Sozialversicherungsrecht - 16. April 2024

Kein Anspruch auf Entschädigung als Impfschadensfall

SG Cottbus, Pressemitteilung vom 11.04.2024 zum Urteil S 32 VE 10/23 vom 11.04.2024 (nrkr)

Erkrankung an Hashimoto-Thyreoiditis, Polyneuropathie, posturalem Tachykardiesyndrom und ME/CFS nach Corona-Schutzimpfung

Mit Urteil vom 11. April 2024 (Az. S 32 VE 10/23) hat die 32. Kammer des Sozialgerichts Cottbus eine Klage abgewiesen, mit der die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung für einen Impfschaden nach einer Schutzimpfung gegen COVID19 mit dem mRNA-Wirkstoff Corminaty® des Herstellers Pfizer/Biontech geltend gemacht hatte.

Die Klägerin hatte vorgetragen, nach der öffentlich empfohlenen Schutzimpfung gegen COVID-19 an einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer Small-Fibre-Polyneuropathie, einem posturalen Tachykardie-Syndrom sowie einem chronischen Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) – auch sog. Post-Vacc-Syndrom – erkrankt zu sein und die Auffassung vertreten, die Erkrankungen seien ursächlich auf die Impfung zurückzuführen. Nachdem das Landesamt für Soziales und Versorgung den daraufhin gestellten Entschädigungsantrag abgelehnt hatte, wandte sich die Klägerin an das zuständige Sozialgericht Cottbus.

Das Gericht hat die gesetzlichen Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs als nicht gegeben angesehen. Die Klägerin habe bereits das Vorhandensein und den Umfang einer dauerhaften gesundheitlichen Schädigung nicht mit der erforderlichen Gewissheit nachgewiesen.

Es fehle unabhängig davon aber auch am Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Schutzimpfung und den behaupteten Gesundheitsschäden. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen Schutzimpfung und Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens reiche für den Kausalitätsnachweis nicht aus. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft, wie er in der vom Sozialgericht erhobenen Studienlage zum Ausdruck komme, gebe für eine Kausalität zwischen Corona-Schutzimpfungen mit dem mRNA-Wirkstoff Corminaty® und einer Polyneuropathie, posturaler Tachykardie sowie einer Hashimoto-Thyreoiditis keine ausreichenden Anhaltspunkte her. Deshalb sei im Ergebnis auf das Medizinische Bulletin des Robert-Koch-Instituts 21/23 vom 25. Mai 2023 und das Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des Paul-Ehrlich-Instituts (Ausgabe 2, Juni 2023) zurückzugreifen, nach dem es für einen Zusammenhang zwischen der Impfung und den in diesem Fall geltend gemachten Gesundheitsschäden nach derzeitigem Stand ebenfalls keinen ausreichend gesicherten medizinischen Nachweis gebe. Nicht zuletzt stelle das sog. Post-Vacc-Syndrom noch keine medizinisch definierte Bezeichnung einer Erkrankung dar und unterliege keiner eindeutigen Falldefinition. Davon unberührt bleibe jedoch, dass die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt einen Überprüfungsantrag bei der zuständigen Behörde stellen könne, wenn die medizinische Forschung einen Kausalzusammenhang mit der erforderlichen Gewissheit möglich erscheinen lasse.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann im Wege der Berufung angefochten werden. Das Sozialgericht hat darüber hinaus die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zugelassen. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.

Gesetzlicher Hintergrund

Nach § 60 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung erhalten Personen wegen einer gesundheitlichen Schädigung aufgrund einer Impfung, die gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 vorgenommen wurde, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes.

Seit dem 1. Januar 2024 bestimmen § 4 Abs. 1 und § 24 Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch – Soziales Entschädigungsrecht (SGB XIV), dass Anspruch auf Entschädigung für eine gesundheitliche Schädigung besteht, wenn diese ursächlich auf Schutzimpfung zurückzuführen ist und über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgeht.

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit in Berlin und Brandenburg