Zivilrecht - 23. Februar 2023

Schlussurteil im Streit um Loreley-Plateau

OLG Koblenz, Pressemitteilung vom 22.02.2023 zum Urteil 5 U 178/21 vom 17.02.2023

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat mit am 17. Februar 2023 verkündetem Schlussurteil die Pächterin der Loreley Freilichtbühne zur Zahlung ausstehender, jedoch der Höhe nach geminderter Pacht für die Jahre 2017 bis 2019 an die zuständige Gemeinde verurteilt. Demgegenüber habe die von der Gemeinde ausgesprochene fristlose Kündigung das Pachtverhältnis nicht wirksam beendet, so dass kein Anspruch auf Räumung der Freilichtbühne bestehe. Dem Urteil waren langwierige und umfangreiche Vergleichsbemühungen des Senats vorausgegangen.

Nach den Feststellungen des Senats schlossen die Parteien im Jahr 2010 einen Pachtvertrag über die Loreley Freilichtbühne mit einer 20-jährigen Laufzeit zu einer umsatzbezogenen Pacht von mindestens 60.000 Euro jährlich zzgl. Umsatzsteuer, zahlbar jeweils in zwei Jahresraten. Die zuständige Gemeinde habe sich dazu verpflichtet im Rahmen des Pachtverhältnisses Ertüchtigungsmaßnahmen zwecks Modernisierung der Freilichtbühne vorzunehmen, an denen sich auch die Pächterin finanziell beteiligen sollte. Weil es zu Unstimmigkeiten über Art, Umfang und Güte der durchgeführten Ertüchtigungsmaßnahmen gekommen sei, habe die Pächterin für die Jahre 2017 und 2018 keine Pacht und für das Jahr 2019 lediglich insgesamt 30.000 Euro gezahlt. Im Jahr 2020 habe die Gemeinde das Pachtverhältnis fristlos gekündigt und die Pächterin zur Räumung des Geländes aufgefordert.

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Pächterin zur Räumung der Pachtsache, sowie zur Zahlung der ausstehenden Pacht für die Jahre 2017 bis 2019 verurteilt.

Der Senat hat nun die Entscheidung des Landgerichts teilweise abgeändert und neugefasst. Er ist davon ausgegangen, dass von dem Pachtbetrag in Höhe von insgesamt 214.200,00 Euro nicht nur bereits geleistete Zahlungen in Abzug zu bringen sind, sondern dass sich die Pächterin für die Jahre 2017 bis 2019 auf eine Minderung der Pacht in Höhe von knapp 70.000 Euro und auf ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von weiteren knapp 54.000 Euro berufen kann. Derzeit müsse die Pächterin daher 60.678,00 Euro zzgl. Zinsen abzüglich während des Berufungsverfahrens gezahlter 15.000 Euro zahlen. Die 54.000 Euro, bezüglich derer sich die Pächterin auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen könne, müsse diese – anders als den Minderungsbetrag, der in Abzug zu bringen sei – nachzahlen, wenn die behebbaren Mängel behoben worden sind.

Der sachverständig beratene Senat, der die Freilichtbühne im Rahmen zweier Ortstermine selbst in Augenschein genommen und die Situation vor Ort über viele Stunden mit den Parteien erörtert hat, ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Pächterin im Wesentlichen drei Mängel beweisen konnte.

Zum einen stelle es sich als Mangel dar, dass die ursprünglich im Vertrag angegebene maximale Zuschauerzahl von 18.000 auf 15.000 reduziert worden sei. Dies rechtfertige unter Berücksichtigung, dass auch die höchstzulässige Besucherzahl von 15.000 Personen nicht bei allen durchgeführten Veranstaltungen erreicht worden sei, eine Reduzierung der Pacht um 8 %.

Darüber hinaus ist der Senat davon ausgegangen, dass die Bühne nach erfolgter Ertüchtigung ab der Saison 2017 durch die Größe der Öffnungen des neuen Daches zur Hauptwindrichtung hin sowie durch die im Rahmen der Umbaumaßnahmen erfolgte Rodung des Busch- und Baumbestandes, in weitaus größerem Umfang als vor der Neugestaltung Wind- und Wettereinflüssen ausgesetzt ist, so dass lediglich bei schönem, windstillen Wetter eine Nachrüstung der Bühne zum Schutz der Künstler, der Techniker und der empfindlichen Elektro-Anlagen nicht erforderlich ist. Dabei hat der Senat darauf hingewiesen, dass ein „Aufrechnen“ von Vor- und Nachteilen – die neue Bühne ist unstreitig größer, nunmehr mit einem Lkw befahrbar und ermöglicht das Anbringen von Boxen und Videowänden – in diesem Zusammenhang nicht möglich ist. Der Senat hat insoweit eine Minderung von 20 % der jährlichen Pacht für angemessen erachtet.

Zuletzt hat der Senat auch eine Minderung von 5 % für einen nicht dem bühnentechnischen Standard entsprechenden neu verlegten Kabelkanal zugesprochen.

Bei der Bewertung sei teilweise von unterschiedlichen Verhältnissen in den drei streitgegenständlichen Kalenderjahren auszugehen. Die weiteren von der Pächterin gerügten Mängel hat der Senat im Hinblick auf Minderungsansprüche nicht für durchgreifend erachtet.

Entgegen dem Landgericht ist der Senat davon ausgegangen, dass der zuständigen Gemeinde kein Anspruch auf Räumung der Freilichtbühne zusteht. Das bis zum 31. Dezember 2030 befristete Pachtverhältnis konnte nach den Ausführungen des Senats vor Ablauf der Frist, für die es eingegangen war, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Die Kündigung sei zwar formal wirksam gewesen, ein wichtiger Grund habe aber nicht vorgelegen, weil der Zahlungsrückstand angesichts der berechtigten Minderung sowie des Zurückbehaltungsrechts nicht die Grenze für eine Kündigung aus wichtigem Grund erreicht habe. Auch sei die Kündigung zu spät erfolgt.

Es sind weitere Verfahren zwischen den Parteien anhängig, so dass der Gesamtstreit durch das Urteil noch kein Ende gefunden hat. Der Senat hat deutlich gemacht, dass sich seine Entscheidung ausdrücklich nur auf die Jahre 2017 bis 2019 bezieht.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: OLG Koblenz