FG Hamburg, Mitteilung vom 01.10.2019 zum Urteil 6 K 206/18 vom 16.04.2019 (nrkr – BFH-Az.: I R 28/19)
Im Streitfall übte ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitän seine Tätigkeit auf einem auf den Bahamas registrierten Seeschiff aus. Der Arbeitgeber hatte seinen Sitz auf Zypern. Nach der im Streitjahr 2012 geltenden Fassung von Art. 14 Abs. 4 des DBA Zypern i. V. mit der entsprechenden Protokollerklärung werden Vergütungen für eine an Bord eines Seeschiffes im internationalen Verkehr ausgeübte unselbständige Arbeit nur in dem Vertragsstaat besteuert, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens, d. h. des Arbeitgebers, befindet. Die Einkünfte des Klägers waren danach entsprechend Art. 22 Abs. 2 DBA Zypern in Deutschland nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.
Allerdings sieht § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG zur Vermeidung sog. weißer Einkünfte vor, dass ungeachtet der abkommensrechtlichen Freistellung eine Besteuerung im Inland erfolgen kann, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes unbeschränkt steuerpflichtig ist. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt: Nach zypriotischem Recht ist die Heuer für die Tätigkeit auf in Zypern registrierten Schiffen steuerfrei, während die Tätigkeit auf nicht in Zypern registrierten Schiffen, im Streitfall auf den Bahamas, nur bei beschränkt steuerpflichtigen Seeleuten nicht besteuert wird.
In rechtlicher Hinsicht bestand das Problem, dass die Überprüfung der Verfassungswidrigkeit von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Vorlage des 1. Senat des BFH (vom 20. August 2014 I R 86/13) dem BVerfG vorliegt (2 BvL 21/14). Insoweit ist der angegriffene Bescheid während des Verfahrens gem. § 165 AO für vorläufig erklärt worden. Ansonsten stritten die Beteiligten um die Unionsrechtswidrigkeit der zypriotischen Regelung, die zwischen der Schiffsregistrierung in Zypern und außerhalb Zyperns differenziert, als Vorfrage für die Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der erkennende 6. Senat hat die Unionsrechtswidrigkeit der zypriotischen Regelung verneint, aber die Revision zugelassen.
Es wurde beim BFH Revision eingelegt (Az. I R 28/19).