Psychisch-Kranken-Gesetz - 28. Februar 2020

Unzulässigkeit der Fixierung eines Patienten bei fehlender Möglichkeit einer Klinik zur „Eins-zu-Eins-Betreuung“

AG Frankfurt, Pressemitteilung vom 28.02.2020 zum Beschluss 49 XVI 35/20 L vom 31.12.2019

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein vorläufig in einer Klinik für Psychiatrie untergebrachter Patient nicht länger fixiert bleiben dürfe, wenn nicht durch ausreichend pflegerisches und/oder therapeutisches Personal zu gewährleisten sei, dass der Betroffene innerhalb der Fixierung rechtzeitige Hilfe bekomme, bzw. er hierbei in eine gefährliche Situation geraten könne (Amtsgericht Frankfurt a. M., Beschluss vom 31.12.2019, Az. 49 XVI 35/20 L).

Im zugrunde liegenden Fall wurde der maßgebliche Patient kurz nach Beginn seines stationären Aufenthalts auf Anordnung eines bestellten Arztes fixiert und die Fortdauer der Fixierung bis zur Entscheidung des Gerichts angeordnet. Letzteres lehnte die Erforderlichkeit der weiteren Fixierung aber aus zweierlei Gründen ab:

Zum einen sei sie von vorneherein unverhältnismäßig, da nicht fachgerecht gewesen. Es genüge nicht, dass ein bloßer Sichtkontakt zum Betroffenen durch eine ansonsten verschlossene Tür gewährleistet sei. Vielmehr bedürfe es einer tatsächlichen Möglichkeit des Patienten zu einer persönlichen Ansprache. Dabei verkannte das Gericht nicht die große Belastung des Pflegepersonals durch das Erfordernis einer solch engmaschigen Überwachung. Jedoch rechtfertige weder mangelndes Personal noch herausforderndes Verhalten ein Unterlassen des ständigen Sicht- und Sprechkontaktes zum Schutze des Betroffenen.

Zum anderen sei die Fixierung auch deshalb unzulässig gewesen, weil im konkreten Fall keine ausreichend gegenwärtige Gefahr bestanden habe. Insbesondere könnten das Urinieren in das Patientenzimmer oder sexualisierende Äußerungen schon denklogisch keine Gefahr darstellen, welche durch die Fixierung abgewendet werden könnten. Diese Handlungen könnten – wie im konkreten Fall geschehen – auch in der Fixierung erfolgen. Mit der Möglichkeit, dass ein Patient bedrohlich oder tätlich werden könne, müsse eine Fachklinik grundsätzlich umgehen können, zunächst Deeskalationsmöglichkeiten ausschöpfen und nicht – wie vorliegend – gleich auf das extreme Mittel der Fixierung an mehreren Körperteilen zugreifen.