Öffentliches Recht - 20. Mai 2020

Vorkaufsrecht nur im Ermessen der Gemeinde

VG Mainz, Pressemitteilung vom 20.05.2020 zum Urteil 3 K 532/19.MZ vom 06.05.2020

Der Gemeinde steht bei der Geltendmachung eines Vorkaufsrechts anlässlich des Kaufs eines Grundstücks ein Ermessen zu, dessen Ausübung in der Entscheidung über das Vorkaufsrecht auch zum Ausdruck kommen muss. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.

Die Klägerin schloss über ein in einem förmlichen Sanierungsgebiet gelegenes Grundstück einen Kaufvertrag ab. Sie beabsichtigt, in dem dort befindlichen leerstehenden Einkaufsmarkt ein Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft zu eröffnen. Auf dem Grundstück sollen nach dem der Sanierungssatzung der Gemeinde zugrunde gelegten Stadtentwicklungskonzept hingegen Parkplätze zur Entlastung des Ortskerns vom ruhenden Verkehr geschaffen werden. Unter Hinweis auf dieses Ziel übte die Gemeinde gegenüber dem Grundstücksverkäufer das Vorkaufsrecht aus. Nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren erhob die Käuferin Klage und machte u.va. geltend, der Bescheid über das Vorkaufsrecht biete keine Anhaltspunkte für eine Ermessensbetätigung der beklagten Gemeinde. Es fehle an einer Abwägung der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Interessen. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt.

Im vorliegenden Fall leide die Entscheidung der Gemeinde über die Ausübung des Vorkaufsrechts an einem Ermessensausfall. Der angegriffene Bescheid lasse keinerlei Ermessenserwägungen zu den betroffenen widerstreitenden öffentlichen und privaten Belangen erkennen, verwende den Begriff „Ermessen“ auch nicht. Er wiederhole lediglich nahezu wortwörtlich das Ziel des Stadtentwicklungskonzepts zur Schaffung von Parkplätzen. Anlass, sich mit der Planung eines Einzelhandelsgeschäfts durch die Grundstückserwerberin auseinanderzusetzen, habe aber auch deshalb bestanden, weil mit dem Sanierungskonzept auch der Erhalt und die Stärkung des Einzelhandels im Ortskern verfolgt werde. Eine Abwägungsentscheidung des Gemeinderats lasse sich auch nicht den Protokollen über die Gespräche mit der Klägerin zur Vorstellung ihrer Geschäftsidee entnehmen. Eine Ermessensbetätigung sei schließlich nicht im Widerspruchsbescheid vorgenommen worden. Dieser wiederhole lediglich die Ausführungen des Bescheids und interpretiere diesen dahingehend, dass mit ihm Ermessen ausgeübt worden sei.