Zivilrecht - 18. März 2024

Konflikt im Straßenverkehr – Kein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch ohne Beweise

AG München, Pressemitteilung vom 18.03.2024 zum Urteil 161 C 14050/23 vom 29.02.2024

Im Streit um Schadensersatz und Schmerzensgeld wies das Amtsgericht München die Klage eines Münchners auf Zahlung von 3.158,38 Euro ab.

Der Kläger war im Oktober 2022 mit seinem Auto aus einer Hofeinfahrt gefahren und ließ dieses kurz nach der Ausfahrt quer über Fußgänger- und Radweg stehen, um die händisch zu bedienende Schranke hinter dem Fahrzeug zu schließen. Zur gleichen Zeit näherte sich der Beklagte auf dessen Fahrrad. Der Beklagte musste dem Auto des Klägers auf dem Radweg ausweichen und hielt an. Zwischen beiden Parteien kam es in der Folge zu einer Auseinandersetzung, deren genauer Verlauf gerichtlich nicht geklärt werden konnte.

Der Kläger behauptete, der Beklagte habe mit seinem Fuß gegen das Heck des Fahrzeugs des Klägers getreten und dieses hierdurch beschädigt. Überdies habe ihm der Beklagte mit der Faust gegen den Kiefer geschlagen, wodurch seine Zahnspange beschädigt worden sei. Der Kläger machte insgesamt 2.558,38 Euro Schadensersatz und mindestens 600 Euro Schmerzensgeld geltend.

Der Beklagte behauptete hingegen, der Kläger habe den Beklagten im Laufe des Wortgefechts auf dessen Rad geschubst. Es habe sich ansonsten zu jeder Zeit lediglich um eine verbale Auseinandersetzung gehandelt. Der Beklagte habe stets Abstand zum Kläger gehalten und weder gegen dessen Fahrzeug getreten noch den Kläger geschlagen. Ein gegen den Beklagten in dieser Sache eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde bereits eingestellt.

Das Gericht wies die Klage ab und begründete dies wie folgt: „Der Kläger konnte den ihm obliegenden Nachweis des behaupteten, anspruchsbegründenden Geschehensablaufs nicht führen. […] Das Gericht ist unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach seiner freien Überzeugung, § 286 Abs. 1 ZPO, nicht mit der erforderlichen Gewissheit, die „Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“ (BGH, Urteil vom 19. Juli 2019), davon überzeugt, dass der Beklagte wie vom Kläger behauptet gegen dessen Fahrzeug getreten und ihn anschließend mit der Faust gegen den Kiefer geschlagen hat.

Nachdem weitere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen, war die Klage nach vollständiger möglicher Aufklärung aufgrund der verbleibenden Zweifel des Gerichts abzuweisen. Das Gericht hat zunächst, nachdem beide Parteien einer Parteieinvernahme der Gegenseite widersprochen hatten, beide Parteien informatorisch angehört. Beide Parteien schilderten daraufhin detailreich, nachvollziehbar und flüssig den bereits schriftsätzlich vorgetragenen Geschehensablauf. Beide Schilderungen widersprechen einander und sind logisch nicht miteinander in Einklang zu bringen. Im Rahmen der informatorischen Anhörung konnte das Gericht jedoch keine Feststellungen treffen, die darauf schließen ließen, dass die Aussage der einen Partei glaubhafter war als die der anderen. Beide Parteien äußerten sich in sich schlüssig und widerspruchsfrei und erweckten überzeugend den Eindruck, von einer tatsächlich erlebten Begebenheit zu berichten.

Auf Basis der Anhörung konnte das Gericht daher nicht von einem Beweis der klägerischen Schilderung des Geschehens ausgehen. […] Insbesondere hätte es hier auch nicht der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu den Schäden am Kfz bedurft. Auch hierfür gilt, dass einem solchen Gutachten keine konkrete Aussage zum Geschehensablauf entnommen werden könnte.

In der strafrechtlichen Verhandlung […] war überdies bereits ein Kfz-Sachverständiger gehört worden. Dieser war zu dem Schluss gekommen, das Auto weise lediglich einen typischerweise beim Rückwärtsfahren entstehenden Schaden auf, der keinesfalls auf einen Tritt zurückzuführen sei.

Die Klägerseite hat sich mit dieser Feststellung im hiesigen Prozess nicht substanziiert auseinandergesetzt oder auf neue Erkenntnisse verwiesen, die eine abweichende Beurteilung nahelegen würden. Zudem wurde das betroffene Kfz in der Zwischenzeit verkauft, sodass eine erneute Begutachtung sich lediglich auf die in der Akte vorhandenen Lichtbilder stützen würde. (Auch) vor diesem Hintergrund hat das Gericht von der Einholung eines erneuten Kfz-Gutachtens abgesehen.“

Quelle: Amtsgericht München