Zivilgerichtsbarkeit - 26. Januar 2023

Videoverhandlungen: BRAK begrüßt geplante Förderung

BRAK, Mitteilung vom 25.01.2023

Die BRAK begrüßt einen aktuellen Gesetzentwurf, der Videoverhandlungen an Zivil- und Fachgerichten fördern soll. Zugleich müsse aber eine bürgernahe Justiz in der Fläche erhalten bleiben und wichtige Prozessgrundsätze dürften nicht angetastet werden.

Mit dem Entwurf für ein Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten will das Bundesministerium der Justiz erreichen, dass Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen künftig verstärkt genutzt werden. So soll die Leistungsfähigkeit der Justiz gestärkt werden. Der Ende November 2022 vorgelegte Entwurf sieht dazu Anpassungen und Konkretisierungen der bereits seit längerem bestehenden rechtlichen Möglichkeiten vor, mündliche Verhandlungen, Güteverhandlungen und Erörterungstermine sowie die Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen und Parteien per Bild- und Tonübertragung durchzuführen.

In ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf begrüßt die BRAK das Anliegen, Videoverhandlungen zu fördern, weil aus ihrer Sicht zweifelsohne ein Digitalisierungsdefizit in Deutschland besteht. Positiv sieht sie, dass die vermehrte Nutzung von Videokonferenztechnik Verfahren beschleunigen kann, unter anderem weil sie Anreisen entbehrlich macht und damit auch Verlegungsanträge reduziert .

Die BRAK sieht jedoch auch Verbesserungs- und Ergänzungsbedarf an den im Entwurf vorgesehenen Regelungen. Videoverhandlungen und die Einführung eines Online-Verfahrens dürfen aus Sicht der BRAK nicht einen weiteren Rückzug der Justiz aus der Fläche begünstigen. Eine bürgernahe Justiz müsse vielmehr auch in ländlichen Gegenden erhalten bleiben; ein weiterer Abbau von Amts- und Landgerichten besonders im ländlichen Raum müsse verhindert werden. In Strukturprozesse müsse die Anwaltschaft eingebunden werden.

Die BRAK betont ferner, dass auch bei verstärkter Nutzung von Videokonferenztechnik grundlegende Prozessgrundsätze unangetastet bleiben müssen. Dazu zähle insbesondere der Unmittelbarkeitsgrundsatz. Beweisaufnahmen mit Zeugen-, Sachverständigen- und/oder Parteianhörungen sollten in Präsenz stattfinden, wenn nicht alle Beteiligten ihre Zustimmung zur Videovernehmung erteilen. Aus Sicht der BRAK sollten die Parteien die Entscheidungsfreiheit darüber haben, ob eine Verhandlung als Videokonferenz oder in Präsenz durchgeführt wird.

In ihrer Stellungnahme fordert die BRAK zudem u. a. eine gelungene technische und organisatorische Ausgestaltung und stellt Anforderungen an das zu verwendende Videokonferenzsystem. Zudem müsse der Datenschutz beachtet und der finanzielle Aufwand realistisch dargestellt werden.

Quelle: BRAK, Nachrichten aus Berlin Ausgabe 2/2023