zugriff des kommunalen Entsorgungsträgers auf diese Wertstoffe zu sichern“, also privaten Entsorgern den Markteintritt in die einheitliche Sammlung zu versperren, brachte die Region die O-Tonne noch vor Verabschiedung des erhofften Gesetzes an den Start – „als Platzhalter“, erklärte man dem Bund der Steuerzahler auf Nachfrage. Vorübergehende Defizite werde man dabei in Kauf nehmen.

Doch es kam anders: Der 2016 vom Bund vorgelegte Gesetzentwurf sah keine einheitliche Wertstoffsammlung vor, und die Sammelmengen fielen weit geringer aus als erwartet. Die O-Tonne fuhr Jahr für Jahr Defizite von zuletzt knapp 1,5 Mio. Euro ein. Mitte 2019 wurde beschlossen, die Tonne abzuschaffen. Unterm Strich stehen für die Haushalte der Region Kosten von 12 Millionen Euro.

Gender-Projekt hält Verwaltung auf

Seit 2015 ist die Landeshauptstadt Kiel Mitglied im Bündnis für Akzeptanz und Respekt Schleswig-Holstein, das für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgen soll. In diesem Zusammenhang hat die Ratsversammlung 50.000 Euro freigegeben, um ein Gesamtkonzept zur Einführung gendergerechter Sprache erstellen zu lassen. Neben einem Leitfaden gehören Bestandsaufnahme und Analyse, Workshops und Fortbildungen sowie eine Umsetzungsstrategie zum Konzept. Begleitet werden die Projekte von einer Arbeitsgruppe unter Federführung des Oberbürgermeister-Büros.

„Eine vielfältigere Sprache in der Öffentlichen Verwaltung mag wünschenswert sein. Leitfäden und Handreichungen für Behörden dafür gibt es bereits, so zum Beispiel von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Man müsste sie nur anwenden“, moniert der BdSt. Selbst das Land Schleswig-Holstein sehe derzeit keinen Handlungsbedarf, weil es sich an die Empfehlungen des Deutschen Rechtschreibrats zur „geschlechtergerechten Schreibung“ vom November 2018 halte.

„Ärgerlich sind nicht nur die hohen Kosten für die Agentur, sondern auch die unzähligen Stunden, die Verwaltungsmitarbeiter in Workshops und Arbeitsgruppen zubringen, ohne sich um ihre eigentlichen Aufgaben zu kümmern. Schließlich kritisieren viele Bürger der Landeshauptstadt die langen Warte- und Bearbeitungszeiten der Verwaltung“, so der Verband.

Querelen bei den Stadtwerken Münster

Im September 2018 trennten sich die Stadtwerke Münster von ihrem kaufmännischen und ihrem technischen Geschäftsführer. Als Grund für die Trennung von beiden Geschäftsführern wurden eine „Zuspitzung des Führungskonflikts“ sowie „Spannungen in der Führungsspitze“ genannt. Der kaufmännische Geschäftsführer reichte gegen seine Abberufung Klage ein und erwirkte bei einem Vergleich vor Gericht eine Abfindung in Höhe von 1,2 Millionen Euro.

Über die Details zum Aufhebungsvertrag des zweiten Geschäftsführers gibt es laut BdSt hingegen keine Informationen. Welche Gehaltsfortzahlungen, Abfindungen, Prämien und Bonuszahlungen er erhielt, erfährt man nicht.

Derzeit gibt es einen Interimsgeschäftsführer, der zwischen 20.000 und 25.000 Euro monatlich kostet. Die Suche nach einem neuen Geschäftsführerteam für die Bereiche Energie und Mobilität wurde von einem Beratungsunternehmen übernommen. Zu den Kosten schweigt die Stadt.

Millionenteure Behördenverlagerung

Der BdSt rechnet mit Steuergeldverschwendung beim bayerischen Projekt „Regionalisierung von Verwaltung – Behördenverlagerung 2015“, bei dem über 50 Behörden und staatliche Einrichtungen in ländliche Regionen verlagert werden sollen. Die Grundphilosophie dieser Heimatstrategie ist es, strukturschwache und ländlich geprägte Räume zu stärken und gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern zu schaffen. Im Zuge dessen wird auch das Staatsarchiv Würzburg nach Kitzingen verlagert – in ein neues Gebäude auf einer Teilfläche von rund 8.500 Quadratmetern, das neuesten Standards hinsichtlich Klimatisierung und Deckentraglast entsprechen sowie attraktive Bereiche für die Öffentlichkeit mit Lesesaal, Ausstellungsfläche und Vortragsraum enthalten soll.

Die Baukosten für das neue Gebäude sind nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst mit rund 50 Millionen Euro angesetzt. Hinzu kommen Kosten in Höhe von weiteren etwa 13,5 Millionen für Erschließungsmaßnahmen und Freianlagengestaltung.

Autor: Susanne Ehneß

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