Mit einer speziellen digitalen Plattform sowie einem besonderen elektronischen Postfach wird auch den steuerlichen Beratern die Kommunikation mit Gerichten, Behörden und anderen Berufsträgern auf digitalem Wege ermöglicht, wie Prof. Dr. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, erläutert.
DATEV magazin: Herr Prof. Dr. Schwab, was versprechen Sie sich von der Steuerberaterplattform beziehungsweise dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach – kurz beSt – mit Blick auf die Digitalisierung des Berufsstands?
PROF. DR. SCHWAB: Digitale Prozesse begleiten uns nicht erst seit Corona im Kanzleialltag, schon immer hat die Digitalisierung in der Steuerberaterbranche einen hohen Stellenwert. Je weiter die Digitalisierung auch in weiteren Bereichen der Verwaltung voranschreitet, umso mehr verändert sie auch unsere Arbeit und schafft darüber hinaus neue Perspektiven und Chancen. In dieser zunehmend digitalisierten Welt liegt es im Interesse unseres Berufsstands, dass die besondere Stellung als Organ der Steuerrechtspflege auch bei der Nutzung von Online- Diensten oder beim Versenden von Nachrichten rechtssicher und für alle Partner erkennbar und nachvollziehbar nachgewiesen werden kann. Dies wird durch die Verknüpfung der persönlichen digitalen Identität mit dem Berufsträgerattribut aus dem Berufsregister erreicht. Diese Identität ist gleichzeitig Basis für das beSt als auch für das Agieren im digitalen Umfeld, zum Beispiel durch Nutzung von OZG-Diensten. Die Steuerberaterplattform ist daher ein großer Schritt in Richtung Zukunft für einen noch moderneren und digitaleren Berufsstand.
Können Sie die Funktion der Steuerberaterplattform und des beSt kurz erläutern beziehungsweise beide Begriffe gegeneinander abgrenzen?
Mit der Steuerberaterplattform wollen wir erreichen, dass alle Steuerberaterinnen und Steuerberater fest und zukunftssicher in die neuen digitalen Abläufe aller Verwaltungsprozesse eingebunden sind. Die Verwaltungen planen die Kommunikation ihrer Landesportale oft nur direkt zwischen Behörde und Antragsteller beziehungsweise Empfänger. Im Unternehmensbereich wird dabei leider meist vergessen, dass Steuerberater für ihre Mandantenunternehmen Anträge stellen oder Verwaltungsakte empfangen. Sie sind also in viele Verwaltungsvorgänge als Bevollmächtigte eingebunden. Um zukünftig hier und auch in anderen digitalen Ökosystemen im Auftrag der Mandanten agieren zu können, benötigt der Berufsstand daher eine digitale Infrastruktur mit einer digitalen Identität. Die Steuerberaterplattform ermöglicht dies. Mit der Errichtung des beSt, dem besonderen elektronischen Steuerberaterpostfach, – als erstem Anwendungsfall der Plattform – schaffen wir die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für eine eindeutige, anerkannte und damit vertrauenswürdige digitale Adresse für alle Steuerberater und Kanzleien, für Nachrichten, die den versendenden Steuerberater eindeutig als Steuerberater ausweist und ihn rechtssicher erreichbar macht. Die Verwaltung der Adressen, der Infrastruktur und der Sicherheit liegt dabei in der Hoheit des Berufsstands und ist unabhängig von anderen Interessen und Einflüssen. Der Berufsstand kann somit auf Augenhöhe mit den anderen rechtsberatenden Berufen am EGVP-Nachrichtenverkehr teilnehmen.
Auf welchen gesetzlichen Grundlagen basieren die Steuerberaterplattform und das beSt?
Steuerberaterinnen und Steuerberater sind vom 1. Januar 2023 an verpflichtet, das besondere elektronische Steuerberaterpostfach, kurz: beSt, zu nutzen. So schreibt es das Steuerberatungsgesetz vor.
Wann soll das beSt verbindlich kommen und wie erfolgen Einrichtung und Betrieb der Steuerberaterplattform?
