Verwaltungsrecht - 11. September 2023

Projektförderungen können trotz vorherigen Abschlusses von Ingenieurverträgen in besonderen Fällen rechtmäßig sein

OVG Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 08.09.2023 zu den Urteilen 4 A 3042/19 und 4 A 2549/20 vom 08.09.2023

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat am 08.09.2023 Urteile der Verwaltungsgerichte Minden und Düsseldorf geändert und entschieden, dass Zuwendungsbescheide, die den Städten Detmold und Erkrath nach der Richtlinie zur ressourceneffizienten Abwasserbeseitigung NRW erteilt worden waren, zu Unrecht zurückgenommen worden sind.

Die Rücknahmebescheide hatte die NRW.BANK darauf gestützt, dass die Städte bereits vor der Bewilligung der Förderung (rund 126.300 Euro bzw. 135.200 Euro) mit der Maßnahme begonnen hätten. Sie hätten vorzeitig Ingenieur-Honorarverträge abgeschlossen, in denen neben Planungsleistungen auch auf die Bauvorhaben bezogene Leistungen vereinbart waren. Die Verwaltungsgerichte Minden und Düsseldorf hatten die dagegen gerichteten Klagen der Städte jeweils abgewiesen. Die Berufungen dagegen hatten nun Erfolg.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Rücknahmebescheide aufgehoben. Zur Begründung hat der 4. Senat ausgeführt: Die zurückgenommenen Zuwendungsbescheide sind nicht rechtswidrig ergangen. Die Bewilligung ist nicht entgegen einer von der NRW.BANK in der Vergangenheit geübten Verwaltungspraxis und damit nicht gleichheitswidrig erfolgt. In der hier zu beurteilenden Praxis, lediglich einzelne vergleichsweise geringe Honoraranteile von Ingenieur-Honorarverträgen nach HOAI, die sich nicht mehr auf die Planung beziehen, von der weiterhin gewährten Förderung auszunehmen, liegt auch kein eindeutiger oder gar willkürlicher Verstoß gegen den Wortlaut der Förderrichtlinien, das zuwendungsrechtliche Subsidiaritätsprinzip und das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Im Gegenteil erscheint diese frühere Praxis vielmehr den Förderzwecken dienlicher, unbürokratischer und sowohl für das Land als auch für die betroffenen Kommunen wirtschaftlicher als eine vollständige Versagung der Förderung. Zwar entspricht es bei Maßnahmen, mit denen bereits vor Bewilligung von Fördermitteln begonnen wird, der Wahrscheinlichkeit, dass die zu fördernde Maßnahme auch ohne Förderung durchgeführt würde. Angesichts der im Verhältnis zu den Gesamtkosten vergleichsweise geringen baubezogenen Ingenieurkosten wäre die Durchführung der vorgesehenen Baumaßnahmen ohne Förderung in Höhe von 50 % der Gesamtkosten wirtschaftlich nicht vertretbar und ist deshalb unabhängig von den bereits erfolgten Vertragsschlüssen auch nicht ohne Weiteres zu erwarten.

Der Senat hat in beiden Fällen die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Rechtssache hat mit Blick auf die von der NRW.BANK aufgeworfene Frage grundsätzliche Bedeutung, ob und mit welchem genauen Inhalt sich aus revisiblem Gesetzesrecht ein zwingendes Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns ergeben soll, dem zudem Außenwirkung im Verhältnis zum Zuwendungsempfänger zukommt.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen