Verwaltungsrecht - 18. Januar 2024

Klage des Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgreich

VG Schleswig, Pressemitteilung vom 17.01.2024 zum Urteil 3 A 332/20 vom 17.01.2024 (nrkr)

Die 3. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts hat am 17. Januar 2024 in einem Klageverfahren des Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen das Kraftfahrt-Bundesamt (Az. 3 A 332/20) mündlich verhandelt. Beigeladen waren die zum Volkswagen-Konzern gehörenden Automobilhersteller Volkswagen AG, Audi AG und SEAT S.A. Die Beigeladenen produzierten unter anderem Fahrzeuge, in denen Dieselmotoren des für den Volkswagen-Konzern unter Verantwortung der beigeladenen Volkswagen AG entwickelten Typs EA 189 Euro 5 verbaut sind.

Die Kammer hat entschieden, dass die im Jahr 2016 durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgten Freigaben für insgesamt 62 verschiedene ältere Fahrzeugtypen der Beigeladenen mit dem o. g. Motortyp rechtswidrig waren. Die Freigaben hätten nicht erfolgen dürfen, weil es sich bei der Verwendung eines sog. Thermofensters bei der Abgasrückführung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Daneben handele es sich auch bei der „Taxi-Schaltung“, die nach 900 Sekunden im Stand die Abgasrückführung reduziert, sowie bei der ab einer Höhe von 1.000 m reduzierten Abgasrückführung um unzulässige Abschalteinrichtungen.

Die Kammer verweist zur Begründung u. a. auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 8. November 2022 (Az. C-873/19). Der EuGH hatte entschieden, dass der Deutsche Umwelthilfe e.V. zum einen zur Anfechtung der Genehmigung befugt ist und dass zum anderen eine Abschalteinrichtung wie die Thermofenster nur ausnahmsweise zugelassen werden darf, wenn sie zur Vermeidung einer schweren Gefahr für den Motor und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig ist. Die Kammer verneinte eine derartige Gefahr. Die Rechtsprechung des EuGH betone, dass es um ein unmittelbares Risiko für den Motor gehen müsse. Die Beklagte und die Beigeladenen hätten technische Probleme anderer Bauteile ihrer Fahrzeuge dargelegt, die zunächst aber nicht direkt den Motor betreffen würden. Eine konkrete Gefahr für den sicheren Betrieb ergebe sich aus diesen Darlegungen nicht. Damit hält die Kammer an ihrer bereits im Urteil vom 20. Februar 2023 (Az. 3 A 113/18) entwickelten Rechtsprechung fest.

Das Kraftfahrt-Bundesamt ist im Falle der Rechtskraft des Urteils verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände zu ergreifen.

Die ausformulierten Urteilsgründe liegen derzeit noch nicht vor. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht sowie die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Rechtsmittel können binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig