OLG Oldenburg, Pressemitteilung vom 01.02.2024
Grundsätzlich können auch mündlich abgeschlossene Verträge rechtsverbindlich sein. Das gilt aber nicht, wenn das Gesetz eine besondere Form für den jeweiligen Vertrag vorschreibt. Mit dieser Erkenntnis zeigten sich vor dem Oberlandesgericht Oldenburg kürzlich ein Bauunternehmer aus Ostfriesland und eine Bauherrin aus Westerstede konfrontiert.
Der Bauunternehmer hatte die Bauherrin vor dem Landgericht Oldenburg auf Zahlung offener Rechnungen über rund 80.000 Euro für die Errichtung einer privat genutzten Doppelhaushälfte verklagt. Die Beklagte hielt den Zahlungsansprüchen entgegen, dass die Bauarbeiten mangelhaft gewesen seien und der Bauunternehmer daher nur einen Anspruch auf den geminderten Werklohn habe. Das Landgericht hatte die Klage u. a. deshalb abgewiesen, weil der Bauunternehmer rechtliche Besonderheiten bei der Pauschalpreisabrechnung nicht eingehalten habe. Mit seiner Berufung verfolgte der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter. Vor dem Oberlandesgericht nahm das Verfahren eine überraschende Wendung.
Denn der auf das Baurecht spezialisierte 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat beide Parteien auf eine folgenschwere Gesetzesänderung aufmerksam machen müssen, die zum 01.01.2018 in Kraft trat. Seit diesem Tag bedürfen neu abgeschlossene Bauverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher der sog. Textform (§ 650i BGB). Das heißt, dass der Bauvertrag zwar keine Unterschriften tragen, der gesamte Vertrag (und damit auch der Zuschlag der Bauherrin) aber in einem Text (z. B. E-Mail, Fax o. ä.) dokumentiert sein muss. Anders als nach früherer Rechtslage ist eine nur mündliche Absprache in diesen Fällen nicht mehr ausreichend.
Die Parteien hatten ihren Bauvertrag im zweiten Halbjahr 2018 abgeschlossen, die neue Gesetzeslage jedoch nicht bedacht. Zwar hatte der Bauunternehmer der Beklagten zuvor schriftliche Angebotsunterlagen zukommen lassen, die Erteilung des Zuschlags durch die Bauherrin erfolgte jedoch nur mündlich. Mit fatalen Folgen: Der Senat wies beide Seiten darauf hin, dass der Bauvertrag wegen des Formverstoßes von vornherein nichtig war. Damit fehlte für die Berechnung des Werklohns eine vertragliche Grundlage. Aber nicht nur das: Auch die Gewährleistungsansprüche der Bauherrin setzten einen wirksamen Vertrag voraus.
So stellte sich die Frage, mit welchen Werten Bauleistungen abzurechnen und etwaige Baumängel einzupreisen sind, wenn der zugrundeliegende Vertrag und die verabredeten Abrechnungsmodalitäten nichtig sind. Der Senat hatte dazu die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung des objektiven Marktwertes der Bauarbeiten einerseits sowie der anteiligen Höhe der behaupteten Baumängel andererseits in Erwägung gezogen.
Eine abschließende Entscheidung des Oberlandesgerichts ist jedoch nicht ergangen. Die Parteien haben nach einem entsprechenden Hinweis des Senats eine gütliche Einigung erzielt.
Zum Hintergrund
Die maßgebliche Vorschrift, die zum 01.01.2018 in Kraft getreten ist, lautet wie folgt:
§ 650i BGB Verbraucherbauvertrag
(1) Verbraucherbauverträge sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.
(2) Der Verbraucherbauvertrag bedarf der Textform.
(3) […]
Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg