Finanzielle Aspekte - 17. Dezember 2015

Was Soll man Haben?

Für Unternehmenstransaktionen brauchen die Entscheider verlässliche Daten. Aufgabe des steuerlichen Beraters ist es, die für die geplante Transaktion wichtigen Fi­nanz­in­for­ma­tionen transparent aufzubereiten.

Bei einer Financial Due Diligence (FDD) wird das externe und interne Rechnungswesen des Zielunternehmens einer detaillierten Analyse unterzogen. Die Analyse bezieht sich sowohl auf die Vergangenheit als auch auf die Planungsrechnung des Zielunternehmens unter überwiegend betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Neben der FDD gibt es noch weitere Gebiete, die den Käufer eines Unternehmens besonders interessieren: die Legal-DD legt den Schwerpunkt auf rechtliche Fragen und Risiken, die Commercial-DD ausof die Geschäftstätigkeit des Ziel­un­ter­neh­mens, relevante Märkte, Geschäftsmodell, Strategie und Marktpositionen, die Tax-DD auf die Analyse steuerlicher Risiken, aber auch die Untersuchung zu Gestaltungsoptionen der Transaktion zur steuerlichen Optimierung.
Überwiegend im Auftrag potenzieller Käufer werden FDD durchgeführt. Zur Beschleunigung einer Transaktion oder zur initiativen Veräußerung kann eine FDD auch im Auftrag eines Unternehmensverkäufers (sogenannte Vendor-DD) durchgeführt werden. Aufgabe der FDD ist es, den Entscheidungsträgern die für die geplante Transaktion wichtigen Finanzinformationen transparent aufzubereiten.
Analyseschwerpunkte, Ausrichtung und Umfang einer FDD grenzen sich von der Jah­res­ab­schluss­prü­fung klar ab. Es handelt sich nicht um eine besondere Form der Jahresabschlussprüfung. Die Untersuchungsfelder der FDD sind auf der einen Seite weiter zu fassen. Sie umfassen Analysen der Planungsrechnung, sind zukunftsorientierter und stärker auf betriebswirtschaftliche Fra­ge­stellungen ausgerichtet. Auf der anderen Seite erfüllt die Un­ter­su­chungs­tie­fe einer FDD nicht die an eine Jahresabschlussprüfung gestellten Anforderungen und hat abweichende Schwerpunkte.

Ziele

Informationsasymmetrien zwischen Verkäufer und potenziellem Käufer werden überwunden

Die generellen Ziele einer FDD sind die Überwindung von Informationsasymmetrien zwischen Verkäufer und potenziellem Käufer und die transparente Aufbereitung von Stärken, Schwächen, Chan­cen und Risiken als Grundlagen einer Ent­schei­dungs­fin­dung. Daher bezieht sich die FDD ins­be­son­de­re auf die Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der darauf aufbauenden Un­ter­neh­mens­pla­nung (Planungsrechnung). Ergänzt werden diese Un­ter­su­chungs­schwer­punkte in Abhängigkeit des vereinbarten Auftragsumfangs häufig durch eine Analyse bestehender Systeme zur Erfassung von Risiken, dem Risikomanagementsystem und der bestehenden Instrumente der Unternehmenssteuerung (wie Controlling, EDV und Planungssysteme etc.). Darüber hinaus können weitere vom Auftraggeber individuell formulierte Einzelfragen Gegenstand der Untersuchung sein, da sich der Auftragsinhalt einer FDD in Deutschland weder normiert noch sich in der Praxis ein fest umrissener Auftragsinhalt herausgebildet hat. Die FDD dient in Ver­hand­lungs­si­tu­a­tionen jedoch den Interessen beider Verhandlungsseiten, da ihre Ergebnisse zur Transparenz des Transaktionsprozesses und zur Optimierung der Trans­ak­ti­ons­kon­di­ti­o­nen, beispielsweise der Bestimmung des Kaufpreises oder der Formulierung von Vertragsklauseln, beitragen.

Informationsquellen

Die vorhandenen Informationsquellen, die für die Durchführung einer FDD herangezogen werden können, lassen sich in interne und externe Informationsquellen unterscheiden. Interne In­for­ma­ti­o­nen wie Prüfungsberichte, Managementinformationen, Planungsrechnungen, Produkt- und Produktgruppenrechnungen sowie Plan-Ist-Vergleiche werden vom Zielunternehmen be­reit­ge­stellt. Mit Ausnahme der (geprüften) Jahresabschlüsse handelt es sich dabei um In­for­ma­ti­o­nen, die von der subjektiven Sichtweise des Zielunternehmens und seines Managements geprägt sein können.