Die Inbetriebnahme des beSt ist zum 1. Januar 2023 geplant. Die Bundessteuerberaterkammer wird eine Fach-Software- Schnittstelle zur Verfügung stellen, damit Fach-Software-Hersteller das beSt in ihre Lösungen integrieren können. Dazu laufen bereits die Vorbereitungen. Für das Senden von Nachrichten aus dem beSt ist eine Authentifizierung mit dem neuen Personalausweis vorgesehen. Sollte auf dem persönlichen neuen Personalausweis die eID-Funktion noch nicht aktiviert sein, empfehle ich allen, dies frühzeitig zu veranlassen. Der Berufsträger wird dann rechtzeitig eine Aufforderung zur Registrierung bekommen, um sich dann in einem einmaligen Vorgang für sein beSt registrieren zu können. Nach Einrichtung des beSt übermittelt die Bundessteuerberaterkammer dessen Bezeichnung an die zuständige Steuerberaterkammer zur Speicherung im Berufsregister.
Warum brauchen die steuerlichen Berater das beSt, warum reicht De-Mail nicht mehr aus?
Wir benötigen das beSt, um allen Steuerberatern eine sichere, einheitliche und einfache elektronische Kommunikationsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Die besondere Stellung des Berufsträgers als Organ der Steuerrechtspflege auch bei der Nutzung von Online-Diensten oder beim Versenden von Nachrichten ist damit rechtssicher und für alle Partner erkennbar und nachvollziehbar nachgewiesen. Darüber hinaus sind Steuerberater verpflichtet, Nachrichten mit Gerichten und Behörden auf einem sicheren Übermittlungsweg auszutauschen. Da De-Mail nicht geeignet ist, die Berufsträgereigenschaft zu bestätigen, würden Steuerberaterinnen und Steuerberater gegenüber den Gerichten auf einer Ebene mit Bürgern stehen, was jedoch der Rolle als Organ der Steuerrechtspflege nicht gerecht wird. De-Mail kann zudem nicht für die sichere Kommunikation mit anderen Steuerberatern, Anwälten und Notaren genutzt werden.
Warum konnte man die steuerlichen Berater nicht an das bereits bestehende Anwaltspostfach, das beA, anschließen?
Weil es sich um ein Anwaltspostfach handelt und die Steuerberater Mitglieder der Steuerberaterkammern sind. Bei der Plattform erfolgt der Nachweis der Berufsträgereigenschaft weiterhin durch die Kammer als Selbstverwaltungsorgan und mit einer besonderen Vertrauensstellung. Dies gilt ebenso für die Verknüpfung der persönlichen Identität mit der Unternehmensidentität der Kanzlei als Berufsausübungsgesellschaft sowie mit dem Nachweis der Stellvertretungsrolle für den Mandanten gemäß der Vollmachtsdatenbank. Die Steuerberaterplattform wird mit der in der Kanzlei eingesetzten Fachsoftware über eine Schnittstelle verknüpft. Damit kann auch das beSt sehr gut in die Kanzleiabläufe integriert werden, und es wird in der Anwendung sehr komfortabel sein. Für Steuerberater, die keine Fach-Software verwenden, ist das Steuerberaterpostfach über eine Stand-alone-Lösung erreichbar. Wir haben bei der Vergabe des Auftrags für das beSt großen Wert auf die Aspekte Sicherheit gelegt. Es gibt eine durchgängige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Die übermittelten Nachrichten liegen somit zu keinem Zeitpunkt außerhalb der Verfügungsbereiche von Absender und Empfänger unverschlüsselt vor. Weder die BStBK noch deren technischer Dienstleister können Nachrichteninhalte einsehen.
Werden beA und beSt miteinander kommunizieren können?
Ja, denn beide Postfächer werden den EGVP/OSCI-Standard unterstützen.
Entstehen Pflichten, nachdem das beSt in der Kanzlei eingerichtet wurde?
