Investmentbesteuerung - 28. Juli 2016

Systemwechsel

Ein neues Gesetz soll die hohe Be­steue­rungs­kom­plexi­tät reduzieren und zudem europäische Vor­gaben um­setzen: Zu­künftig müssen in- und aus­län­dische In­vest­ment­fonds dem­nach ein­heit­lich partiell besteuert werden.

Am 24. Februar dieses Jahres hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung beschlossen, um unter anderem die Gestaltungsanfälligkeit und hohe Besteuerungskomplexität des derzeitigen Investmentsteuergesetzes (InvStG) zu reduzieren und es an EU-rechtliche Vorgaben anzupassen. Der Regierungsentwurf hält erwartungsgemäß an einem umfassenden Systemwechsel bei Investmentfonds fest, ist jedoch im Vergleich zum Referentenentwurf definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Im Einzelfall besteht jedoch nach wie vor Anpassungsbedarf. Anleger sollten in Anbetracht der umfangreichen Änderungen die Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen InvStG (InvStG-E) für Belastungsvergleiche nutzen, um dann eventuell – soweit erforderlich und möglich – Anpassungen der bestehenden Investmentstrukturen vorzunehmen. Ab dem 1. Januar 2018 erfolgt eine Zweiteilung in Investmentfonds mit grundsätzlich intransparentem Besteuerungssystem und Spezial-Investmentfonds mit grundsätzlich semitransparentem Besteuerungssystem. In- und ausländische Investmentfonds werden zukünftig einheitlich partiell besteuert. Deren Anleger unterliegen mit ihren Erträgen aus Investmentfonds ebenso der Besteuerung. Hervorzuheben ist, dass das neue Besteuerungsregime für Investmentfonds dem investmentsteuerlichen Transparenzprinzip den Rücken kehrt und eine Kehrtwende zum Trennungsprinzip vollzieht.

Besteuerung von Investmentfonds

Um die dem derzeitigen Besteuerungsregime immanente Diskriminierung ausländischer Investmentfonds zu vermeiden, werden sowohl in- als auch ausländische Investmentfonds künftig einer speziell im InvStG geregelten und die allgemeinen Grundsätze des § 49 Einkommensteuergesetz (EStG) verdrängenden beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterworfen. Der Gesetzgeber hat damit europarechtliche Bedenken nicht durch Ausdehnung einer Begünstigung der Steuerbefreiung nach § 11 InvStG auf Steuerausländer, sondern durch eine Abschaffung der Begünstigung auch für Steuerinländer ausgeräumt.

Steuerpflichtige inländische Einkünfte

Der Regierungsentwurf enthält eine abschließende Definition der auf Ebene des Investmentfonds steuerpflichtigen inländischen Einkünfte. Umfasst sind inländische Beteiligungseinnahmen, wie zum Beispiel inländische Dividenden, inländische Immobilienerträge, wie etwa Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sowie Gewinne aus der Veräußerung von inländischen Grundstücken und (bestimmte) sonstige inländische Einkünfte. Soweit die von einem Investmentfonds erzielten steuerpflichtigen inländischen Einkünfte einem Steuerabzug an der Quelle unterliegen, ist die Körperschaftsteuerpflicht durch den Steuerabzug abgegolten. Ein Ansatz von Werbungskosten ist nicht möglich (Bruttobesteuerung). Der anwendbare Steuersatz beträgt abweichend von allgemeinen Grundsätzen nur 15 Prozent inklusive Solidaritätszuschlag (SolZ). Zielsetzung dieses besonderen Steuersatzes ist es, eine Schlechterstellung inländischer Investmentfonds gegenüber ausländischen Investmentfonds zu vermeiden, da letztere oftmals nach einem DBA eine Reduzierung des Steuerabzugs auf 15 Prozent geltend machen können. Die keinem Steuerabzug unterliegenden steuerpflichtigen inländischen Einkünfte werden nach allgemeinen Grundsätzen im Rahmen der Veranlagung einer Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent zuzüglich SolZ unterworfen. Ein Werbungskostenansatz ist möglich (Nettobesteuerung).

Besteuerung der Anleger in Investmentfonds

Erträge aus Investmentfonds (Investmenterträge) gehören bei den Anlegern zu den neu geschaffenen Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Investmenterträge umfassen Ausschüttungen eines Investmentfonds, Vorabpauschalen und Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen. Wie bisher sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen subsidiär gegenüber anderen Einkunftsarten (zum Beispiel Einkünfte aus Gewerbebetrieb). Ausschüttungen sind die einem Anleger tatsächlich gezahlten oder gutgeschriebenen Beträge inklusive des in- und/oder ausländischen Steuerabzugs auf die Ausschüttung. Die Vorabpauschale stellt den jährlichen Ansatz einer steuerlichen Mindestrendite sicher. Diese Mindestrendite orientiert sich an der Rendite, die mit einer Anlage in relativ risikolose Staatsanleihen typischerweise hätte erzielt werden können, und beträgt derzeit 0,77 Prozent des Rücknahmepreises zu Beginn des Kalenderjahres. Dadurch schafft der Gesetzgeber den Spagat zwischen einer fiskalisch unerwünschten reinen Cashflow-Besteuerung und der politisch gewollten Vereinfachung durch Verzicht auf den Ansatz ausschüttungsgleicher Erträge. Für private und betriebliche Anleger kommen – je nach Anlageschwerpunkt des Investmentfonds – verschiedene Teilfreistellungssätze bezüglich der Erträge zur Anwendung. Hiermit soll unter anderem die steuerliche Vorbelastung auf Investmentfondsebene kompensiert werden.

Besteuerung von Spezialfonds und deren Anleger

Spezial-Investmentfonds und deren Anleger profitieren im Grundsatz, abgesehen von Detailänderungen, weiterhin von der derzeitigen semi-transparenten Besteuerung von Spezial-Investmentfonds. Explizite Voraussetzung eines Spezial-Investmentfonds ist künftig, dass dieser von der Gewerbesteuer befreit ist. Allerdings werden auch Spezial-Investmentfonds künftig mit ihren inländischen Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Soweit steuerbegünstigte Anleger an einem Spezial-Investmentfonds beteiligt sind, kommt aber weiterhin eine Körperschaftsteuerbefreiung in Betracht.

Wechsel in das neue Besteuerungsregime

Die Regelungen des neu gefassten Investmentsteuergesetzes (InvStG-E) sollen einheitlich ab dem 1. Januar 2018 gelten. Für bereits zuvor in den Anwendungsbereich des InvStG fallende Investmentvermögen gilt für steuerliche Zwecke ein (Rumpf-)Geschäftsjahr zum 31. Dezember 2017 als beendet. Anteile an bereits bisher in den Anwendungsbereich des InvStG fallenden Investmentvermögen sowie an Organismen, die zum 1. Januar 2018 erstmals in den Anwendungsbereich des InvStG fallen, gelten mit Ablauf des 31. Dezember 2017 als veräußert und zum 1. Januar 2018 als angeschafft. Hierdurch wird für die Anlegerebene ein klarer Schnitt zwischen den unterschiedlichen Besteuerungsregimen hergestellt. Keine Regelungen bestehen hingegen für die Folgen auf Ebene des Investmentvermögens.

Zu den Autoren

DL
Dieter Lübbehüsen

Steuerberater bei der WTS in Frankfurt/Main

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AW
Andreas Walter

Rechtsanwalt bei der WTS in Frankfurt/Main

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