Bei Verstößen gegen das Urheberrecht empfiehlt es sich, die Rechtslage durch einen spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. Berechtigte Ansprüche sollte man erfüllen, um ein kostenintensives Gerichtsverfahren zu vermeiden.
W as passiert, wenn aus Versehen fremde Urheberrechte verletzt wurden? Die Werbeagentur hat versichert, dass man die Bilder uneingeschränkt nutzen kann, und dann stellt sich heraus, dass die Agentur zur Einräumung eines so umfassenden Nutzungsrechts nicht befugt war. Ein Mitarbeiter hat ohne Wissen seines Arbeitgebers einen Zeitungsartikel nicht nur mit der Firmen-Website verlinkt, sondern diesen kopiert und auf dem Firmen-Server gespeichert. Solche Situationen kommen immer wieder vor.
Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche
Wird das Urheberrecht eines Dritten verletzt, so kann dieser zunächst die Unterlassung der künftigen Nutzung fordern (§ 97 Urheberrechtsgesetz [UrhG]). Dieser Anspruch besteht unabhängig von einem Verschulden des Verletzers. Also selbst wenn man davon ausgegangen ist, ein entsprechendes Nutzungsrecht erworben zu haben, und sich dies später als Irrtum herausstellt, ist man zur Unterlassung verpflichtet. Der Unterlassungsanspruch umfasst auch die Beseitigung einer noch fortbestehenden Verletzung. Das Bild muss von der Website gelöscht werden, die gedruckten Broschüren dürfen nicht weiter verteilt und die Anzeigenaufträge müssen gestoppt werden. Der Verletzte kann darüber hinaus nach § 98 UrhG die Vernichtung von Vervielfältigungsstücken, die noch im Besitz oder Eigentum des Verletzers stehen, beanspruchen, sofern dies nicht unverhältnismäßig ist. Gleiches gilt für einen Rückruf aus den Vertriebswegen. Auch diese Ansprüche sind von einem Verschulden des Verletzers unabhängig.
Schadensersatzansprüche
Erfolgte die Rechtsverletzung vorsätzlich oder fahrlässig, so kann der Verletzte neben der Unterlassung Schadensersatz beanspruchen. Dieser wird bei der Verletzung von Urheberrechten an Bildern und Texten in der Regel nach der sogenannten Lizenzanalogie berechnet. Dabei wird fiktiv betrachtet, welche Lizenzgebühr der Rechteinhaber und der Verletzer über die Nutzung des Werks vereinbart hätten, wenn es zwischen diesen zu einem Lizenzvertrag gekommen wäre. Als Anhaltspunkt für die Berechnung der Schadenshöhe können Lizenzsätze, die der Rechteinhaber mit Lizenznehmern in der Vergangenheit vereinbart hat, oder Lizenzempfehlungen von Verbänden, wie der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) oder dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV), dienen.
Die Rechtsprechung legt bei der Prüfung, ob fahrlässiges Handeln vorlag, einen strengen Prüfungsmaßstab an. Derjenige, der ein geschütztes Werk nutzen will, muss sich im Vorfeld Gewissheit verschaffen, dass die beabsichtigte Nutzung auch zulässig ist. Hierfür ist es erforderlich, von demjenigen, von dem man die Rechte erwirbt, einen Nachweis zu fordern, dass er zu der entsprechenden Rechteeinräumung berechtigt ist. Auch die Einholung von Rechtsrat kann gegebenenfalls notwendig sein, um die Schutzrechtslage abzuklären. Wer dies unterlässt, handelt fahrlässig. Dies bedeutet in der Praxis, dass man sich nicht auf mündliche Zusicherungen verlassen kann, man dürfe das Bild oder den Text bedenkenlos nutzen. Vielmehr sollte man die Befugnis desjenigen, der einem die Rechte einräumt, hinterfragen und sich eine schriftliche Zusicherung geben lassen, dass der Content zum beabsichtigten Zweck genutzt werden kann. Falls diese Zusicherung unzutreffend gewesen sein sollte, kann man den Betreffenden später wenigstens in Regress nehmen. Bei Bilddatenbanken ist es ratsam, die zum Zeitpunkt des Erwerbs geltenden Lizenzbedingungen zu sichern. Nur so kann im Streitfall nachgewiesen werden, welches Lizenzmodell man gewählt hat und welche Nutzungen damit erlaubt waren.
Rechtsverfolgung durch den Verletzten
Sofern die Abmahnung berechtigt ist, empfiehlt es sich, die Streitigkeit außergerichtlich beizulegen.
Da der verletzte Rechteinhaber in der Regel keine Kenntnis über den Umfang der Rechtsverletzung hat, kann er zur Berechnung seines Schadensersatzanspruchs vom Verletzer Auskunft fordern. Im Rahmen der Auskunft ist anzugeben, in welchem Zeitraum das Werk genutzt wurde, in welchen Medien die Nutzung erfolgte und in welchem Umfang. Die Auskunft umfasst damit auch die Anzahl der verteilten Druckwerke oder die Klickzahl bei einer Website.
Erhält der Rechteinhaber von einer Rechtsverletzung Kenntnis, so wird er den Verletzer in der Regel zunächst abmahnen und zur Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Anerkennung der weiteren Ansprüche auffordern. Erfolgt die berechtigte Abmahnung durch einen Rechtsanwalt, so hat der Verletzer die Kosten der Abmahnung zu erstatten. Dies regelt § 97a Abs. 2 UrhG. Der Erstattungsanspruch besteht auch dann, wenn der Verletzer ohne Verschulden eine Rechtsverletzung begangen hat. Die in der Abmahnung gesetzten Fristen sollten nicht ignoriert werden. Werden sie nicht eingehalten, droht die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche. Andererseits sollte eine Unterlassungserklärung auch nicht vorschnell abgegeben werden, sondern erst nach einer Prüfung durch einen auf das Urheberrecht spezialisierten Anwalt. Dieser prüft, ob die geforderten Ansprüche tatsächlich bestehen und die Unterlassungserklärung zutreffend formuliert wurde. Die im Falle einer Rechtsverletzung zu erstattenden Abmahnkosten können abhängig vom jeweiligen Gegenstandswert im unteren vierstelligen Bereich liegen. Die Kosten eines Gerichtsverfahrens sind deutlich höher. Es empfiehlt sich daher, bei einer berechtigten Abmahnung die Streitigkeit außergerichtlich beizulegen.
Strafbarkeit von Urheberrechtsverletzungen
Die Verletzung von Urheberrechten kann nach §§ 106 ff. UrhG auch strafbar sein. Voraussetzung ist aber, dass die Rechtsverletzung vorsätzlich erfolgte. Wird also versehentlich das Urheberrecht verletzt, zum Beispiel weil man davon ausging, eine entsprechende Lizenz zu besitzen, was sich als Irrtum herausstellte, so hat man keine Strafverfolgungsmaßnahmen zu befürchten. Wer aber bewusst Texte oder Bilder ohne Zustimmung des Berechtigten vervielfältigt oder öffentlich zugänglich macht, handelt vorsätzlich und kann bei entsprechendem Strafantrag des Berechtigten zu einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren verurteilt werden.