Ab dem 1. Januar 2023 unterliegen Angehörige des Berufsstands der Verpflichtung, das beSt einzurichten. Es besteht berufsrechtlich eine passive Nutzungspflicht. Ergänzend dazu ist verfahrensrechtlich das beSt als sicherer Übermittlungsweg einzurichten, dies ist die sogenannte Einrichtungspflicht. Für Steuerberaterinnen, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte wird verfahrensrechtlich ab dem 1. Januar 2023 eine aktive Nutzungspflicht für Zustellungen von elektronischen Dokumenten an die Gerichte bestehen. Da die Steuerberaterinnen, Steuerberater und Steuerbevollmächtigten damit einer aktiven und passiven Nutzungspflicht hinsichtlich des beSt unterliegen und die Nutzung des beSt nur über die Steuerberaterplattform möglich ist, ist es zwingend erforderlich, dass sich Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und die Berufsausübungsgesellschaften einmalig auf der Steuerberaterplattform registrieren.
Müssen die Berater mit den Behörden zwingend über das beSt kommunizieren, sobald es eingerichtet wurde?
Ausschließlich die Zustellung von elektronischen Dokumenten an die Gerichte ist ab dem 1. Januar 2023 verpflichtend, dies besagt die aktive Nutzungspflicht. Abgesehen davon besteht keine Verpflichtung, mit den Behörden über das beSt zu kommunizieren, solange die Zustellungen und der Zugang von Mitteilungen über das beSt zur Kenntnis genommen werden, dies besagt die passive Nutzungspflicht.
Was versteht man unter aktiver und passiver Nutzungspflicht und wie steht hierzu die Einrichtungspflicht?
Wie bereits angesprochen, unterliegt der jeweilige Postfachinhaber berufsrechtlich einer passiven Nutzungspflicht. Ergänzend dazu ist er verfahrensrechtlich zu einer Einrichtungspflicht verpflichtet. Darunter versteht man, dass der Inhaber des beSt die für die Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen bereitzustellen hat. Die passive Nutzungspflicht besagt, dass sowohl die Zustellungen als auch der Zugang von Mitteilungen über das beSt zur Kenntnis genommen werden müssen. Diese beiden Pflichten bestehen ab dem 1. Januar 2023. Unter der aktiven Nutzungspflicht versteht man wiederum die Zustellung von elektronischen Dokumenten an die Gerichte, ebenfalls ab dem 1. Januar 2023.
Welche Konsequenzen drohen, wenn man sich als Steuerberater nicht registriert?
Die Bundessteuerberaterkammer richtet über die Plattform für jede Steuerberaterin, jeden Steuerberater und Steuerbevollmächtigten ein beSt ein. Der Berufsträger wird rechtzeitig eine Aufforderung zur Registrierung bekommen, um sich dann in einem einmaligen Vorgang für sein beSt registrieren zu können. Wenn keine Registrierung erfolgt, kann natürlich auch keine Post rechtswirksam zugestellt werden. Folglich könnten relevante Nachrichten oder Schreiben verpasst werden. Für eventuelle Konsequenzen wäre dann der Berufsträger selbst verantwortlich.
Muss das beSt auch dann eingerichtet werden, wenn man keine Mandanten vor Gericht vertritt?
Diese Frage höre ich oft. Leider trifft das ja aber nur auf den gegenwärtigen Zustand zu. Zukünftig greifen die Regelungen des Onlinezugangsgesetzes, und dann sind quasi all unsere Tätigkeiten darauf angewiesen, ein digitales Postfach zu haben. Das Argument „Ich mache ja gar nix mit Gerichten“ greift dann nicht mehr. Im Übrigen ist nach dem Steuerberatungsgesetz eine Registrierung und Aktivierung des beSt erforderlich, da eine Passivnutzungspflicht besteht.
Mit wem wird man über das beSt kommunizieren können?
Die Nutzung von beSt ermöglicht neben der Kommunikation mit Gerichten den sicheren und medienbruchfreien Austausch von Nachrichten mit Behörden, anderen Steuerberatern, Rechtsanwälten oder Notaren sowie der Steuerberaterkammer.