Körperschaftsteuer - 15. Dezember 2021

Anwendungsfragen zu den Regelungen im Jahressteuergesetz 2009 zur Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art und Eigengesellschaften von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) – Verpachtungen durch die öffentliche Hand

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 - S-2706 / 19 / 10008 :001 vom 15.12.2021

Auswirkungen des BFH-Urteils vom 10. Dezember 2019, I R 58/17 (BStBl II 2021 Seite …)

Der BFH hat mit o. g. Urteil zum Fall eines Verpachtungs-BgA (§ 4 Abs. 4 KStG) entschieden, dass es zur Frage der Entgeltlichkeit allein auf das Tragen der wirtschaftlichen Last der Pachtzinsen durch den Pächter ankommt. Diese liege nicht vor, wenn der Pachtzins und ein dem Pächter gewährter Betriebskostenzuschuss in mindestens gleicher Höhe bei wirtschaftlicher Betrachtung in Abhängigkeit zueinander stehen. Auf eine rechtliche und tatsächliche Verknüpfung zwischen Pachtzins und Zuschuss kommt es nach Auffassung des BFH nicht an. Im Rahmen eines Obiter Dictums ist der BFH unter Hinweis auf seine Entscheidung vom 9. November 2016, I R 56/15, BStBl II 2017 S. 498, zudem zu der Auffassung gelangt, dass auch das defizitäre Verpachtungsgeschäft eines Verpachtungs-BgA nicht die Voraussetzungen eines Dauerverlustgeschäfts i. S. v. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 7 Satz 2 KStG erfüllen kann.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird das BMF-Schreiben vom 12. November 2009, BStBl I S. 1303 wie folgt geändert:

Nach Rdnr. 15 wird folgende Rdnr. 15a eingefügt:

„15a Es liegt keine entgeltliche Verpachtung und damit kein Verpachtungs-BgA vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Pächter, sondern der Verpächter die wirtschaftliche Last des vereinbarten Pachtzinses zu tragen hat. Das ist z. B. der Fall, wenn der Pächter einen Zuschuss mindestens in Höhe der Pacht erhält.“

Rdnr. 17 wird wie folgt gefasst:

„17 Werden dagegen nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an den Pächter überlassen, liegt kein Verpachtungs-BgA, sondern grundsätzlich eine Vermögensverwaltung vor. Erfüllt eine derartige Verpachtung aber die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung (vgl. H 15.7 Absatz 4 EStH „Allgemeines“), stellt sie eine gewerbliche Tätigkeit dar, die zu einem BgA i. S. d. § 4 Absatz 1 KStG führt. Dies gilt auch dann, wenn auf Seiten des Verpächters lediglich eine Einnahmeerzielungsabsicht vorliegt; eine Gewinnerzielungsabsicht ist insoweit nicht erforderlich (§ 4 Absatz 1 KStG). Zur Frage des Vorliegens einer Entgeltlichkeit gelten die Grundsätze der Rdnr. 15a. Hierbei sind in einer Gesamtbetrachtung neben der Pacht auch erwartbare Dividenden und Wertzuwächse zu berücksichtigen.“

Rdnr. 22 wird wie folgt gefasst:

„22 Die Sonderregelung des § 8 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 KStG erfasst den einzelnen BgA i. S. d. § 4 KStG, der ein Dauerverlustgeschäft unterhält. Dies gilt auch, wenn er Organträger ist und das Dauerverlustgeschäft von der Organgesellschaft unterhalten wird (§ 15 Satz 1 Nummer 4 Satz 2 KStG). Handelt es sich um einen BgA, der in Folge einer Zusammenfassung i. S. d. § 4 Absatz 6 KStG entstanden ist, muss dieser BgA ein Dauerverlustgeschäft unterhalten.“

Rdnr. 47 wird wie folgt gefasst:

„47 Die Begünstigung setzt voraus, dass der BgA oder die Kapitalgesellschaft die Geschäfte selbst tätigen. Überlässt der BgA oder die Kapitalgesellschaft nur Wirtschaftsgüter an Dritte, damit diese vergleichbare Geschäfte tätigen können, liegt grundsätzlich bei dem BgA oder der Kapitalgesellschaft kein begünstigtes Geschäft vor (z. B. die Überlassung einer Multifunktionshalle an verschiedene Veranstalter).

Führt die Überlassung durch die jPöR zur Fiktion des (dauerdefizitären) Verpachtungs-BgA (§ 4 Absatz 4 KStG) und übt in diesen Fällen nur der Pächter die in § 8 Absatz 7 Satz 2 KStG aufgeführten Tätigkeiten aus, ist § 8 Absatz 7 KStG auf den Verpachtungs-BgA nicht anzuwenden, da dieser das Geschäft nicht selbst tätigt. Erfolgt die Überlassung durch die jPöR hingegen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, die bei der überlassenden jPöR zu einem Besitz-BgA i. S. d. § 4 Absatz 1 KStG führt und werden in diesen Fällen die in § 8 Absatz 7 Satz 2 KStG aufgeführten Tätigkeiten ausschließlich von der Betriebsgesellschaft ausgeübt, ist § 8 Absatz 7 KStG auf den Besitz-BgA anzuwenden.“

Rdnr. 48 wird wie folgt gefasst:

„48 Beispiel 1:

Stadt B ist zu 100 % an der ÖPNV-GmbH beteiligt, die ihrerseits den (dauerdefizitären) ÖPNV im Stadtgebiet B unterhält. B überlässt die in ihrem Eigentum befindlichen Gleisanlagen entgeltlich an die ÖPNV-GmbH und erhebt aus verkehrspolitischen Gründen keine kostendeckende Pacht.

Die Überlassung erfüllt die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung und führt zu einem dauerdefizitären Besitz-BgA. Dieser umfasst die überlassenen Gleisanlagen sowie die Beteiligung an der ÖPNV-GmbH. Auf den dauerdefizitären Besitz-BgA ist § 8 Absatz 7 KStG anzuwenden.“

Die vorstehenden Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Grundsätze bis zum 31. Dezember 2022 angewandt werden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF