Zivilrecht - 5. Februar 2024

Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall auf einem Tankstellengelände

AG München, Pressemitteilung vom 05.02.2024 zum Urteil 336 C 6248/22 vom 27.11.2023 (rkr)

Autounfall – wer ist aufgefahren?

Das Amtsgericht München hatte über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall auf einem Tankstellengelände im Münchener Westen zu entscheiden.

Wie sich der Unfall im Einzelnen ereignet hatte, war zwischen den Parteien streitig. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs hatte bei der Tankstellenausfahrt abgebremst, um vorfahrtsberechtigten Verkehr passieren zu lassen. Anschließend kam es zur Kollision zwischen den Fahrzeugen. Streitig war, wer aufgefahren ist. Die Klägerin behauptete, das Beklagtenfahrzeug sei aufgefahren. Die Beklagten behaupteten hingegen, beide Fahrzeuge seien zunächst stehen geblieben. Das klägerische Fahrzeug habe anschließend plötzlich und unvermittelt zurückgesetzt und sei dem Beklagtenfahrzeug auf die Frontstoßstange aufgefahren.

Außergerichtlich wurde der Schaden bereits zu 50 % durch die Haftpflichtversicherung des Beklagtenfahrzeugs reguliert. Die Klägerin machte mit ihrer Klage weiteren Schadensersatz in Höhe von 1.863,17 Euro geltend.

Das Gericht wies die Klage ab und begründete dies wie folgt:

„Die Klagepartei hat gegen die Beklagten keinen weiteren Schadensersatzanspruch (…).

Es ist nicht aufklärbar, ob das Beklagtenfahrzeug dem klägerischen Fahrzeug aufgefahren ist oder ob das klägerische Fahrzeug rückwärts gegen das Beklagtenfahrzeug gefahren ist. (…)

Das Gericht hat den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs (…) als Zeugen einvernommen. Dieser schilderte, dass er gestanden sei und dass das Beklagtenfahrzeug hinten reingefahren sei. Aufgrund der Sicherheitssysteme des Fahrzeugs würde er es sehen und nicht jemandem rückwärts drauf fahren.

Der Beklagte zu 1) [Anm.: Fahrer des Beklagtenfahrzeugs] wurde informatorisch angehört. Er gab an, er sei gestanden und das andere Fahrzeug sei rückwärts gegen ihn gefahren. Er habe die Rückfahrkamera des klägerischen Fahrzeugs gesehen.

Der Sachverständige Dipl. Ing. B. führte in seinem Gutachten aus, in technischer Hinsicht seien beide Unfallversionen möglich. Eine aktive Rückfahrt des klägerischen Fahrzeugs sei auch hinsichtlich der hier vorliegenden Fahrzeugparameter möglich. (…)

Da der Unfallhergang in technischer Hinsicht unaufklärbar ist, steht Aussage gegen Aussage. Für keine der beiden Parteien spricht ein Anscheinsbeweis. Der Zeuge F. machte einen glaubwürdigen Eindruck, aber der Beklagte zu 1) machte ebenso einen glaubwürdigen Eindruck. Das Gericht hält beide Versionen für möglich.

Auf dieser Grundlage ist eine hälftige Teilung der Haftung vorzunehmen. (…). Auf die Gesamtschadenshöhe (…) hat die Beklagte zu 2) [Anm.: Haftpflichtversicherung des Beklagtenfahrzeugs] bereits (…) die Hälfte erstattet. Ein über die bereits erstatteten 50 % hinausgehender Anspruch besteht nicht, sodass die Klage abzuweisen ist.“

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Amtsgericht München