LG München II, Pressemitteilung vom 10.10.2023 zum Beschluss 1 O 1001/23 vom 07.08.2023
Die für Arzthaftungssachen zuständige 1. Zivilkammer des Landgerichts München II hatte sich mit der Rechtsfrage zu beschäftigen, unter welchen Bedingungen Heilpraktiker die alleinige Verantwortung für eine Brustkrebsbehandlung übernehmen dürfen. Die Klägerin befand sich bereits in heilpraktischer Behandlung, als bei ihr der Verdacht auf einen bösartigen Tumor (Mama-Karzinom) aufkam. Die allein heilpraktische Behandlung des Knotens, u. a. mit der Injektion von „Horvi“-Enzymen, blieb ohne Erfolg. Nach Amputation ihrer Brust wendete sich die Klägerin gegen die heilpraktische Behandlung und machte u. a. Schmerzensgeld geltend.
Die 1. Zivilkammer wies mit Beschluss vom 7. August 2023, Aktenzeichen 1 O 1001/23, darauf hin, dass Heilpraktiker dann, wenn Patienten eine schulmedizinische Behandlung erkennbar ablehnen und sich ausschließlich heilpraktisch behandeln lassen, die gleiche Verantwortung wie ein Facharzt haben.
„Heilpraktiker schulden den Standard, welcher von sorgsamen und gewissenhaften Behandlern bei den zur Anwendung gekommenen Verfahren erwartet werden kann. Dabei darf das Fundament komplementärmedizinischer Vorstellungen zugrunde gelegt werden, wissenschaftliche Erkenntnisse und evidenzbasiert-klinische Erfahrungen dürfen dabei jedoch nicht außer Betracht bleiben. Je mehr die Umstände aus Sicht des Heilpraktikers dafürsprechen, dass der Patient die alleinige Behandlungsverantwortung in seine Hände gelegt hat, umso mehr nähert sich die von ihm geschuldete Sorgfalt derjenigen an, welche von einem Facharzt der Fachrichtung erwartet werden kann, in welches die Behandlung der vorliegenden Erkrankung fällt.“
Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz