Gewinnbesteuerung bei Personen­unter­nehmen - 27. Februar 2015

Einfach wirken lassen

Einzelunternehmer und Mit­unter­nehmer von Personen­ge­sell­schaften haben die Mög­lich­keit, nicht ent­nom­mene Gewinne be­güns­tigt zu besteuern. Spätere Ent­nahmen werden nach­be­steuert. Das kann sich lohnen.

Einzelunternehmer und Mitunternehmer von Personenunternehmen können für nicht entnommene Gewinne die The­sau­rie­rungs­be­güns­ti­gung des § 34a Einkommensteuergesetz (EStG) in Anspruch nehmen und die Besteuerung mit einem proportionalen Satz von 28,25 Prozent wählen (einschließlich Solidaritätszuschlag [SolZ] beträgt die Belastung insgesamt 29,80 Prozent). Damit ist die Steuerfestsetzung allerdings noch nicht abgeschlossen. Wird der the­sau­rierte Gewinn später entnommen, kommt es in einem zweiten Schritt zur Nachversteuerung. Der entnommene Gewinn wird – vermindert um die bereits entrichtete Steuer – dann noch mit einem Satz von 25 Prozent zuzüglich SolZ besteuert.
Ziel dieses Sondertarifs ist es, die unterschiedliche Steuerbelastung thesaurierter Gewinne bei Kapitalgesellschaften und bei Personenunternehmen zu beseitigen und es den Per­so­nen­unter­nehmern zu ermöglichen, dass nicht entnommene Gewinne ähnlich niedrig besteuert werden wie die Gewinne von Kapitalgesellschaften, deren gesamte steuerliche Belastung (Körperschaftsteuer einschließlich SolZ und Gewerbesteuer) ebenfalls knapp 30 Prozent beträgt.

Mit dem Sondertarif sollen die aus­ge­schütteten Gewinne weit­gehend rechts­form­un­ab­hängig besteuert werden.

Voraussetzungen

Die Thesaurierungsbegünstigung kann nur für Gewinneinkünfte (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständige Arbeit) genutzt werden. Voraussetzung ist, dass der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird. Sie wird auf Antrag gewährt und kann für den ganzen oder anteiligen nicht entnommenen Gewinn, für jeden Betrieb, für jeden Mitunternehmeranteil und für jeden Veranlagungszeitraum gesondert in Anspruch genommen werden. Mitunternehmer können von der Thesaurierungsbegünstigung allerdings nur dann Gebrauch machen, wenn sie zu mehr als zehn Prozent am Gewinn der Mitunternehmerschaft beteiligt sind oder wenn ihr Gewinnanteil mehr als 10.000 Euro beträgt.

Begünstigter Gewinn

Von § 34a EStG begünstigt ist jener Gewinn, der nach Abzug des positiven Saldos der Entnahmen und der Einlagen verbleibt. Als Entnahmen sind nicht nur Geldentnahmen, sondern auch Sach- und Nutzungsentnahmen (beispielsweise die private Kraftfahrzeugnutzung) zu berücksichtigen. Eine Ausnahme gilt nur für Zahlungen für die Erbschaftsteuer anlässlich der Übertragung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils, die nicht als Entnahmen im Sinne des § 34a EStG zu behandeln sind. Steuerfreie Gewinne (zum Beispiel aus der Anwendung des Teil­ein­künfte­ver­fahrens) bleiben bei der Besteuerung nach § 34a EStG außer Betracht. Sie gelten jedoch vorrangig, also vor den steuerpflichtigen Gewinnteilen, als entnommen und erhöhen damit das The­sau­rie­rungs­volumen.

Beispiel:

Der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn beträgt 120.000 Euro. Darin enthalten sind Einkünfte mit 30.000 Euro, die nach dem Teileinkünfteverfahren steuerfrei sind. Die Entnahmen betrugen im Wirtschaftsjahr 80.000 Euro und die Einlagen 10.000 Euro.

Lösung:

Steuerpflichtiger Gewinn
(120.000 Euro ./. 30.000 Euro)
 90.000 Euro
Entnahmen – 80.000 Euro
Einlagen + 10.000 Euro
Vorwegentnahme des steuerfreien Gewinns + 30.000 Euro
Thesaurierungsfähiger Gewinn 50.000 Euro

Im Gegensatz dazu kann für Gewinnteile, die aufgrund außerbilanzieller Hinzurechnungen im steuerpflichtigen Gewinn enthalten sind (beispielsweise die nicht als Betriebsausgabe abzugs­fähige Gewerbesteuer), die Thesaurierungsbegünstigung nicht in Anspruch genommen werden, da diese Beträge tatsächlich verausgabt wurden und damit nicht thesauriert werden können.

Begünstigung und Nachversteuerung

Aus jenem Betrag, für den die Besteuerung nach § 34a EStG beantragt wurde (Be­günsti­gungs­betrag), errechnet sich der nach­ver­steue­rungs­pflichtige Betrag:

Begünstigungsbetrag 100,00 Prozent
./. Einkommensteuer 28,25 Prozent
./. SolZ (28,25 x 5,5 Prozent) 1,55 Prozent
Nachzuversteuern 70,20 Prozent

Der nachversteuerungspflichtige Betrag wird für jeden Betrieb und für jeden Mit­unter­nehmer­anteil eigenständig ermittelt, jedes Jahr fortgeschrieben und jeweils gesondert festgestellt.

