Öffentliches Recht - 20. November 2019

Tarotkartenlegen ist keine Straßenkunst

VG Freiburg, Pressemitteilung vom 19.11.2019 zum Urteil 4 K 4965/18 vom 09.10.2019 (nrkr)

Die Stadt Freiburg durfte das Tarotkartenlegen auf den Straßen der Innenstadt verbieten. Das hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit mittlerweile zugestelltem Urteil vom 9. Oktober 2019 entschieden (Az. 4 K 4965/18).

Der Kläger hatte – zunächst an einem tragbaren Stand – in der Freiburger Innenstadt regelmäßig Tarotkarten gelegt, ohne hierfür eine Erlaubnis beantragt zu haben. Er gab an, er helfe interessierten Passanten mit den Karten, ihre eigene Intuition sprechen zu lassen. Er zelebriere das Kartenlegen und lasse in seinem langen schwarzen Mantel an seinem Klapptisch mit zwei Hockern eine Schauspielatmosphäre entstehen.

Die Stadt untersagte ihm seine Wahrsagertätigkeit. Das Verwaltungsgericht hält dies für rechtmäßig. Es führt aus, das Tarotkartenlegen sei auf öffentlichen Straßen in Freiburg ohne Erlaubnis nicht zulässig.

Das Kartenlegen gehöre nicht zum – erlaubnisfreien – Gemeingebrauch der Straße, deren Hauptzweck in der Fortbewegung liege. Auch sei der Kläger nicht nach dem Merkblatt der Stadt für Musiker/innen und darstellende Künstler/innen von der Erlaubnispflicht freigestellt.

Dabei ließ das Gericht im Ergebnis offen, ob die Wahrsagertätigkeit in der konkreten Form, wie sie der Kläger anbietet, von der Kunstfreiheit nach dem Grundgesetz geschützt ist. Das Tarotkartenlegen falle jedenfalls nicht unter die im Merkblatt freigestellte Straßenkunst.

Bei Straßenkunst stehe eine besondere Wechselbeziehung zwischen dem künstlerischen Schaffen und der Öffentlichkeit im Vordergrund. Die Bedeutung von Publikum könne sich dazu aus dem Zuschauen oder einer aktiven Beteiligung ergeben. Die reine Gewinnung neuer Kunden oder die Sichtbarkeit einer Tätigkeit als solche, die der Kläger betone, sei nicht ausreichend. Das Tarotkartenlegen erstrebe die Herstellung einer Beziehung zum jeweiligen Kunden, bei der die Beobachtung oder Teilnahme der Öffentlichkeit im Grundsatz sogar störend sei.

Überdies habe die Stadt mit ihrem Merkblatt nicht jegliche Straßenkunst von einer Erlaubnispflicht freigestellt, sondern nur darstellende Kunst, die von Passanten eher beiläufig – im Vorübergehen oder kurze Zeit stehenbleibend – angeschaut werden könne. Das Kartenlegen dauere aber bis zu einer Stunde pro Person und solle vom Publikum vor allem deshalb wahrgenommen werden, um weitere Kunden zu werben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann innerhalb eines Monats einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stellen.