Auf dem IT-Markt beschwören Unternehmen gerne die nächste bahnbrechende Entwicklung. Dahinter stecken oft eher Marketingüberlegungen als technische Fakten. Eine Umfrage ging der Frage auf den Grund, welches Veränderungspotenzial Künstliche Intelligenz (KI) mitbringt.

Anfang 2019 führte adesso gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Heute und Morgen GmbH eine Umfrage unter Unternehmensentscheidern und Kunden durch. Am Ende der Befragung lagen die Angaben von über 320 Verantwortlichen und 1.000 Kunden vor. Die Fragebögen drehten sich zunächst allgemein um Planungen, Erwartungen, Hoffnungen und Einsatzszenarien rund um KI.

Im zweiten Teil ging es darum, KI greifbarer zu machen. Also nicht abstrakt über neue Kommunikationsformen oder Serviceangebote zu reden, sondern über konkrete Anwendungsfälle. Dafür wurden den Entscheidern und den Kunden Beispiele für den Einsatz von KI-Lösungen vorgestellt: den persönlichen Assistenten im Auto, den Gesundheitscoach am Handgelenk, den automatisierten Anlageberater oder den Supermarkt ohne Kassen.

Die Experten wurden darum gebeten, die Szenarien aus dem Blickwinkel ihrer Branche zu bewerten: Haben sie ein ähnliches Thema auf dem Schirm? Hat es Marktpotenzial? Ist es interessant für Kunden? Die Kunden wurden gefragt, ob sie das Anwendungsbeispiel für interessant halten. Und ob sie sich vorstellen können, so einen Service oder so ein Produkt zu nutzen.

Für die Umfrage interessierte, was die beiden Gruppen über KI-Anwendungen denken und welche Bedeutung das Thema hat. Wo sie ähnlich ticken und wo sich Einschätzungen unterscheiden. Das Ziel war es, auf dieser Informationsbasis besser zu verstehen, was da auf die Märkte und die Menschen zukommt.

Entscheider: Hype oder nicht Hype, das war eine Frage

Wenn über drei Viertel der Menschen etwas Ähnliches sagen, passt der Begriff „satte Mehrheit“. Eine satte Mehrheit von 77 Prozent der Entscheider hält KI nicht für ein überbewertetes Hype-Thema. In die gleiche Richtung zeigen die Auswertungen aller Fragen, die sich mit der Bedeutung von KI für Unternehmen beschäftigen:

  • KI ist unverzichtbar für Produktinnovationen: Zustimmung 78 Prozent
  • KI wird in immer mehr Themengebieten den Wettbewerb entscheiden: Zustimmung 81 Prozent
  • Wer in den nächsten fünf Jahren in KI investiert, hat einen Wettbewerbsvorteil: Zustimmung 67 Prozent

Damit waren die Bedenken vom Tisch, dass Medien das Thema hypen, die Verantwortlichen es aber nicht ernst nehmen. Die Bedeutung von KI ist also unbestritten. Umso erschreckender dann diese Zahl: Im Vergleich zum Wettbewerb halten nur 29 Prozent der befragten Entscheider das eigene Unternehmen für mindestens gut aufgestellt. Im Umkehrschluss: 71 Prozent mangelt es an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten bei diesem zentralen Technologiefeld. Nicht die besten Voraussetzungen für das Erobern neuer Märkte.

Die Antworten auf die KI-Ist-Situation zeigen, dass es mit der Praxisrelevanz der Technologien noch nicht weit her ist: Jeder fünfte Befragte setzte Chatbot-Projekte um beziehungsweise steckt gerade in entsprechenden Projekten. Bei anderen Anwendungsszenarien wird es noch dünner. Die Analyse zeigt aber: Viele Unternehmen befinden sich in der Planungsphase – und die Pipeline der Planungen ist gut gefüllt. Vom individuellen Pricing über die Kampagnensteuerung mit Echtzeitdaten bis hin zu automatisierten Produktempfehlungen – alles KI-gestützt natürlich – prüfen die Verantwortlichen gerade eine ganze Reihe von Einsatzszenarien. In den nächsten Monaten wird KI verstärkt Einzug in Unternehmen halten.