Verwendungsreihenfolge

Wird der begünstigt besteuerte Gewinn später entnommen, kommt es zur Nachversteuerung mit 25 Prozent (zuzüglich SolZ). Dadurch ergibt sich im zweiten Schritt eine Steuerbelastung von 18,52 Prozent (70,20 Prozent x 25 Prozent + SolZ). Sie wird jedoch nur in jenem Umfang ausgelöst, soweit der Saldo aus Entnahmen und Einlagen den laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres übersteigt. Gesetzlich vorgegeben ist, in welcher Reihenfolge die einzelnen Gewinnteile entnommen werden: Zunächst werden die positiven steuerfreien Gewinnteile, dann die steuerpflichtigen Gewinnteile des laufenden Wirtschaftsjahres und anschließend die nach­ver­steue­rungs­pflich­tigen Gewinne der Vorjahre entnommen. Diese Verwendungsreihenfolge führt dazu, dass jene Gewinne, die in den Vorjahren im Unternehmen belassen und zum Regeltarif versteuert worden sind, im Unternehmen „eingeschlossen“ sind und erst dann entnommen werden können, wenn der festgestellte nachversteuerungspflichtige Betrag vollständig nach­ver­steuert worden ist.

Nachversteuerung in Sonderfällen

Der nachversteuerungspflichtige Betrag wird sofort nachversteuert, wenn der Betrieb oder der Mitunternehmeranteil veräußert, aufgegeben oder in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. In diesen Fällen kann die entstehende Steuer über einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren zinslos gestundet werden, wenn ihre sofortige Begleichung mit erheblichen Härten verbunden wäre. Zu einer Nachversteuerung kommt es auch, wenn der Gewinn des Betriebs nicht mehr durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird oder wenn sie der Steuerpflichtige beantragt.
Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut des Betriebs zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder übertragen, kann dies als Entnahme aus diesem Betrieb eine Nachversteuerung auslösen. Sie unterbleibt jedoch, wenn der durch die Übertragung entstandene Nach­ver­steue­rungs­betrag bis zur Höhe des Buchwerts des übertragenen Wirtschaftsguts auf den anderen Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen wird. Nicht zu einer Nachversteuerung kommt es, wenn der ganze Betrieb oder der ganze Mitunternehmeranteil unentgeltlich unter Fortführung der Buchwerte übertragen wird. Der Rechtsnachfolger muss vielmehr auch den nach­ver­steue­rungs­pflichtigen Betrag übernehmen. Dem Übergeber ist es jedoch unbenommen, die Nach­ver­steuerung noch in seiner Person zu beantragen. Überträgt der Steuerpflichtige dagegen unentgeltlich und unter Fortführung der Buchwerte einen Teilbetrieb oder einen Teil eines Mitunternehmeranteils oder nimmt er unentgeltlich eine natürliche Person in seinen Betrieb auf, verbleibt der nachversteuerungspflichtige Betrag beim bisherigen (Mit-)Unternehmer. Eine sofortige Nachversteuerung unterbleibt auch, wenn der Betrieb oder Mitunternehmeranteil zu Buchwerten in eine Personengesellschaft eingebracht wird. In diesem Fall geht der nach­ver­steue­rungs­pflichtige Betrag auf den neuen Mitunternehmeranteil über.

Verlustausgleich und Verlustabzug

Negative Einkünfte dürfen mit Gewinnen, die nach § 34a EStG begünstigt besteuert wurden, weder im Wege des Verlustausgleichs noch durch einen Verlustabzug (Verlustrück- und -vortrag) verrechnet werden. Um den Steuerpflichtigen bei unvorhergesehenen Verlusten dennoch einen Verlustrücktrag aus dem nachfolgenden Veranlagungszeitraum zu ermöglichen, kann der Antrag auf Tarifbegünstigung nach § 34a EStG bis zur Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheids für den nächsten Veranlagungszeitraum ganz oder teilweise zurückgenommen werden.

Vorauszahlungen

Bei der Festsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen bleibt die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG außer Ansatz. Eine Herabsetzung der Vorauszahlungen kann daher nicht mit der Begründung erreicht werden, für die Gewinneinkünfte werde eine Besteuerung nach § 34a EStG beantragt.

Fazit

Steuerpflichtige, die sich für eine Besteuerung nach § 34a EStG entscheiden, müssen nach einer Entnahme des Gewinns insgesamt mit einer Steuerbelastung von rund 48,32 Prozent rechnen: 29,80 Prozent aus dem Sondertarif und 18,52 Prozent aus der Nachversteuerung (70,20 Prozent x 25 Prozent + SolZ).
Die Thesaurierungsbegünstigung mit späterer Nachversteuerung führt also zu einer Steuerlast, die geringfügig über jener Belastung liegt, die sich bei einer Besteuerung mit dem ein­kom­men­steuer­lichen Spitzen­steuer­satz ergibt. Diese beträgt 47,44 Prozent (ESt 45 Prozent zzgl. SolZ, An­rech­nung der Gewerbesteuer auf die ESt nach § 35 EStG).
Der Sondertarif nach § 34a EStG kann daher für Steuerpflichtige mit einem hohen persönlichen Einkommensteuersatz zur Nutzung von Zins- und Liquiditätsvorteilen bis zur Nachversteuerung interessant sein. Dagegen werden Steuerpflichtige mit einem niedrigeren persönlichen Einkommensteuersatz durch die Nach­ver­steuerung gegenüber dem ein­kom­men­steuer­lichen Regeltarif erheblich höher belastet, sodass ihnen die Inanspruchnahme des § 34a EStG regelmäßig nicht empfohlen werden kann.

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Zum Autor

GH
Gerhard Haberstock

Diplom-Finanzwirt (FH), ist im Einkommensteuerreferat des Bayerischen Landesamtes für Steuern, Dienststelle München tätig.

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