Verbraucherschutz - 23. April 2020

Luftfahrtunternehmen müssen Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge sowie die Gebühren für Kreditkartenzahlung angeben

EuGH, Pressemitteilung vom 23.04.2020 zum Urteil C-28/19 vom 23.04.2020

Luftfahrtunternehmen müssen ab der Veröffentlichung ihrer Preisangebote im Internet die Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge sowie die Gebühren für Kreditkartenzahlung angeben.

Ebenso müssen sie die Check-in-Gebühren angeben, wenn keine andere, kostenfreie Art des Check-ins angeboten wird.

Im Jahr 2011 warf die Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato – Antitrust (italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde) (im Folgenden: Autorità) Ryanair vor, auf ihrer Website Flugpreise veröffentlicht zu haben, in deren erstmaliger Angabe folgende Bestandteile fehlten: 1. die Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge, 2. die Gebühren für den Online-Check-In und 3. die Gebühren für die Zahlung mit einer anderen als der von Ryanair bevorzugten Kreditkarte. Die Autorità hielt diese Preisbestandteile für unvermeidbar und vorhersehbar; weshalb sie dem Verbraucher ab der erstmaligen Angabe des Preises, also noch bevor mit einem Buchungsvorgang begonnen werde, mitzuteilen seien. Daher verhängte sie Geldbußen gegen Ryanair wegen unlauterer Geschäftspraktiken.

Ryanair klagte vor den italienischen Verwaltungsgerichten auf Aufhebung der Entscheidung der Autorità. Im ersten Rechtszug wurde die Klage abgewiesen, und Ryanair legte beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) ein Rechtsmittel ein. Dieser möchte vom Gerichtshof wissen, ob die betreffenden Preisbestandteile unvermeidbar und vorhersehbar im Sinne der Verordnung über die Durchführung von Luftverkehrsdiensten1 sind und daher in der erstmaligen Veröffentlichung des Angebots ausgewiesen werden müssen.

In seinem Urteil vom 23.04.2020 verweist der Gerichtshof auf seine Rechtsprechung2, wonach ein Luftfahrtunternehmen wie Ryanair verpflichtet ist, in seinen Online-Angeboten bereits bei der erstmaligen Angabe des Preises (also im ursprünglichen Angebot) den Flugpreis sowie – gesondert – die unvermeidbaren und vorhersehbaren Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte auszuweisen. Hingegen hat es die fakultativen Zusatzkosten erst zu Beginn des Buchungsverfahrens klar und transparent mitzuteilen.

Was zunächst die Gebühren für den Online-Check-in betrifft, stellt der Gerichtshof fest, dass, wenn es mindestens eine kostenfreie Art des Check-ins gibt (wie ein Check-in vor Ort am Flughafen), diese Gebühren fakultative Zusatzkosten sind und daher im ursprünglichen Angebot nicht notwendigerweise ausgewiesen zu werden brauchen. Bietet das Luftfahrtunternehmen hingegen unter Ausschluss jeder Art kostenfreien Eincheckens (eine oder mehrere) kostenpflichtige Arten des Check-ins an, sind die Gebühren für den Online-Check-in als unvermeidbare und vorhersehbare Preisbestandteile einzustufen, die im ursprünglichen Angebot auszuweisen sind.

Was sodann die Mehrwertsteuer auf fakultative Zusatzleistungen für Inlandsflüge betrifft, stellt der Gerichtshof fest, dass es sich hierbei um fakultative Zusatzkosten handelt, im Gegensatz zur Mehrwertsteuer auf die Flugpreise für Inlandsflüge, die im ursprünglichen Angebot auszuweisen ist.

Schließlich führt der Gerichtshof aus, dass die Gebühren, die für die Zahlung mit einer anderen als der vom Luftfahrtunternehmen bevorzugten Kreditkarte erhoben werden, unvermeidbare und vorhersehbare Preisbestandteile sind, die daher im ursprünglichen Angebot ausgewiesen werden müssen. Während sie vorhersehbar sind, weil sie auf der Politik des Luftfahrtunternehmens im Hinblick auf die Zahlungsweise beruhen, erklärt sich ihre Unvermeidbarkeit damit, weil die dem Verbraucher ersichtlich überlassene Wahl (nämlich die vom Luftfahrtunternehmen bevorzugte Kreditkarte zu benutzen oder nicht) in Wirklichkeit von einer vom Luftfahrtunternehmen vorgegebenen Bedingung abhängt, wonach die Leistung nur für einen beschränkten Kreis privilegierter Verbraucher kostenlos ist, während alle anderen Verbraucher entweder auf die Unentgeltlichkeit dieser Leistung oder auf den sofortigen Abschluss der Buchung verzichten und potenziell teure Schritte unternehmen müssen, um die Bedingung zu erfüllen, wobei sie Gefahr laufen, das Angebot nicht mehr oder nicht mehr zum ursprünglich angegebenen Preis wahrnehmen zu können, wenn diese Schritte abgeschlossen sind.

Fußnoten

1 Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. 2008, L 293, S. 3).

2 Urteile vom 6. Juli 2017 in der Rechtssache C-290/16, Air Berlin (Pressemitteilung Nr. 75/17), vom 18. September 2014 in der Rechtssache C-487/12, Vueling Airlines (Pressemitteilung Nr. 127/14), und vom 19. Juli 2012 in der Rechtssache C-112/11, ebookers.com Deutschland (Pressemitteilung Nr. 105/12).