Praxis

In der Praxis hat es sich bewährt, die Informationsbedürfnisse an das Zielunternehmen in Form von Anforderungslisten zu kommunizieren und möglichst klar zu formulieren. Bei der Formulierung von Anforderungen sollte ausgehend von einer individualisierten Checkliste den konkreten Gegebenheiten der Transaktion Rechnung getragen werden, hierzu zählen beispielsweise die Unternehmensgröße oder die Branche. Durch individuelle Anpassungen werden die benötigten Auskünfte priorisiert und die Anforderungen unnötiger Informationen vermieden. Der Steuerberater des Zielunternehmens kann dann sinnvoll und zielorientiert in der Aufbereitung der entsprechenden Informationen mitwirken und einen sinnvollen Beitrag zur Transaktion leisten. Vorteile der Verwendung von Anforderungslisten für die In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung lassen sich leicht feststellen: Das DD-Team, Auftraggeber, Zielunternehmen und der steuerliche Berater definieren so ein gemeinsames Verständnis über die benötigten Daten, die Aufgabenstellung und den Zeitrahmen, in dem die Informationen für die FDD bereitgestellt werden sollen. Die Anforderungsliste eröffnet dem Zielunternehmen und seinen steuerlichen sowie be­triebs­wirt­schaftlichen Beratern die Möglichkeit zur effizienten Vorbereitung, sie strukturiert den Auftrag und die Durchführung der FDD. Gleichzeitig werden die Gefahren und Risiken, we­sent­liche Unter­su­chungs­punkte unberücksichtigt zu lassen, verringert. Soweit möglich sollten bei der Formulierung der Informationsanforderungen die für die Bereitstellung der Informationen verantwortlichen Personen festgelegt werden und insbesondere geklärt werden, welche Informationen der steuerliche Berater des Zielunternehmens bereitstellen soll.

Kritische Durchsicht

Die Steuerung eines Unternehmens erfolgt in aller Regel nicht primär auf der Basis des externen Rechnungswesens. Grundlage der Unternehmenssteuerung ist meist eine an die individuellen Bedürfnisse der ­Geschäftsleitung angepasste interne Berichterstattung. Die be­triebs­wirt­schaft­li­chen Analysen im Rahmen der FDD basieren daher ­überwiegend auf der internen Be­richt­er­stat­tung. Im Vorfeld der Untersuchung sollten daher die Funktionsweise der Ma­na­ge­ment­in­for­ma­tions- und Steuerungssysteme des potenziellen Zielunternehmens intensiv studiert und deren Zuverlässigkeit untersucht werden. Ausgangspunkt sollte grundsätzlich eine Abstimmung der internen Berichterstattung der Vergangenheit mit den (geprüften) Jahresabschlüssen sein.
Außerdem ist die Qualität der unterjährigen, monatlichen Berichterstattung zu hinterfragen. Die Analyse saisonaler Schwankungen des Umsatz- und Leistungserstellungsprozesses und deren Auswirkung auf den Cashflow des Zielunternehmens sind von zentraler Bedeutung, um die Finanzierung gewährleisten zu können. Weiterhin ist vor allem bei mittelständischen Un­ter­neh­men eine Abgrenzung zwischen der betrieblichen und der privaten Sphäre wesentlich, mit der Zielsetzung, die Auswirkungen privat motivierter Entscheidungen auf Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de und Schulden aufzudecken. So ist es bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) durchaus denkbar, dass einzelne Unternehmensaktivitäten vor allem aufgrund persönlicher Interessen des Eigentümers durchgeführt werden und vor oder nach einer Transaktion zumindest in Teilen separiert werden sollten.

Berichterstattung

Die Berichterstattung unterliegt keinen so formalen Anforderungen wie ein Prüfungsbericht und enthält üblicherweise im Kern die aufgearbeiteten und analysierten Darstellungen des Ziel­un­ter­neh­mens.
Das Ziel der Berichterstattung ist die konkrete Substantiierung der Finanzkennzahlen zur Ableitung von Handlungsalternativen auf der Basis meist normalisierter Vergangenheitszahlen (typischerweise EBIT oder EBITDA der letzten drei Jahre) und dem laufenden Geschäftsjahr. Sofern Planzahlen vorhanden sind, können auch diese in eine kritische Würdigung mit einbezogen werden.
Zur Verifizierung der Anforderungen an die Finanzierung (Working Capital und Investitionen) werden unter anderem die Bilanzen beispielsweise auf Investitionsstau und einem üblichen Working-Capital-Niveau hin untersucht. Zinstragende Verpflichtungen aus der aktuellen Finanzierung sowie liquide Mittel des Unternehmens werden identifiziert, um im Saldo eine etwaige Nettofinanzschuld im Rahmen der Transaktion berücksichtigen zu können.
Um die Aussagekraft des untersuchten Zahlenwerkes besser einschätzen zu können, wird darüber hinaus auch die Qualität des internen und externen Rechnungswesens unter anderem hinsichtlich der Zuständigkeiten (Angestellte oder Berater) analysiert. So ist im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes die umfassende Analyse der Finanzkennzahlen für den jeweiligen Zweck entsprechend möglich.

Ergebnisverwertung

Die zumeist sehr umfangreichen Ergebnisse der FDD bieten konkrete Basisdaten der Ver­gan­gen­heit. Diese können für etwaige Planszenarien oder zur Ableitung von Leitlinien der Entwicklung und Identifizierung von Trends herangezogen werden. Somit lassen sich die Ergebnisse bei­spiels­wei­se auch im Rahmen einer Unternehmensbewertung berücksichtigen. Die konkreten Ergebnisse der Analysen zum Working Capital, der Nettofinanzschuld oder auch der Ergebnisnormalisierung werden weiterhin auch in den Kaufvertrag transformiert. So münden diese häufig direkt in Vertragsklauseln (unter anderem Freistellungen, Garantien, Notar­an­der­kon­ten, aufschiebende Bedingungen) und in Kaufpreismechanismen (beispielsweise Working-Capital-Korridor, Berechnung des vorläufigen Kaufpreises, Höhe und Definition eines Earn-outs).

Anforderungen an den Berater

Die Durchführung einer FDD erfordert aufgrund der Komplexität und Vielschichtigkeit einen hohen Erfahrungshintergrund. Der Berater muss höchste betriebswirtschaftliche, rech­nungs­le­gungs- sowie branchenspezifische Kompetenzen in sich vereinen, um den gestellten An­for­de­run­gen gerecht werden zu können. Die darüber hinaus gestellten Herausforderungen an die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Beratern der Legal-, Commercial- oder Tax-DD sowie dem Management erfordert einen hohen Grad an Organisations- und Koordinationstalent. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, einen erfahrenen Transaktionsspezialisten mit diesen Aufgaben zu betrauen.

Schlussfolgerung

Die Ausgestaltung und der Detaillierungsgrad einer FDD sind immer an die Anforderungen des Einzelfalls anzupassen. Der in diesem Beitrag dargestellte verkürzte Überblick zur FDD zeigt, welche grundsätzlichen Aspekte den steuerlichen Berater im Rahmen einer Transaktion durch eine FDD erwarten können. Der steuerliche Berater muss die Vorteile einer FDD kennen, um hierdurch gezielt zum Transaktionserfolg beitragen zu können

Zu den Autoren

Christian Gerber

Diplom-Ökonom, Wirtschaftsprüfer und Chartered Financial Analyst (CFA), ist Partner der Atroni GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die mit Standorten in Düsseldorf und Duisburg auf die Begleitung von M&A-Transaktionen und Durchführung von Unternehmensbewertungen spezialisiert ist. Er betreut insbesondere mittelständische Mandanten, (Finanz-)Investoren und deren Beteiligungsunternehmen bei Unternehmensbewertungen, der Vorbereitung und Durchführung von Transaktionen (M&A) und Bilanzierungsfragen bundesweit.

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Sascha Weiß

Diplom-Kaufmann (FH), Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ist Partner der Atroni GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die mit Standorten in Düsseldorf und Duisburg auf die Begleitung von M&A-Transaktionen und Durchführung von Unternehmensbewertungen spezialisiert ist. Er betreut insbesondere mittelständische Mandantschaft, (Finanz-)Investoren und deren Beteiligungsunternehmen bei der Vorbereitung und Durchführung von Transaktionen (M&A) und insbesondere transaktionsnahen Themen bundesweit.

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