Die Märkte befinden sich gerade an dem Punkt, an dem KI durchstartet. Die Verantwortlichen schaffen jetzt die Voraussetzungen dafür, um mithalten zu können. Ob es darum geht, eigene Mitarbeitende zu qualifizieren oder neue mit passendem KI-Fachwissen zu finden: Fast alle Unternehmen wappnen sich gerade für die KI-Zukunft.

Und die Kunden? Blicken mit großer Zuversicht in diese Zukunft.

Kunden: Hype oder nicht Hype, das war auch hier eine Frage

Unternehmensverantwortliche und Kunden stimmen in vielen Punkten überein. Einer davon ist die Bedeutung von KI: Nur 30 Prozent der Kunden halten KI für ein überbewertetes Hype-Thema; 81 Prozent glauben, die Technologie ist wettbewerbsentscheidend. Und sie gehen mit großer Offenheit auf das Thema zu. Angst haben nur 29 Prozent, aber dass KI ihnen persönlich Vorteile bringt, glauben 83 Prozent.

Diese Zahlen zeigen: Der Ruf von KI beim Kunden ist besser, als so mancher schwarzseherischer Beitrag vermuten lässt. Sind diese Ergebnisse einfach das Resultat einer naiven Herangehensweise an das komplexe Thema? Eher einer erfrischenden Nüchternheit. Die Befragten mögen keine Experten für KI, Maschinelles Lernen oder das Designen von Algorithmen sein. Aber sie haben ein gutes Gespür für die Möglichkeiten, die sich ihnen eröffnen. Sie blicken hinter all den KI-Zauber und sehen einfach weitere Technologien mit Vor- und Nachteilen. Und ihrer Meinung nach überwiegen die Vorteile. Was lernen Unternehmen daraus? Das Thema KI ist bei der Mehrheit der Verbraucher positiv besetzt. Dieser Optimismus, diese Offenheit sind Aspekte, die das Ausrollen von KI-Anwendungen erleichtern.

Werden KI-Anwendungen zum Selbstläufer? Stürzen sich Verbraucher voller Freude auf neue, KI-gestützte Services und Produkte? Eher nicht.

Zwischen Interesse und Bedenken hin- und hergerissen

Denn das Einschätzen der Technologie fällt zwar positiv aus. Geht es aber um die Bereitschaft, KI-Angebote auch zu nutzen, sinken die Zustimmungsquoten. Dies ergibt die Auswertung der Anwendungsfälle, die den Entscheidern und Endanwendern zur Bewertung vorlagen.

Bei den Anwendungsfällen quer durch alle Branchen zeichnen sich bestimmte Tendenzen ab. Die Verantwortlichen in Unternehmen überschätzen die Affinität ihrer Kunden für KI-Anwendungen: Während die Entscheider höchste Zustimmungswerte vermuten, sind die Kunden deutlich reservierter. Die Analyse der Umfrage macht eine Diskrepanz bie den Endkunden deutlich. Einerseits sind sie offen für das ganze Thema KI und versprechen sich persönlich eine Verbesserung ihrer Lebensumstände. Andererseits hat die Mehrheit Bedenken, entsprechende Lösungen zu nutzen.

Unternehmen müssen hier noch Überzeugungsarbeit leisten. Sie bauen dabei auf der positiven Grundstimmung im Markt auf. Aber es gilt, die Vorteile, den Umgang mit Daten und die eingesetzten Sicherheitsmaßnahmen transparent und einfach zu kommunizieren. Verbraucher wollen wissen, wie Anbieter mit Informationen umgehen. Gerade im Umfeld von KI-Anwendungen, bei denen es um eine persönliche Interaktion und sensible Themen geht, ist dies entscheidend. Nur wer bei seinen Kunden Vertrauen aufbaut, wird sich im KI-Wettbewerb durchsetzen. Künstliche Intelligenz ist somit kein Hype-Thema, sondern ein zutiefst menschliches.

Autor: Andreas von Hayn

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